Namensrecht vor Reform Wenn Herr Meier-Schulte Frau Müller-Wagner heiratet
10.05.2023, 07:06 Uhr
Wenn kein Name zum Ehenamen bestimmt wird, führen die Eheleute ihren jeweiligen Geburtsnamen auch nach der Eheschließung einfach weiter.
(Foto: imago stock&people)
Das deutsche Namensrecht ist nicht mehr zeitgemäß. Das soll sich nun ändern. Doch auch wenn die geplante Novelle von Justizminister Buschmann in die richtige Richtung geht: Mehr Mut wäre schön gewesen.
Am 11. April 2023 hat Bundesjustizminister Marco Buschmann einen Referentenentwurf zur Änderung des Ehe- und Geburtsnamensrechts vorgelegt. Das Vorhaben reiht sich in eine Reihe familienrechtlicher Vorhaben ein, die die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode verwirklichen will. Und dieses hier verdient - im Kern - erst einmal Zustimmung - auch wenn man sich gewünscht hätte, dass der Gesetzgeber das Vorhaben früher angeht.
So plant man im Justizministerium zum Beispiel, echte Doppelnamen für Ehepaare und Kinder einzuführen. Bisher waren Doppelnamen nur für einen der beiden Partner vorgesehen und konnten grundsätzlich nicht an die Kinder weitergegeben werden. Die Einführung von Doppelnamen für die ganze Familie ist seit Langem überfällig. Man mag darüber streiten, ob diese nun als ästhetisch, klangvoll oder allgemein wünschenswert empfunden werden. Aber ebenso, wie Eltern (weitgehend) frei darüber entscheiden können, welche(n) Vornamen sie ihren Kindern geben, hat die Entscheidung über die Kopplung von Namen ebenfalls nicht der Staat zu treffen, sondern jeder Einzelne.
Zudem soll das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) dahingehend geändert werden, dass Scheidungskinder leichter den Namen desjenigen Elternteils annehmen können, der nach der Scheidung seinen vor der Ehe geführten Familiennamen wieder angenommen hat - häufig den der Mutter. Dass Kinder nach der Trennung ihrer Eltern ihren Namen einfacher ändern können, ist zu begrüßen. Eine solche Namensänderung ist zwar auch nach heutigem Recht grundsätzlich möglich, sie muss jedoch ausführlich begründet werden. Diese Erschwernis soll jetzt entfallen. Überdies will der Gesetzgeber die Möglichkeit schaffen, dass Adoptierte im Rahmen einer Erwachsenenadoption ihren bisherigen Familiennamen weiterführen können.
Meier-Schulte-Müller-Wagner oder Müller-Wagner-Schulte?
Eine Übergangsvorschrift soll zudem die nachträgliche Bestimmung eines Doppelnamens als Ehenamen beziehungsweise als Geburtsname des Kindes für all jene ermöglichen, die sich vor Inkrafttreten des Gesetzes für einen Familiennamen entscheiden mussten. Ansonsten gilt auch jetzt schon: Wenn kein Name zum Ehenamen bestimmt wird, führen die Eheleute ihren jeweiligen Geburtsnamen auch nach der Eheschließung einfach weiter.
Gerade die Einführung von Doppelnamen für alle dürften viele (angehende) Eheleute begrüßen. Kritiker monieren seit Langem die restriktive Regelung, wonach ein Ehegatte zugunsten der einheitlichen Namensführung zwangsläufig seinen Geburtsnamen aufgeben muss, und die Kinder nicht die Namen beider Eltern tragen können.
Die vielfach gegen die nun geplante Neuregelung vorgebrachten Argumente, wonach auf diese Weise sperrige Dreifach-/Vierfach-/Mehrfachnamen entstehen könnten, lassen sich leicht entkräften: Der Referentenentwurf tritt dieser Sorge mit einer einfachen Beschränkung der Länge entgegen. Konkret bedeutet das: Wenn beide Partner bereits jeweils einen Doppelnamen führen, können sie ihren neuen Doppelnamen nur aus jeweils einem Einzelnamen bilden. Dadurch enthält auch der neue Doppelname nur zwei Namensbestandteile.
Ein Beispiel:
Herr Meier-Schulte heiratet Frau Müller-Wagner.
Mögliche Doppelnamen wären demnach: Meier-Müller, Meier-Wagner, Schulte-Müller, Schulte-Wagner, Müller-Meier, Müller-Schulte, Wagner-Meier und Wagner-Schulte.
Ebenfalls möglich wäre es, dass entweder Meier-Schulte oder Müller-Wagner zum Ehenamen bestimmt wird oder dass beide Partner ihre Geburts-Doppelnamen behalten.
Nicht erlaubt wären hingegen Mehrfachnamen wie Meier-Schulte-Müller-Wagner oder Müller-Wagner-Schulte.
Warum so zaghaft, liebe FDP?
Dennoch wäre es wünschenswert gewesen, dass der liberale Justizminister im Entwurf noch mehr Freiheiten im Hinblick auf die Namenswahl zugelassen hätte. Ideen dazu gab zur Genüge, zum Beispiel die Möglichkeit, jederzeit eine anlasslose Namensänderung zum Familiennamen eines Familienmitglieds zu veranlassen oder - noch weitgehender - die freie Wahl eines neuen Namens alle zehn Jahre.
Die Sorge, dass sich Menschen damit nicht mehr eindeutig identifizieren lassen, ist unbegründet: Gerade durch die Ausweitung der Steuer ID zu einer Art Bürgernummer kann diese nun in Zukunft problemlos zur Identifizierung eines Bürgers durch Behörden oder andere staatliche Stellen herangezogen werden. Man hätte also durchaus mehr Möglichkeiten für Namenswahl und -änderung schaffen können und damit mehr Freiheiten für die Wünsche des Einzelnen und die Anpassung des Namens auf die individuellen Lebensumstände.
Dr. Leonie Dietrich ist Juristin und hat zum internationalen Namensrecht promoviert. Ihre Dissertation "Das deutsche und schwedische Namensrecht im Vergleich: Überlegungen zu einer Reform des deutschen Namensrechts anhand der schwedischen Namensrechtsreform 2016" ist 2022 erschienen (ISBN 978-3-631-88794-3).
Quelle: ntv.de