"Schuss vor den Bug" Wenn die Abmahnung kommt
30.11.2009, 14:17 UhrMit einer Abmahnung zeigt der Arbeitgeber die gelbe Karte. Wenn es gut geht, bleibt es dabei. Falls nicht, kann eine "verhaltensbedingte Kündigung" der nächste Schritt sein. Streit um eine Abmahnung ist deshalb Alltag: Denn Arbeitnehmer und Arbeitgeber sind sich oft nicht einig, ob die Verwarnung berechtigt ist. Im Zweifel kann es sich lohnen, gegen die Kritik vorzugehen.
Infrage kommen Abmahnungen nur, wenn sich der Arbeitnehmer wissentlich falsch verhält. Entscheidend ist die Mahnfunktion: "Die Abmahnung ist ein Schuss vor den Bug", erklärt der Rechtsanwalt Michael Eckert. Nur bei Vorfällen, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen, sind Abmahnungen keine Pflicht - beispielsweise, wenn der Kassierer in einer Bank ein Bündel Geldscheine mitgehen lässt. "Ansonsten gilt, dass nach Paragraf 314 BGB zunächst eine Abmahnung notwendig ist, bevor gekündigt werden kann", erklärt der Arbeitsrechtler Gregor Thüsing. Wie viele Abmahnungen einer Kündigung vorausgehen müssen, hängt von der Schwere des Vorfalls ab. Manchmal reicht schon ein Vergehen.
Klartext reden
"Wie eine Abmahnung aussieht, ist im Gesetz nicht geregelt", sagt Helmut Platow von der Gewerkschaft Verdi. Die Rechtsprechung gibt aber Anhaltspunkte: "Der Arbeitgeber muss genau sagen, was ihn stört und was abgestellt werden soll." Allgemeine Kritik, etwa an der Zuverlässigkeit oder an genereller Unpünktlichkeit reicht nicht aus.
Formell muss die Abmahnung den Hinweis auf eine drohende Kündigung im Fall weiterer Pflichtenverstöße enthalten. Fehlt dieser Passus, erkennen die Gerichte das Schreiben nicht als notwendige "Vorstufe" einer späteren Entlassung an.
Generell sind auch mündliche Abmahnungen zulässig. "Das ist ein Unterschied zur Kündigung, die immer schriftlich sein muss", so Thüsing. Von schriftlichen Abmahnungen bekommt der Arbeitnehmer das Original, eine Kopie geht in die Personalakte.
Einen festen Zeitrahmen, wie schnell die Abmahnung auf dem Tischliegen muss, gibt es nicht. Gerüchte über eine Zwei-Wochen-Frist sind rechtlich nicht haltbar. Auf jeden Fall müssen Abmahnungen zeitnah erfolgen. Kommt der Brief erst Monate später, ist der Verweis wenig glaubhaft
Was tun?
Hat ein Arbeitnehmer eine Abmahnung erhalten, die nach seiner Überzeugung unberechtigt ist, kann er eine Gegendarstellung abgeben, die der Chef in die Personalakte geben muss. "Es ist auch zu empfehlen, das zu tun", sagt Helmut Platow. "Das gilt gerade dann, wenn an den Vorwürfen etwas dran ist, es aber umstritten ist, ob das eine Abmahnung rechtfertigt." Der Arbeitgeber hat kein Recht, die Gegendarstellung abzulehnen.
Wie lange die Abmahnung üblicherweise in der Akte bleibt, hängt von der Schwere des Vorwurfs ab: "Bei Zuspätkommen ist ein halbes Jahr üblich", erklärt Thüsing, "bei anderen Verstößen kann es länger sein." Grundsätzlich muss eine Abmahnung nicht der Beginn eines eskalierenden Streits sein: Wenn es bei einer bleibt, ist der Vorfall oft schon bald vergessen.
Quelle: ntv.de, ino, dpa