Ratgeber

Karambolage vor Gericht Wer auffährt, ist immer alleine schuld?

"Wenn's hinten kracht, Bargeld lacht". Juristen würden eher sagen: Der erste Anschein spricht dafür, dass der Auffahrende Schuld hat. Das Oberlandesgericht hat seine eigene Sichtweise.

Der Vordermann bremst und es knallt. Und dann nochmal. Wenn aber nicht klar ist, wer wie genau reagiert hat, muss nicht automatisch der Hinterste Schuld haben.

Der Vordermann bremst und es knallt. Und dann nochmal. Wenn aber nicht klar ist, wer wie genau reagiert hat, muss nicht automatisch der Hinterste Schuld haben.

(Foto: dpa)

Bei Karambolagen mehrerer Autos ist nicht automatisch der Hintermann alleine schuld. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm kann der Schaden hälftig geteilt werden, wenn sich der Ablauf des "Kettenauffahr-Unfalls" nicht mehr sicher aufklären lässt. Ein Zivilsenat des OLG habe damit erstmals die allgemeine Vermutung kritisch hinterfragt, ob tatsächlich der Auffahrende wegen eines ungenügenden Sicherheitsabstands immer die volle Schuld trage, sagte Gerichtssprecher Christian Nubbemeyer (Az.: 6 U 101/13 - noch nicht rechtskräftig).

Im konkreten Fall ging es um einen Auffahrunfall mit vier Autos im Mai 2011 in Gronau. Das vorletzte Auto in der Kette war das des Klägers. Er klagte gegen die Frau, die seinem Wagen ins Heck gefahren war. Der Schaden am Heck betrug 5300 Euro. Die wollte der Kläger wiederhaben. Der 6. Zivilsenat sprach ihm aber nur die Hälfte der Summe zu. Der Kläger könne sich hier "nicht auf einen Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden der auffahrenden Beklagten berufen", hieß es.

Zwar spreche bei gewöhnlichen Auffahrunfällen regelmäßig der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Auffahrende mit einem zu geringen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug gefahren sei oder zu spät reagiert habe. Dieser Beweis des ersten Anscheins sei bei Kettenauffahrunfällen wie dem vorliegenden aber nicht anzuwenden, befanden die Richter.

Das Gericht konnte nicht aufklären, was genau passiert war: War der Wagen des Klägers seinerzeit rechtzeitig zum Stehen gekommen und wurde dann erst von dem Auto der Beklagten auf den Vordermann geschoben? Oder war der Wagen des Klägers erst auf den Vordermann aufgefahren und danach selbst am Heck getroffen worden? Im zweiten Fall könnte der normale Anhalteweg unvorhersehbar verkürzt worden sein, da der Wagen des Klägers ja "ruckartig" zum Stehen gekommen sei.

Quelle: ntv.de, awi/dpa

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