Arbeitsgericht urteilt Zählt Urlaubsgeld zum Mindestlohn?
05.03.2015, 13:30 Uhr6,44 Euro pro Stunde sind gut zwei Euro zu wenig, um den Mindestlohn zu erreichen. Dafür gibt es aber noch Schichtzulagen, Urlaubsgeld und andere Extras. Können die einfach gestrichen werden, damit der Arbeitgeber den Mindestlohn zahlen kann?
Urlaubsgeld und jährliche Sonderzahlungen dürfen nach einem Urteil des Berliner Arbeitsgerichts nicht auf den gesetzlichen Mindestlohn angerechnet werden. Ein Arbeitgeber darf also nicht kündigen, um den Mitarbeiter anschließend zu einem höheren Gehalt, aber ohne Sonderzahlungen weiter zu beschäftigen (Az. 54 Ca 14420/14).
Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin. Sie war bislang mit einer Grundvergütung von 6,44 Euro pro Stunde beschäftigt. Zusätzlich erhielt sie eine Leistungszulage und Schichtzuschläge. Außerdem gab es ein zusätzliches Urlaubsgeld sowie eine nach Betriebszugehörigkeit gestaffelte jährliche Sonderzahlung. Wegen der Einführung des Mindestlohns kündigte die Arbeitgeberin der Frau. Gleichzeitig bot sie an, das Arbeitsverhältnis mit einem Stundenlohn von 8,50 Euro fortzusetzen. Auf ihre Zulagen hätte die Mitarbeiterin dann aber verzichten müssen.
Dieses Vorgehen hielt das Gericht nicht für rechtens. Der gesetzliche Mindestlohn sei das unmittelbare Entgelt für die Arbeitsleistung. Andere Zahlungen wie etwa das Urlaubsgeld oder die Jahressonderzahlung hätten diesen Zweck nicht. Deshalb könnten diese Leistungen auch nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden, heißt es in dem Urteil. Eine Änderungskündigung komme deshalb nicht in Frage. Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, die Arbeitgeberin kann in Berufung gehen.
Bereits 2013 hatte der Europäische Gerichtshof in einem Verfahren um brancheninterne Mindestlöhne klargestellt, dass bestimmte Lohnbestandteile berücksichtigt werden können. Das gilt beispielsweise für ein 13. Gehalt, Provisionen oder Akkordlöhne. Überstundenzuschläge Urlaubs- oder Weihnachtsgeld bleiben demnach aber bei der Mindestlohnberechnung außen vor (Az.: C-522/12).
Quelle: ntv.de, ino