Jetzt einsteigen oder nicht Zukunft der Bauzinsen
18.11.2008, 07:28 UhrDie Kosten für Häuslebauer summieren sich schnell, wenn es um die eigene Immobilienfinanzierung geht. In Deutschland sind die Zinsen für Baukredite gefallen. Dennoch stellt sich die Frage, ob jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um die lang ersehnte Wohnung zu kaufen oder eine Anschlussfinanzierung unter Dach und Fach zu bringen.
"Jetzt vom Mieter zum Eigentümer werden", rät Interhyp-Vorstandsmitglied Robert Haselsteiner. Der unabhängige Baufinanzierungs-Vermittler betrachtet die Zinsentwicklung aus historischer Sicht und rät deshalb zum Eigentumserwerb. Er sagt, die positive Seite der Finanzkrise sei, dass sich alle Zinsen für Baukredite unter fünf Prozent bewegen.
Entscheidet sich eine Familie ein Haus zu kaufen, "ist der Zeitpunkt immer der Richtige", so auch Max Herbst von der FMH-Finanzberatung. Die Überlegung, lieber ein Jahr weiter Miete zu zahlen, weil nächstes Jahr vielleicht die Zinsen niedriger sind, sei sicher nicht die Lösung. Die Leute seien durch die Rezessionsängste und die Finanzmarktkrise verunsichert: "Die Arbeitsplätze der Leiharbeiter sind in Gefahr, die Autobranche befindet sich in einer Krise und der Arbeiter stellt sich die Frage, wie es mit seiner Firma in Zukunft weitergeht."
Feilschen erlaubt
Der Hauskauf sollte nicht vom Zinssatz abhängig gemacht werden. Das wichtigste Kriterium für eine Entscheidung sei die persönliche Situation. "Das eigentliche Leben darf durch eine Immobilienfinanzierung nicht in den Hintergrund rücken", sagt Herbst.
Die Lage des Hauses oder der Eigentumswohnung mit einzubeziehen, wird immer wichtiger. Dazu zählen die Verkehrsanbindung, die Einkaufsmöglichkeiten, Parks zum Spazierengehen sowie Kindergärten und Schulen, die in der Nähe sind. Wichtig ist zudem die Wirtschaftskraft in der Gegend. Wo es viele Arbeitsplätze gibt, sind meist auch Wohnungen gefragt.
Weiteres Kriterium ist der Preis einer Immobilie. Die Makler würden diesen bereits Monate im Voraus festlegen, so Herbst. Somit sei er nicht der momentanen Marktsituation angepasst. "Der Preis darf ruhig nach unten gedrückt werden. Die Marksituation lässt Nachlässe von mindestens fünf bis zehn Prozent zu", so Herbst weiter.
Jetzt zur Bank?
Für bereits bestehende Baukredite gibt es Angebote für Anschlussfinanzierungen. Die so genannten Forwarddarlehen "reservieren" dem Kreditnehmer einen Zinssatz für die Zukunft.
"Entscheidet sich ein Kunde dafür, zeigt sich wieder die Angst vor der Zukunft", sagt Herbst. Er rechnet damit, dass die Zinsen im Frühjahr um mindestens ein halbes Prozent weiter nach unten sinken. "Warum nicht auf fallende Zinsen spekulieren, wenn alle Welt von einem Zinssturz redet?" fügt Herbst an.
Je nachdem, wie lange das Forwarddarlehen im Voraus vereinbart wird, fällt ein eine Art "Gebühr" an. Diese wird auf den Zinssatz aufgeschlagen. "Selbst wenn das Forwarddarlehen nichts kostet, ist es zu teuer. Ich rate, ein variables Darlehen abzuschließen. Das kostet für sechs Monate zwar mehr, aber dafür besteht danach die Möglichkeit, die nächsten 15 Jahre einen günstigeren Zinssatz zu vereinbaren", rät Herbst.
Ein halbes Prozent kann bei einer Laufzeit von 15 Jahren sehr viel Geld ausmachen. Bei einem Darlehensbetrag von beispielsweise 100.000 Euro und einer monatlichen Rate von 625 Euro, macht sich dies in der Restschuld bemerkbar: Sie ist um 9.227,47 Euro geringer. Der Vergleich ist mit einem angenommenen Zinssatz von fünf und fünfeinhalb Prozent gerechnet.
Haselsteiner sieht das anders: "Läuft ein Darlehen in ein paar Jahren aus, rate ich, die Verlängerung der Zinsfestschreibung vorzuziehen und dadurch die Anschlussfinanzierung zu sichern. Zu starke Spekulationen sind riskant. Dass die Immobilie die attraktivste Alternative sei, zeige sich den Hausbesitzern vor allem in Krisenzeiten.
Zocken auf die Zukunft
Letztlich muss der Eigenheimbesitzer sich für den richtigen Zeitpunkt selbst entscheiden. Genau wie ein Aktienkäufer, muss er den Zinssatz und die Lage an den Finanzmärkten ständig beobachten.
Egal ob Kauf, Bau oder Anschlussfinanzierung: Wenn alle Zeichen dafür sprechen sich festzulegen, gibt es verschiedene Möglichkeiten.
In Deutschland besteht die Option, einen Zinssatz bis zu 35 Jahre mit der Bank zu vereinbaren. Der Kunde profitiert dabei vom Sonderkündigungsrecht nach zehnjähriger Laufzeit. Er kann dann, mit einer Frist von sechs Monaten, seinen Kredit kündigen - unabhängig von der insgesamt vereinbarten Laufzeit. Die Bank hingegen kann den Kredit nicht kündigen. Regelmäßige Zahlungseingänge sind hierfür natürlich Voraussetzung.
Quelle: ntv.de