6 Dinge, gelernt am 28. Spieltag BVB zofft sich, Bayern hinkt, HSV ungehörig
13.04.2015, 14:32 Uhr
Et läuft: Robert Lewandowski, FC Bayern München.
(Foto: imago/ActionPictures)
Der FC Bayern konzentriert sich nach dem als Bundesligaspiel getarnten Training gegen Frankfurt auf die Königklasse, in Dortmund brüllen sie sich an, beim HSV naht das Ende - und in Gladbach wissen sie längst, dass sie besser sind.
1. Der FC Bayern fokussiert sich
Nach dem Trainingsspiel ist vor der Champions League: Während der Sieg gegen die Frankfurter Eintracht an diesem 28. Spieltag der Fußball-Bundesliga für den FC Bayern wie eine bessere Übungseinheit wirkte, wird es am Mittwoch für die Mannschaft von Trainer Josep Guardiola ernst. Ab 20.45 Uhr steht das Hinspiel des Viertelfinals beim FC Porto im Estádio do Dragão an. Wie ernst die Bayern die Sache nehmen, zeigt auch, dass sie bereits am Nachmittag in einer Sondermaschine gen Portugal fliegen. "Wir fokussieren uns auf einen ganz besonderen Wettbewerb, die Champions League", sagte Guardiola. Auch er weiß, dass die Münchner nicht viel Zeit haben, sich zu erholen. Dabei haben sie durchaus anstrengende Wochen hinter sich. Der Heimniederlage gegen Borussia Mönchengladbach folgte ein schwer erkämpfter Sieg beim BVB und ein noch viel schwerer erkämpfter Erfolg im Viertelfinale des DFB Pokals bei Bayer Leverkusen.
Da kam die lockere Vorbereitung gegen Frankfurt gerade recht, zumal selbst die Münchner mit ihrem Luxuskader zurzeit personell an ihre Grenzen stoßen. Am Samstag fehlten den Münchnern Arjen Robben, David Alaba, Franck Ribéry, Bastian Schweinsteiger, Jérôme Boateng und Medhi Benatia. Auf der Bank saßen neben Torwart Manuel Neuer nur noch Holger Badstuber, Sebastian Rode und Gianluca Gaudino. Dennoch musste Eintrachts Trainer Thomas Schaaf konstatieren: "Man hat gesehen, dass wir keine Chance hatten." Für die Bayern ist die Partie längst kein Thema mehr, eher dreht sich viel darum, was Kapitän Philipp Lahm so formulierte: "Es ist die Frage, wie lange wir das durchhalten." Zumal Ribéry, den sein Sprunggelenk plagt, und Schweinsteiger, der an einem Virus-Infekt leidet, auch am Mittwoch noch nicht wieder fit sind und gar nicht erst mitreisen. Allein Boateng wird wohl wieder mit von der Partie sein. Wie gut für den FC Bayern, dass Robert Lewandowski immer mehr in die Rolle des Erfolgsgaranten schlüpft. Beim 3:0 gegen biedere Frankfurter schoss er zwei Tore, insgesamt sind es 16 in dieser Saison - genau so viele, wie die gesamte Mannschaft des Hamburger SV erzielt hat. Aber das ist für die Bayern kein Maßstab. Sie wollen die Krone des europäischen Fußballs erobern. Oder wie es Karl-Heinz Rummenigge, ihr Vorstandschef, vor der Partie beim FC Porto formulierte, der in dieser Saison der Königsklasse noch kein Spiel verloren hat: "Die Favoritenrolle wird Bayern München zugeschoben, da haben wir auch kein Problem mit."
2. Die bessere Borussia kommt vom Niederrhein
Das ist schon putzig: Das schlägt die Mönchengladbacher Borussia die Namenscousine aus Dortmund - und plötzlich reden alle davon, dass die bessere der beiden erstklassigen Borussias am Niederrhein beheimatet ist. Hallo? Die Gladbacher sind auf bestem Weg in die Champions League und stehen in der Tabelle sieben Plätze und 20 Punkte vor dem BVB. Die bessere Borussia? Gladbachs Mittelfeldspieler Granit Xhaka konnte, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, damit wenig anfangen: "Auf Dortmund haben wir gar nicht mehr geschaut." Warum auch? Trainer Lucien Favre hat seinen jungen, talentierten und hungrigen Spielern eine klare Spielidee vermittelt und aus dieser Mannschaft ein Spitzenteam geformt. Manager Max Eberl hat ein Händchen für Spieler, die ins System passen, und jüngst den Vertrag mit Patrick Herrmann verlängert, nicht nur gegen Dortmund einer der Besten. Auch besagter Xhaka, Abwehrchef Martin Stranzl, Thorgan Hazard bleiben, Lars Stindl von Hannover 96 kommt hinzu. Und was sie noch von den Dortmundern unterscheidet: Sie haben sich nicht beschwert und selbst bemitleidet, als ihnen mit Dante, Roman Neustädter und Marco Reus drei sehr gute Spieler weggekauft wurden; vom FC Bayern, dem FC Schalke 04 - und der längst deutlich schlechteren Borussia.
3. Der BVB kommt nicht aus der Krise
Die Dortmunder in der Liga dümpeln weiter auf Platz zehn. Und wer gesehen hat, wie überfordert die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp in Mönchengladbach war, der dürfte wenig Hoffnung haben, dass sich das, um sich der Klopp'schen Diktion zu bedienen, in dieser Spielzeit noch dramatisch besser wird. Ein versöhnliches Ende scheint nur noch möglich, indem der BVB den DFB-Pokal gewinnt. Doch vor dem Endspiel am 30. Mai in Berlin steht erst noch das Halbfinale am 28. April beim FC Bayern an. Zumal sie nach dieser 13. Niederlage in dieser Saison alles andere als pfleglich miteinander umgingen. Klopp geriet beim Stand von 1:3 in der 82. Minute mit Sebastian Kehl aneinander, der Ex-Kapitän und sein Trainer lieferten sich etwas, was gerne als heftiges Wortgefecht umschrieben wird. Anders ausgedrückt: Sie haben sich angeschrien. Klopp sagte dazu hinterher: "Ich habe den Jungs gesagt, dass sie die Bälle aus der Mitte schneller auf den Flügel spielen sollen. Das ist nicht so gut angekommen." Ansonsten gelte: "Wir haben uns ein bisschen angebrüllt. Das kommt vor im Leben, kein größeres Problem." Kehl bemerkte lapidar: "Das war eine Situation, die ich anders gesehen habe als der Trainer." Fest steht: Harmonie sieht anders aus. Da beschreibt ein Zitat des Managers Michael Zorc die Lage ganz gut: "Wir müssen zusehen, dass wir jetzt die Punkte holen, um uns von Paderborn abzusetzen." Auf das sie am Ende wenigstens die besseren Westfalen sind; wenn auch nicht die besten: Der FC Schalke 04 wird es spätestens nach der Nullnummer gegen Freiburg wohl kaum wieder in die Champions League schafften. Aber die Gelsenkirchener stehen noch immer acht Zähler vor dem BVB. Zumindest für die inoffizielle Westfalenmeisterschaft dürfte das reichen.
4. Der HSV braucht einen Neustart
Klare These, keine Antwort: Was soll denn noch beim Hamburger SV passieren? Soll Thomas Tuchel sofort kommen? Kann Felix Magath der Mannschaft helfen? Was ist eigentlich mit Peter Neururer? Wir wissen es nicht. Der HSV scheint ein hoffnungsloser Fall sein. Aber das sah in der vergangenen Saison auch so aus. Und dann haben sie es mit zwei Unentschieden in den Relegationsspielen gegen Fürth doch noch geschafft. Irgendwie. Ein Wort noch zu Peter Knäbel. Der Sportdirektor trainiert ja jetzt die Mannschaft. Zumindest versucht er das. Und ob der HSV eine Mannschaft hat, sei auch dahingestellt. Knäbel aber verhielt sich nach der Niederlage gegen Wolfsburg denkbar ungehörig - und stellte einen Spieler an den Pranger. In der Tat hatte der Brasilianer Cléber das nach zehn Minuten nicht gut gemacht, als er im Volkspark mit einem Fehlpass das erste Tor der Gäste einleitete. Innenverteidiger Cléber ist 24 Jahre alt, es war sein elftes Spiel in der Bundesliga. Und Knäbel sagte: "Wenn man den Ball so dämlich und so überflüssig verliert, dann ist das das Schlimmste, was es gibt." Eine interessante Methode, einen völlig verunsicherten Spieler zu motivieren.
5. Der SV Werder hat einen Dutt-Komplex
Der Sozialverein Werder ist so etwas wie der St. Martin der Liga: Wenn's einem schlecht geht, kommen die Bremer vorbei und helfen. Allerdings teilen sie nicht, sondern geben den ganzen Mantel ab; will meinen: drei Punkte. So geschehen am frühen Sonntagabend in der Partie beim VfB Stuttgart zum Abschluss dieses 28. Spieltags. Einer dürfte sich ganz besonders gefreut haben: Robin Dutt, den Sportdirektor der Schwaben. Seine Geschichte dürfte hinlänglich bekannt sein: Bevor er gehen musste, trainierte er an den ersten neun Spieltagen dieser Saison die Bremer - Platz 18. Dann ging er nach Stuttgart und der VfB stand vor dem Sieg gegen Werder - auf Platz 18. Genau 169 Tage nach seinem Rauswurf nahm er nun süße Rache - zumindest indirekt. Und der SV Werder leidet weiter an seinem Dutt-Komplex. "Das war ein ganz wichtiger Dreier für uns. Es spricht für unsere Mannschaft, in einem solchen Spiel die Ruhe zu bewahren und an sich zu glauben. Es war sehr emotional. Wenn man gewinnt, weiß man, warum man diesen Sport liebt und nach dem Sieg gegen Bremen lieben wir ihn."
Immerhin räumte er zu seiner Entlassung ein: "Werder hat eine Entscheidung getroffen. Die war aus ihrer Sicht richtig." In der Tat haben die Bremer mit Trainer Viktor Skripnik immer noch die Chance, sich für die Europaliga zu qualifizieren. Und am kommenden Samstag geht es gegen den HSV. Mal sehen, ob die Bremer Hilfsbereitschaft auf für den ungeliebten Rivalen aus der Nachbarstadt gilt.
6. Martin Harnik ist ein Wahnsinniger
Es ist so einfach, sich über einen Fußballprofi lustig zu machen, der es partout nicht schafft, auch entgegen seiner Berufsbezeichnung als Angreifer den Ball in des Gegners Tor zu schießen. Deswegen lassen wir das auch und weisen schlicht darauf hin, dass der Stuttgarter Martin Harnik ob seiner eigenen Unfähigkeit beinahe wahnsinnig geworden wäre. Und sein Trainer Huub Stevens mutmaßlich auch. Nach gut einer Stunde hatte Harnik gegen Bremen nahezu slapstickartig zwei Großchancen zum 2:1 vergeben. Danach bereitete er fein das Tor des Kollegen Daniel Ginczek vor, ehe er nach 84 Minuten und einer Gelb-Roten Karte den Rasen des Neckarstadions verlassen musste. Nach dem Schlusspfiff aber sprintete er sofort wieder auf den Platz - um sich bei Ginczek zu bedanken, der mit zwei Toren den 3:2-Sieg sichergestellt hatte. "Ich habe mich bei ihm bedankt und ihn angeschrien, wie geil das ist", berichtete Harnik. Ansonsten gab er zu: "Jeder Bundesliga-Profi sollte den Anspruch haben, diese Dinger zu machen." Und beim Ausgleich durch Jannik Vestergaard zwei Minuten nach seinem Platzverweis seien ihm fast die Tränen gekommen. "Da hätte ich mich am liebsten vergraben." Harniks Fazit: "Fußball ist einfach brutal." Um nicht zu sagen: wahnsinnig.
Quelle: ntv.de