Sieg dank Taktik und Lewandowski Bayern-Bollwerk lässt den BVB abprallen
04.04.2015, 20:43 Uhr
Gedankenschneller als der BVB: Ex-Borusse Robert Lewandowski köpft zum entscheidenden 1:0 ein.
(Foto: imago/mika)
Mit achteinhalb Defensivspielern geht der FC Bayern ins Spiel beim Erzrivalen aus Dortmund. Das zahlt sich aus. Der BVB ist gegen das Münchner Bollwerk sehr bemüht, beißt sich aber die Zähne aus - weil ein Ex-Borusse eiskalt trifft.
Bayern-Trainer Pep Guardiola hat den Monat April als "Finalmonat" ausgemacht - und gleich das erste Spiel im neuen Monat machte deutlich, dass die Spieler ihren Trainer super verstanden haben. Gegen leidenschaftlich kämpfende Dortmunder geriet der abgezockte Meister am 27. Bundesliga-Spieltag beim verdienten 1:0 (1:0)-Sieg nie wirklich ins Wanken. Das entscheidende Tor erzielte Ex-Borusse Robert Lewandowski (36.). Damit verteidigten die Münchner ihren Zehn-Punkte-Vorsprung auf den Tabellenzweiten VfL Wolfsburg, während der BVB als Zehnter im Mittelfeld feststeckt.
Noch im Mai 2013 waren sich der FC Bayern und Borussia Dortmund sportlich auf Augenhöhe begegnet. Das Champions-League-Finale in Wembley war der Höhepunkt einer Vielzahl von sehr emotional geführten und sportlich hochklassigen Gipfeltreffen. Zwei Jahre später ist fast alles anders. Die Münchener sind den Dortmundern seither in einem Tempo enteilt, wie man es sonst nur von 100-Meter-Weltrekordler Usain Bolt kennt, und stehen im April 2015 unangefochten an der Spitze der Bundesliga.
Die Borussia dümpelt im Niemandsland und hat nach der verdienten Heimniederlage nun 34 Punkte Rückstand auf den Dauerrivalen. Mittlerweile weit genug vor den Abstiegsrängen und immer noch weit entfernt von den Europa-League-Plätzen droht dem BVB in der Liga ein freudloser Saisonausklang.
Noch vor dem Spiel hatte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp davon gesprochen, dass sich beide Mannschaften nicht mehr auf Augenhöhe begegnen. Er sollte Recht behalten. Die Dortmunder begannen zwar mit viel Druck, aber ohne Ertrag. Euphorisiert von der erneut überragenden Kulisse im mit 80.667 Zuschauern ausverkauften Dortmunder Stadion attackierte der BVB die Bayern früh. Das schmeckte den Gästen zunächst gar nicht. In den ersten zehn Minuten bekamen die Münchener keine Struktur in ihr Spiel. Aber auch der BVB wusste nicht so richtig, was er tun sollte, wenn er sich einmal den Ball erpresst hatte. So war es lange ein zerfahrenes Spiel ohne Torchancen.
Mehr Kampf als Klasse
Viel spielte sich im Mittelfeld ab. Mit zunehmender Spieldauer langten die Akteure auf beiden Seiten immer galliger zu. Gallig war es auch auf den Rängen, wo die Gäste-Anhänger die Dortmunder mit "Es ist wahre Liebe"-Gesängen mächtig provozierten. Angesteckt von den Tribünensticheleien gab's in der hitziger werdenden Atmosphäre zunächst Gelb für Bayerns Bastian Schweinsteiger (19.). Dann befand Schiedsrichter Knut Kircher die Attacken von Pierre-Emerick Aubameyang und Marcel Schmelzer für unangemessen heftig.
Den mit achteinhalb defensiven Spielern in der Startelf überraschend destruktiv aufgestellten Bayern kam dieser intensive Kampf um die Mittelfeldhoheit entgegen. Sie befreiten sich so nicht nur vom anfänglichen Druck der Gäste, sie konnten ihrerseits auch über die routinierten Xabi Alonso und Schweinsteiger die Spielkontrolle erlangen. Und so wagte sich die Guardiola-Elf Meter um Meter näher ans Tor der Borussen. Bis zur ersten gefährlichen Annäherung dauerte es aber lange: In der 35. Minute setzte Alonso einen Freistoß aus 23 Metern rechts neben das Gehäuse von Roman Weidenfeller. Und selbst diese Aktion wäre nicht sonderlich erwähnenswert gewesen, wäre es nach einem Lupfer von Thomas Müller in der 8. Minute nicht der erste nennenswerte Torschuss der Partie überhaupt gewesen.
Kampl glücklos, Lewandowski eiskalt
In der ersten Halbzeit erinnerte aus BVB-Sicht vieles an das ziemlich frustrierende Champions-League-Aus gegen Juventus Turin. Die Gastgeber wollten unbedingt, rieben sich allerdings ergebnislos auf. Was nützt all das Laufen, all das Kämpfen, wenn am Ende keine Torgefahr, nicht mal ein Schuss auf das Tor von Manuel Neuer herauskommt?
Symptomatisch für das Spiel der Gastgeber war der Auftritt von Dauerläufer Kevin Kampl. Der war immer unterwegs und eigentlich immer anspielbar, seinen Aktion fehlten aber Mut und Zielstrebigkeit.
Besser machten es die Münchner, die kurz nach dem Alonso-Freistoß in Führung gingen. Ex-Borusse Robert Lewandowski hatte keine Mühe den Ball im Mittelfeld gegen den übermotivierten Mats Hummels zu behaupten und auf Thomas Müller weiterzuspielen. Der scheiterte zwar zunächst an seinem Weltmeister-Kollegen Roman Weidenfeller, doch den Abpraller nutzte der stark nachsetzende Lewandowski zur 1:0-Führung. Hummels hatte den Weg nach hinten nicht mit angetreten und so konnte der Pole gegen den kleineren Schmelzer wuchtig einköpfen. Mit diesem Ergebnis ging es in die Kabine.
Mehr Druck, aber kein Abschlussglück
Vom Rückstand ordentlich angepiekst und mit einem Torschussgebot von Trainer Klopp ausgestattet, kamen die Borussen deutlich zielstrebiger aus der Kabine. Der Schwerpunkt des Spiels verlagerte sich nun spürbar in die Hälfte der Bayern, denen ohne die flinken und dribbelstarken Arjen Robben, Franck Ribery und David Alaba viel Tempo und Offensivkraft fehlte. Doch auch wenn die Dortmunder über den bis zu seiner Auswechslung agilen Jakub Blaszczykowski und Marco Reus immer häufiger in den Strafraum von Manuel Neuer und seinen Vorderleuten um den einmal mehr überragenden Jerome Boateng eindringen konnten, wurde es kaum richtig gefährlich.
Die Versuche von Reus (60.) und kurz vorher von Gündogan aus den Halbpositionen flogen doch deutlich vorbei. Auch einen feinen Freistoß von Reus kurz vor Schluss (88.) konnte Neuer unter sich begraben, wenn auch mit ein wenig Mühe.
Die Bayern konzentrierten sich gegen die ab der 70.Minute immer verzweifelter anrennenden Hausherren aufs Verteidigen und Kontern, ohne sich dabei selbst aber auch nur eine einzige richtig gefährliche Gelegenheit herauszuspielen. Aber das mussten sie auch nicht – denn ein Klub mit Titel-Ambitionen in drei Wettbewerben darf in den kräftezehrenden Finalwochen eben auch mal so kräfteschonend wie möglich spielen. Wenn dann auch noch das Glück hinzukommt wie bei einem elfmeterwürdigen Foul von Alonso an Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang in der 87. Minute, reicht das sogar zum Sieg beim Dortmunder Erzrivalen.
Quelle: ntv.de