Was macht Ancelotti gegen Madrid? Bayern strotzt, Atlético schwächelt
06.12.2016, 16:02 Uhr
Mia san mia - wieder.
(Foto: dpa)
So weit ist also gekommen: Der FC Bayern spielt in der Champions League gegen Atlético, doch in München reden sie von der Liga und Spitzenreiter RB Leipzig. Und über die Frage, welches System Trainer Ancelotti dieses Mal wählt.
Worum geht's?
Die Verhältnisse sind vor dem letzten Spieltag in der Vorrunde der Fußball-Champions-League geklärt. Die Münchner haben sich zwar für das Achtelfinale qualifiziert, doch den Sieg in dieser Gruppe D hat Atlético Madrid sicher, ganz egal, was heute (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) passiert. Was bleibt, ist die Siegprämie von anderthalb Millionen Euro. Die erste K.-o.-Runde hat die Uefa wieder so terminiert, dass das eine zähe Angelegenheit wird. Die Hinspiele stehen in der zweiten Februarhälfte an, die Rückspiele in den ersten beiden Märzwochen. Ein Achtelfinale über einen Monat zu strecken - das muss man erst einmal schaffen. Für die Bayern bedeutet der zweite Platz, dass es gegen einen der sieben anderen Gruppenersten geht. Zurzeit stehen zur Auswahl: Paris St. Germain und der FC Arsenal aus der Gruppe A; Benfica Lissabon, der SSC Neapel oder Besiktas aus der Gruppe B; der FC Barcelona aus der Gruppe C und AS Monaco aus der Gruppe E; Real Madrid aus der Gruppe F - hier kann zwar auch die Dortmunder Borussia Erste werden, aber zwei Teams aus einem Land treffen frühestens im Viertelfinale aufeinander; und nicht zuletzt Leicester City aus der Gruppe G. Ausgelost wir das Achtelfinale am Montag, den 12. Dezember, ab 12 Uhr.
Wie ist die Ausgangslage?
FC Bayern: Neuer - Rafinha, Hummels, Martínez (Badstuber), Bernat - Vidal, Alonso, Sanches - Robben, Müller, Costa; Trainer: Ancelotti.
Atlético Madrid: Oblak - Juanfran, Savic, Godin, Filipe Luis - Gabi, Thiago - Ferreira-Carrasco, Koke - Griezmann, Gameiro; Trainer: Simeone.
Stadion: Allianz-Arena, München
Schiedsrichter: Turpin (Frankreich)
In München und um München herum reden sie jetzt viel von einem Systemwechsel, zu dem sich Carlo Ancelotti durchgerungen habe. Tatsächlich hat der Trainer sein Team beim 3:1 in Mainz am Freitag in der Bundesliga erstmals seit seinem Amtsantritt in Sommer mit vier Angreifern spielen lassen und ist vom ihm sakrosankten 4-3-3 abgewichen. Den Spielern hat's gefallen, so zu spielen wie in der vergangenen Saison unter Josep Guardiola. Allen voran Thomas Müller, der hinter Arjen Robben, Robert Lewandowski und Franck Ribéry auf seiner "Lieblingsposition" spielte, es aber nicht dabei beließ, sondern nach Herzenslust kreuz und quer über den Rasen rochierte und eine seiner besseren Leistungen in dieser Saison zeigte. "Heute hat es wieder Spaß gemacht." Bleibt die Frage, ob das nun ein Systemwechsel war, oder eher eine einmalige Aktion. Vor der Partie gegen Atlético betonte Ancelotti am Montag, dass die Umstellung selbstverständlich seine Entscheidung gewesen sei: "Ich habe nicht vorher mit den Spielern darüber gesprochen." Aber natürlich hätten sie das im Training geübt. Unsere Mannschaft hat die Qualität, verschiedene Systeme zu spielen." Grundsätzlich sei es so: "Im 4-2-3-1 haben wir mehr Tiefe vorne, im 4-3-3 geht es um mehr Ballbesitz. Es kommt immer auf die Spiele an, die wir spielen müssen." Nun gut, dann warten wir es ab.
Wie ist der FC Bayern drauf?
Nach dem Sieg in Mainz sind sie in München bestens gelaunt - auch wenn der Abstand zum Spitzenreiter RB Leipzig weiter drei Punkte beträgt. "Speziell in der ersten Halbzeit haben wir sehr, sehr guten Fußball gespielt", schwärmte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ins. Um nicht aus dem Tritt zu kommen, wollen sie auch die Partie gegen Atlético ernst nehmen. Was sollen sie auch sonst erzählen? Ancelotti kündigte an: "Die Spiele gegen Atlético sind immer wichtig. Es geht gegen eine der besten Mannschaften Europas. Das Spiel wird uns dazu dienen, das Selbstvertrauen nach zwei Siegen in der Bundesliga weiter aufzubauen." Deshalb werde er einige Wechsel in der Startelf vornehmen. "Wir wollen in einem hohen Rhythmus spielen, dafür brauche ich frische Spieler." Kapitän Philipp Lahm wird dabei sein, obwohl er bei einer gelben Karte fürs Achtelfinalhinspiel gesperrt wäre. Jérôme Boateng hingegen pausiert, er "hat Schulterprobleme". Somit werden wohl wieder Mats Hummels und Javier Martínez, oder aber wie der "Kicker" mutmaßt Holger Badstuber, in der Innenverteidigung stehen. Und doch geht es, wenn überhaupt, nur ums Prestige, haben die Bayern doch das Hinspiel mit 0:1 verloren und waren im Halbfinale der Königsklasse in der vergangenen Saison an Atlético gescheitert. Wichtiger, das hatte Rummenigge auch gesagt, sei die Liga. Die Konzentration gilt dem VfL Wolfsburg, SV Darmstadt 98 und natürlich RB Leipzig - das sind die Gegner bis zur Winterpause.
Was macht Atlético so?
Die Madrilenen haben großen Respekt vor dem FC Bayern. Das sagte Angreifer Antoine Griezmann dem Bezahlsender Sky. Er sagte über aber auch: "Sie sind spielerisch nicht mehr so stark wie unter Pep Guardiola, das hat man schnell gesehen." Doch auch das relativierte er flugs: Die Münchner seien "jetzt einfach auf eine andere Art und Weise gefährlich, vielleicht sogar noch schwerer auszurechnen. Sie kommen über rechts, links und durch die Mitte. Das macht es so schwer, gegen sie zu verteidigen". Also einigte er sich mit sich selbst auf ein Unentschieden: "Sagen wir 1:1." In der spanischen Primera Division hingegen läuft es nicht ganz so rund für die Mannschaft von Trainer Diego Simeone. Am 14. Spieltag gab's trotzt deutlicher Überlegenheit im altehrwürdigen Estadio Vicente Calderón nur ein 0:0 gegen Espanyol Barcelona, der Rückstand auf Tabellenführer Real beträgt weiter neun Punkte. Der Stadtrivale sicherte sich im Clásico beim FC Barcelona in letzter Minute ein 1:1. "Wir haben viel versucht, um diesen defensiven Block zu knacken und das Spiel zu unseren Gunsten zu entscheiden. Ich denke, das Unentschieden geht in Ordnung. Meine Mannschaft hat alles gegeben, alles versucht, aber wenn der Gegner gut verteidigt, dann muss man ihm auch gratulieren", sagte Simeone, der heute wohl einige Leistungsträger schonen wird - schließlich hat Atlético bisher als einziges Team im Wettbewerb alle fünf Partien in der Champions League gewonnen.
Und Griezmann? Ist in der heimischen Liga nach sechs Treffern und drei Vorlagen nun seit vier Partien ohne Torbeteiligung. In der Königsklasse allerdings läuft es besser: fünf Einsätze, drei Tore, zwei Vorlagen. Nachdem er und seine Mannschaft in der vergangenen Spielzeit das Endspiel in Mailand im Elfmeterschießen gegen Real verloren hatten, gelte nun: "Für mich ist diese Trophäe das Ziel Nummer eins. Diesen Champions-League-Titel möchte ich so schnell wie möglich holen."
War sonst noch was?
Bei Thiago Alcántara do Nascimento läuft es gut in dieser Saison, mit seinen klugen Pässen strukturiert der Spanier das Mittelfeld und lenkt das Spiel das FC Bayern. In der Bundesliga stand er elf Mal in der Startelf, einmal wurde er eingewechselt. Nur am sechsten Spieltag, beim 1:1 gegen den 1. FC Köln, musste er wegen muskulärer Probleme aussetzten. Und in der Champions League verpasste er nur die Partie in Eindhoven. Dass es so gut läuft, liegt auch daran, dass Thiago bisher von Verletzungen verschont blieb. Woran liegt's? Es sei so, sagte er: "Wenn man verletzt ist, lernt man andere Dinge, wie man möglichst schnell wieder zurückkommt. Man lernt, ein bisschen mehr auf sich zu achten, in Bezug auf Training und Ernährung. Es ist vergleichbar mit einem Auto. Wenn man versucht, kalt zu starten, braucht man eine gewisse Zeit, bis der Motor warm wird." Na dann: " Gentleman, start your engine."
Quelle: ntv.de