Fußball

Neuer trifft auf ter Stegen Bei dem Torhüter-Showdown geht's unfair zu

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Das Viertelfinale zwischen dem FC Bayern und dem FC Barcelona elektrisiert die Champions League. Es ist der Offensiv-Kampf zwischen Lionel Messi und Robert Lewandowski. Und es ist das Duell der deutschen Torhüter Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen - mit ungleichen Chancen.

Am Abend, da spielt der künftige Champions-League-Sieger. So lautet die Prognose, wenn es um das Spiel zwischen dem FC Bayern und dem FC Barcelona geht (21 Uhr im ntv.de-Liveticker). Dabei ist es gerade mal das Viertelfinale, aber ein "vorweggenommenes Finale", sagte DFB-Torwarttrainer Andreas Köpke. Ein Spiel, das er sich besonders genau anschauen wird. "Dass unsere beiden deutschen Toptorhüter aufeinandertreffen, erhöht noch mal die ohnehin große Brisanz des Spiels", sagte er bei "Sportbuzzer".

Es geht ihm um das Duell zwischen Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen. Das Duell der "beiden besten Torhüter der Welt", wie Neuers Teamkollege Leon Goretzka es ausdrückte. Sie beide spielen in der DFB-Elf. Oder besser gesagt: Einer - Neuer - spielt, einer - ter Stegen - ist sowas wie der ewige Kronprinz. Anders als bei Königshäusern üblich, müsste der Jüngere nicht einmal darauf warten, dass Neuer abdankt (oder schlimmer: ihn das zeitliche segnet), das könnte auch Nationaltrainer Joachim Löw erledigen. Doch der sieht ganz offensichtlich gar keinen Grund, in die manifestierte Reihenfolge einzugreifen. Seit der WM 2010 ist Neuer bei jedem großen Turnier die Nummer eins. Löw rüttelte nicht einmal nach der schweren Fußverletzung Neuers 2017/18 an dessen Status.

Der 28-jährige ter Stegen verliert deswegen langsam die Geduld. Im Herbst 2019 untermauerte er seine Ambitionen auf den Stammplatz im Tor der Nationalmannschaft, die Debatte gipfelte in einer üblen Attacke von Bayerns Ehrenpräsident Uli Hoeneß: Ter Stegen habe "überhaupt keinen Anspruch. Neuer wird immer der Beste sein - da gibt es keine Diskussion". Eine Meinung, die ganz nach Neuers Geschmack ist, wie er jüngst erklärte: "Welcher Trainer würde Spieler aufstellen, die nicht die besten sind? Und ich bin der Überzeugung, dass ich der Beste bin", so der 34-Jährige bei "11Freunde".

"Geduldig sein" - ter Stegen hört es dauernd

Das dürfte dem ewigen Konkurrenten ter Stegen nicht gefallen haben. Ebenso wenig die Aussage von DFB-Direktor Oliver Bierhoff über ihn. Er sei zwar "ein spektakulärer Kerl und beeindruckender Torhüter", müsse aber weiter "geduldig sein, auch wenn dies für ihn hart ist". Und überhaupt sei Neuer für Löw neben Toni Kroos auch weiterhin der "wichtigste Spieler". Nun, unmittelbar vor dem Aufeinandertreffen, versucht sich zumindest Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge um Diplomatie. "Manuel ist weltklasse, ter Stegen auf dem Weg dahin." Er hoffe, dass "Manuel am Freitag die Null hält. Das heißt dann wahrscheinlich, dass wir ins Halbfinale kommen".

Und das wird schwierig genug. Denn während ter Stegen mehr als 100 Meter von ihm entfernt auf der anderen Seite des Platzes steht, muss sich Neuer einem ungleich Größeren erwehren: Lionel Messi, dem besten Fußballer der vergangenen Jahre. Allerdings wird es für seinen Rivalen eher noch komplizierter - im Bayern-Sturm lauert bekanntlich Robert Lewandowski, der Stürmer, dem viele Experten den Titel als "Weltfußballer des Jahres" gönnen würden. Eben jene Auszeichnung, die Messi bereits sechsmal überreicht bekam. Und in diesem Jahr? Messi spielte bislang 43 Partien, traf 31 Mal und legte 26 Treffer auf. Lewandowski hatte ein Spiel mehr, erzielte 53 Tore und bereitete acht vor. Es sind Werte der Superlative. Es sind Zahlen, die sowohl Neuer als auch ter Stegen beeindrucken werden - und herausfordern.

Zuletzt Patzer von Neuer

"Um die Champions League zu gewinnen, braucht man einen Toptorwart in der besten Verfassung", sagte Köpke dem "Sportbuzzer". Nun, Neuer hat noch etwas gutzumachen. Im verlegten Achtelfinal-Rückspiel gegen den FC Chelsea patze er beim Gegentreffer. Tammy Abraham musste zum 1:2 nur noch einschieben, weil Neuer nach einer flachen Hereingabe von links den Ball nach vorne abwehrte. Ex-Welttorhüter Peter Schmeichel kritisierte heftig, dass Neuer "kein großartiges Torwartspiel" gelungen sei und dass ter Stegen und Alisson Becker vom FC Liverpool "die besten Torhüter mit den Füßen seien".

Ein Kompliment, das der Barça-Keeper nicht zum ersten Mal hört. In Barcelona gilt er als "Messi mit Handschuhen". Im Viertelfinal-Rückspiel konnte er von Neapel nur per Foulelfmeter bezwungen werden. Im Hinspiel war er Barcelonas bester Mann, ein absolut sicherer Rückhalt beim 1:1. Kein Wunder, dass die Katalanen unbedingt mit ihm verlängern wollen.

Dass ter Stegen selbst die Gespräche verschob, hängt nicht mit seinem Zögern zusammen. Er verwies laut Klubpräsident Josep Maria Bartomeu vielmehr darauf, dass es wegen der Coronakrise Wichtigeres gäbe. Übrigens ein Hinweis, der den Boss nur noch mehr überzeugte. Ter Stegen gilt als Vorzeige-Profi, als einer, der nicht abgehoben ist. In Barcelona ist er zum Führungsspieler hinter Messi gereift.

Neuer kassiert Ärger

Im Standing noch einen Platz weiter oben ist Neuer in München - gilt als unangefochtener Kapitän. So sehr, dass ihn selbst der Eklat in seinem Kroatien-Urlaub nicht schadete. Zumindest nicht teamintern. Denn dass er mit seinen Kumpels um Torwarttrainer Toni Tapalovic ein Lied mitsang, das als faschistisch gilt, sorgte abseits der Säbener Straße für heftige Kritik. Einen Gefallen hat er sich auch nicht damit getan, dass er mit einer Verspätung vor einer Woche dazu lapidar Stellung nahm: "Was andere fordern, ist mir eigentlich egal", sagte er an die Adresse derjenigen, die schon früher eine Stellungnahme von ihm erwartet hatten. Im Verein habe ihn niemand darauf angesprochen. Er selbst habe sich wieder auf die Mannschaft, seine Arbeit und das konzentriert, "wofür ich hier bin".

Auch nach Lissabon ist Neuer gereist, um Tore zu verhindern. So wie 2013, als er im Halbfinale gegen Barcelona im Hin- und Rückspiel die Null sicherte - und am Ende der Titel, das Triple, stand. Das Triple, das der FC Bayern auch in dieser Saison feiern will. Dafür muss Neuer zeigen, dass er besser ist als ter Stegen. Was bislang in dieser Saison nicht gelang: Laut der Statistiker von Opta hat der Jüngere in dieser Champions-League-Spielzeit die Nase vorn. Mit 81,5 Prozent weist er die beste Paradenquote aller Torhüter auf, Neuer steht auf Platz elf mit 73,9 Prozent. Die Nase vorn hat Neuer aber beim Titelhamstern. Denn Barcelona hat Meisterschaft und Pokal verspielt. Die Königsklasse ist ter Stegens letzte Chance auf einen Titel. Einer, der ihm beim DFB trotzdem nicht weiter nach vorn bringen wird - denn da muss er sich weiter hinten anstellen.

Quelle: ntv.de

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