Warmlaufen für Titelverteidigung DFB-Elf erregt Tschechiens Coach
06.10.2016, 14:49 Uhr
Dass sich Tschechiens Coach Karel Jarolim über die deutsche Fußball-Nationalmannschaft aufregt, ist vor allem sein Verdienst: Joachim Löw.
(Foto: dpa)
Der Bundestrainer schwärmt vom Kilimandscharo. Sein härtester Gegner sei das Bergmassiv gewesen. Dass die tschechische Fußball-Nationalelf das ändern wird, ist ausgeschlossen. Das wiederum nervt David Jarolims Vater.
Was sagt der Bundestrainer?
Zum Beispiel, dass der Kilimandscharo sein härtester Gegner war. Niemand zuvor - und auch nicht danach - hat etwas dem Fußball-Bundestrainer so viel abverlangt wie das ostafrikanische Bergmassiv in Tansania. "Körperlich und geistig war ich völlig am Limit." Das hat der Bundestrainer diese Woche in einem Interview mit der "Funke Mediengruppe" erklärt. Er hat auch noch eine ganz Menge anderer Dinge abgearbeitet, n-tv.de hat fleißig darüber berichtet.
Aber: Diese Grenzerfahrung, darüber sprach der Chefübungsleiter der Bundesrepublik gerne und lange. Und natürlich auch darüber, was mit ihm gemacht hat. Nämlich einen Kämpfer. Einen, der Ziele erreichen will, der nicht umdreht. Nicht bei Rückschlägen, nicht bei Enttäuschungen. Vermutlich ist er deswegen auch noch Bundestrainer. Denn er hat ja noch Ziele.
Zum Beispiel wieder Weltmeister werden. In zwei Jahren in Russland. Dafür muss er aber freilich noch ein bisschen arbeiten. Die Mannschaft erfolgreich durch die nun wirklich nicht allzu schwere Qualifikationsgruppe navigieren, dabei seinen Torphobikern die Angst vorm Toreschießen nehmen und aus einem tüchtigen Pool an guten Fußballern die 23 tauglichsten für das Turnier 2018 in Russland auswählen. Nächste Möglichkeit zur Weiterentwicklung seiner Elf ist am Samstag das Pflichtspiel gegen Tschechien in Hamburg (20.45 Uhr bei RTL und im n-tv.de-Liveticker). Es folgt am Dienstag die Partie gegen Nordirland in Hannover. Dazu - und damit zurück zur oben gestellten Frage - sagte Löw nichts. Warum nicht? Weil er keinem Journalisten begegnet ist, der ihn dazu hätte etwas fragen können. Stattdessen saßen bei der obilgatorischen Pressekonferenz Manuel Neuer, Shkodran Mustafi und Ilkay Gündogan. Der Nachrichtenwert ihrer rund 29-minütigen Ausführungen ist, nun, gering (siehe unten).
Wie ist der Krankenstand?
Tor: Bernd Leno (Bayer Leverkusen), Manuel Neuer (FC Bayern), Marc-André ter Stegen (FC Barcelona). Abwehr: Jérôme Boateng, Mats Hummels, Joshua Kimmich (alle FC Bayern), Jonas Hector (1. FC Köln), Bene- dikt Höwedes (FC Schalke 04), Shkodran Mustafi (FC Arsenal), Sebastian Rudy (TSG Hoffenheim). Mittelfeld: Julian Brandt (Leverkusen), Julian Draxler (VfL Wolfsburg), Ilkay Gündogan (Manchester City), Sami Khedira (Juventus Turin), Toni Kroos (Real Madrid), Max Meyer (Schalke), Thomas Müller (FC Bayern), Mesut Özil (FC Arsenal), Julian Weigl (Borussia Dortmund). Sturm: Mario Götze (Borussia Dortmund), Kevin Volland (Leverkusen). Trainer: Joachim Löw.
Wie Sie dieser Woche in unserer Nachrichtenflut lesen konnten, verhindern Popo-Probleme dringend benötigte Erfolgserlebnisse der derzeit mal wieder deaktivierten Tormaschine Mario Gomez, nun ja beim VfL Wolfsburg unter Vertrag. Das ist bitter für den Bundestrainer, denn die EM-Wiederentdeckung stand zumindest in Frankreich noch für Krawallmomente im Strafraum. Anders als der große Rest des Kaders. Auch wenn der starke Quali-Auftakt gegen Norwegen (3:0), Hoffnung macht, dass sich die deutschen Nationalspieler künftig wieder häufiger Gedanken um Jubelchoreografien machen können. Arbeiten wir uns aber weiter am Krankenstand ab. Der ist, zumindest was das nominierte Personal angeht, überschaubar. Der selbst ernannte Kandidat für die Nachfolge von Bastian Schweinsteiger in der Mittelfeldzentrale, Ilkay Gündogan, schnupfte zuletzt noch ein bisschen, will aber am Samstag unbedingt kicken. Schwerer wiegen da die tatsächlichen Ausfälle von dem in Dortmund wieder so formstarken André Schürrle und Dauerpatient Marco Reus (ebenfalls BVB). Ihre Comebacks? Puh.
Wer ist der Mitarbeiter des Tages?
Das Phrasenschwein. Leider war es nicht da. Gut für die Geldbörsen der Spieler auf dem Presse-Podium. Die Erkenntnisse des Tages: "Es stehen zwei wichtige Spiele an" (Neuer). "Tschechien ist der schwerste Gegner der Gruppe" (Neuer). "Wir wollen Gruppenerster werden" (Neuer). "Das Wichtigste ist, dass wir das Spiel gewinnen" (Neuer). "Wir haben kein Sturmproblem" (Neuer). "Wir haben viele Spieler, die Tore schießen können" (Neuer). Gegner abgehakt, nächster Punkt, Ilkay Gündogan und sein Comeback: "Ich bin froh, wieder Nationalelf-Luft schnuppern zu dürfen. Ich genieße es hier zu sein und will erfolgreich sein. Dafür will ich in die Mannschaft einbringen." Dass er sich die Rolle von Schweinsteiger in der Nationalelf zutraut (siehe oben), ist so, beschäftigt ihn aber nicht. Er wolle seine eigene Leistung bringen und das umzusetzen, was der Trainer fordert. Vorbildlich. Kommen wir noch zu Shkodran Mustafi, der hat sich nämlich beharrlich geweigert, die üblichen Floskeln rauszuschrauben. Er sagte Folgendes: "Es ist nicht immer leicht, den Chip zu wechseln." Den Chip (wie auch immer das geht) zwischen seinem Klub dem FC Arsenal und der deutschen Nationalmannschaft. Allerdings sei es leichter, wenn man erfolgreich ist. Was im Fall von Mustafi aktuell der Fall ist. Also bleibt: Alle sind froh, wieder bei der Nationalmannschaft zu sein, alle wollen gewinnen und, Obacht Neuigkeiten, alle sind zufrieden mit der Arbeit des Bundestrainers. Der dürfe gerne länger bleiben, als bis 2018. Was er aber vermutlich eh vorgehabt hätte.
War sonst noch was?
Allerdings! Karel Jarolim nämlich. Der Papa von David (früher Spieler beim FC Bayern, in Nürnberg und beim HSV) und Lukas (Greuther Fürth) trägt einen Dämon in sich. Er heißt: Deutsche Fußball-Nationalmannschaft. "Ich habe Kopf voll von den Deutschen", sagt der 60-Jährige, der das Team erst nach der enttäuschenden EM - Letzter der Gruppe D mit Kroatien, Spanien und der Türkei - also noch ganz frisch, als Trainer übernommen hat. Im Interview mit dem "Kicker" erklärt er, wie es zu dieser Dämonisierung gekommen ist. Der Sky-Abonnent guckt gaaaaanz viel Bundesliga und dazu auch noch gaaaaanz viele Spiele des DFB-Teams. Besonders gut bekommt ihm das allerdings nicht. Ganz im Gegenteil, zur Furie (gibt's dafür eigentlich ein maskulines Synonym?) wird Jarolim senior. Seine Nerven angespannt, seine Laune im Keller. "Je häufiger ich ihre Spiele sehe, umso mehr regt es mich auf, wie gut sie sind." Sachen gibt's. Nunja. Gott sei Dank kann der Tscheche seine Wut zügeln und in kreative Gedankenspiele gießen. Und so hat er bereits einen todsicheren Plan ausgetüftelt, um sich seinen Dämon auszutreiben. "Wir müssen versuchen, ihnen keine guten Bedingungen für ihr Spiel anzubieten." Nun, Hamburger Herbst, Regen, acht Grad - klingt vielversprechend.
Quelle: ntv.de