Fußball

"Der Ausputzer" nach dem WM-Titel DFB zwischen Monarchie und Mario-Mobbing

Deutsche, die auf Deutsche pfeifen - wo gibt’s denn sowas?

Deutsche, die auf Deutsche pfeifen - wo gibt’s denn sowas?

(Foto: imago/Laci Perenyi)

Eben noch WM-Grandezza, jetzt schon wieder Graubrot. Eine Abfuhr gegen Argentinien und Pfiffe gegen die eigenen Leute - während die Bundesliga noch im WM-Fieber schwelgt, landen Löws Buben auf dem Boden der Tatsachen.

Auf dem WM-Pokal hat sich noch nicht einmal eine Staubschicht gebildet, da befindet sich das Team des Weltmeisters bereits mitten im ganz normalen Fußballalltag. Und der erweist sich als beinhart. Zunächst galt es, die Abschiede der verdienten Kempen Per Mertesacker, Miroslav Klose und Philip Lahm zu beweinen, im Anschluss zeigte das argentinische Team um den frischgebackenen ManUnited-Millionaro Angel Di María, wie die Gauchos nun wirklich gehen.

"Der Ausputzer" auf n-tv.de

Das Fußballwochenende ist passé, alles ist geschrieben und gesagt. Wirklich alles? Natürlich nicht. Mit unserer Kolumne "Der Ausputzer" kehren wir auf n-tv.de dienstags, was aufzukehren ist. Unsere Autoren sind: Christian Bartlau, Kai Butterweck, Anja Kleinelanghorst und Ingo Scheel. Nach dem Spiel ist schließlich vor dem Spiel.

Als wären die vier Buden (wir erinnern uns: Zwischenstand 0:4) nicht schon verheerend genug, durfte Mario Gomez sogleich erfahren, dass der geneigte Fan vielleicht in Teilen vergesslich ist (etwa beim Grottenkick im WM-Achtelfinale gegen Algerien), nicht aber, was vermeintlichen Chancentod und assoziierte Versäumnisse angeht.

Die Haare zu schön, die Nase zu hoch - da müssen wenigstens die Hundertprozentigen versenkt werden. Passiert das nicht, erklingt ein Pfeifkonzert, so unversöhnlich und harsch, man wünscht sich fast Vuvuzelas zurück. Arme Mutter Gomez. Das rief dann sogar den sonst gern auf Selbstregulierung und Espresso-Understatement setzenden Joachim Löw auf den Plan, der sich Pfiffe gegen die Nationalmannschaft verbat. Deutsche, die auf Deutsche pfeifen - wo gibt’s denn sowas? "Pfiffe gegen eigene Spieler halte ich für nicht fair", sagte Löw vor dem Spiel gegen die Schotten. Nun mag das Mario-Mobbing vom Rang ja mehr als fragwürdig sein, Pfiffe per se als fußballerisches Kommunikationsmittel ganz zu verdammen, da steckt der Kopf, der gutfrisierte, wohl noch in brasilianischen Wolken.

"Abstieg vom Dach der Welt verursacht Schmerzen"

Doch flugs gewann der Realist in Löw die Oberhand. "Wir werden mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen haben in den nächsten Monaten", konstatierte er vor dem Schotten-Spiel und fürwahr - die nächsten Monaten sollten quasi schon wenige Stunden im Anschluss anfangen, im Dortmunder Signal-Iduna-Park beim Spiel gegen die Schotten.

Einem Ort also, wo das WM-Fieber noch in Höchsttemperaturen nachglüht. Dauerkarten-Verkaufsrekord, dazu fast eine halbe Million Euro Tageskasse in der neu eröffneten "Borussia FanWelt". Die Liga boomt und das nicht nur hier. Kusen grüßt von oben, Paderborn liegt fast ganz vorn, die Geißböcke und Hoffenheim mischen ebenso erfolgreich mit. Platzierungen, die jenem Realitycheck noch unterzogen werden müssen, den die Fußballkönige der Nationalmannschaft jetzt bereits schmerzhaft durchleben musste. Der Dreier gegen wackere Schotten wurde, Thomas Müller sei Dank, im Auftakt zu den "European Qualifiers", wie jetzt das offizielle TV-Wording lautet, eingefahren.

Der Preis jedoch, und das ist die rabenschwarze Pointe in diesem Kampfspiel, war unglaublich hoch. Erneut verletzte sich Marco Reus, gerade wieder zu alter Form zurückfindend, schwer am linken Außenband. Vier Wochen Pause mindestens. Stiegen die Feuerwerksraketen nicht eben erst in den brasilianischen Nachthimmel? Die französische Zeitung "L’Équipe" bringt es auf den Punkt: "Der Abstieg vom Dach der Welt auf die Erde verursacht Schmerzen." In der Tat. Der Rausch von Rio de Janeiro - so nah, und doch schon so fern.

Quelle: ntv.de

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