So spielt die DFB-Elf in Prag Der härteste Löw, den es je gab
01.09.2017, 11:12 Uhr
Dieser Mann ist zu allem bereit: Joachim Löw.
(Foto: imago/Sportfoto Rudel)
Freiticket für eine WM? Nicht bei Joachim Löw. Der Bundestrainer ist wild entschlossen, den Konkurrenzkampf in der DFB-Elf auszureizen. Beim Qualifikationsspiel in Tschechien setzt er aber erst einmal auf seine etablierten Weltmeister.
Worum geht's?
Schön war die Zeit am Schwarzmeerstrand und am Finnischen Meerbusen, aber der Sommer neigt sich dem Ende zu und der Confed Cup ist auch schon Geschichte. Für die deutschen Fußballer heißt es nun, sich letztinstanzlich für die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland zu qualifizieren, um dann womöglich wieder in Sotschi und St. Petersburg vorspielen zu dürfen. Wenn sie heute in Prag gegen Tschechien (ab 20.45 Uhr bei RTL und im Liveticker bei n-tv.de) und am Montag in Stuttgart gegen Norwegen (gleiche Zeit, gleicher Sender, gleicher Ticker) gewinnen, dürften sie Platz eins in der Gruppe C und somit die definitive Spielerlaubnis für die WM in der Tasche haben - falls die Nordiren in San Marino und gegen Tschechien nicht ebenfalls sechs Punkte ergattern.
Für den Bundestrainer geht es darum, aus den vielen sehr guten Spielern, all den Confed-Cup-Siegern und Weltmeistern von 2014 letztlich die 23 auszuwählen, die dann möglichst erfolgreich den Titel verteidigen sollen. Den "Stuttgarter Nachrichten" sagte er: "Ich erwarte, dass es den härtesten Konkurrenzkampf geben wird, den wir je erlebt haben." Die Auswahl an geeigneten Akteuren sei noch nie so groß gewesen. Werden wir dann auch den härtesten Joachim Löw der Geschichte erleben? Er scheint jedenfalls wild entschlossen, seine Möglichkeiten auszureizen. Anders als vor der Europameisterschaft 2016 in Frankreich will er nun nicht versäumen, die Mannschaft - wo nötig - zu verjüngen. Die Saison sei noch lang, sagte er am Tag vor dem Spiel: "Ein Freiticket für eine WM im nächsten Jahr hat niemand. Die Entscheidung fällt ja nicht jetzt."
Wie ist die Ausgangslage?
Sechs Spiele, sechs Siege - die WM-Qualifikation hat die Auswahl des DFB bisher vor keine allzu große Probleme gestellt. Auf dass das so bleibe, hat der Bundestrainer 17 eben jener Konföderationenpokalgewinner eingeladen - und einige aus dem Establishment, die sich im Sommer ausruhen durften. Es lebe der Konkurrenzkampf. Mesut Özil, Toni Kroos, Thomas Müller und Mats Hummels werden heute Abend im Prager Stadion Eden in der Startelf stehen, das kündigte Löw gestern in Prag an - und nannte auch noch Joshua Kimmich, Jonas Hector, Timo Werner und Torhüter Marc-André ter Stegen. Sami Khedira war auch eingeladen, blieb mit lädiertem Knie in Stuttgart und läuft dann eventuell am Montag gegen Norwegen auf. Serge Gnabry, der einzige U21-Europameister im Kader, ist schon wieder weg. Der Hoffenheimer hat sich am Sprunggelenk verletzt. Für Khedira gibt es gleich drei Kandidaten, die heute anstatt seiner neben Kroos auf der Doppel-Sechs spielen könnten: Sebastian Rudy, der seine Sache auf dieser Position in München ganz prima macht; der Schalker Leon Goretzka, der bei besagtem Confed Cup auftrumpfte; und Emre Can, der beim FC Liverpool sehr stark in die Saison gestartet ist - in Hoffenheim wissen sie das.
Wie ist die DFB-Elf drauf?
Tschechien: Vaclik/FC Basel (28 Jahre/15 Länderspiele) - Kaderabek/Hoffenheim (25/29), Suchy/FC Basel (29/32), Kalas/FC Fulham (24/7), Gebre Selassie/Werder Bremen (30/43) - Darida/Hertha BSC (27/45), Soucek/Slavia Prag (22/3) - Dockal/Henan Jianye (28/33), Husbauer/Slavia (27/10), Krejci/FC Bologna (25/35) - Krmencik/Viktoria Pilsen (24/6). - Trainer: Jarolim
Deutschland: ter Stegen/FC Barcelona (25 Jahre/14 Länderspiele) - Kimmich/FC Bayern (22/20), Rüdiger/FC Chelsea (24/17), Hummels/FC Bayern (28/57), Hector/1. FC Köln (27/33) - Kroos/Real Madrid (27/76), Rudy/FC Bayern (27/20) oder Goretzka/FC Schalke 04 (22/9) - Müller/FC Bayern (27/85), Özil/FC Arsenal (28/84), Draxler/Paris St. Germain (23/35) - Werner/RB Leipzig (21/6). - Trainer: Löw
Schiedsrichter: Sergej Karasew (Russland)
Apropos Konkurrenzkampf: Wer dabei ist, wissen wir. Interessant ist aber auch, wer fehlt: Kapitän Manuel Neuer und Jérôme Boateng zum Beispiel. Die beiden Münchner haben ihre bisher letzten Länderspiele am 11. Oktober beim 2:0 im WM-Qualifikationsduell gegen Nordirland in Hannover absolviert. Neuer hat nach seinem Fußbruch am Wochenende beim 2:0 des FC Bayern in Bremen wieder gespielt und war ein wenig knatschig, dass Löw ihn nicht nominiert hatte. Boateng trainiert nach seinen Problemen am Oberschenkel seit dieser Woche wieder. Dann ist da Mario Götze, der sich nach seiner Stoffwechselerkrankung in Dortmund gerade wieder zurückkämpft; Benedikt Höwedes, der just vom FC Schalke zu Juventus Turin gewechselt ist; Leroy Sané und Ilkay Gündogan von Manchester City sowie Shkodran Mustafi vom FC Arsenal; Dortmunds Julian Weigl, der nach seinem Sprunggelenkbruch wieder trainiert, die beiden Hoffenheimer Sandro Wagner und Kerem Demirbay sowie der Berliner Marvin Plattenhardt. Zum erweiterten Kreis derer, die noch hoffen dürfen, gehören auch der Leverkusener Jonathan Tah, André Schürrle vom BVB, Leipzigs Diego Demme und Max Kruse vom SV Werder Bremen. Hinzukommen einige der U21-Europameister: Jeremy Toljan, just aus Hoffenheim nach Dortmund gewechselt; Maximilian Philipp, im Sommer aus Freiburg zum BVB gekommen; Mahmoud Dahoud, Ex-Gladbacher und nun auch beim BVB; die Wolfsburger Yannick Gerhardt und Maxi Arnold, Schalkes Max Meyer sowie Berlins Mitchell Weiser. Das macht, wir zählen nochmal nach, 44 Spieler für 23 Plätze in der Reisegruppe für die Weltmeisterschaft. Löw goutiert es: "Zum einen haben wir sehr viele erfahrene Kräfte, die nach wie vor gewaltige Qualitäten haben. Zum anderen gibt es viele junge, hungrige Spieler, die unbedingt einen ganz großen Titel gewinnen wollen."
Was machen die Tschechen so?
Die Mannschaft von Trainer Karel Jarolim müsste eigentlich heute Abend voll auf Sieg spielen. In der Gruppe C stehen die Tschechen mit neun Punkten auf Platz drei - vier Punkte hinter Nordirland. Nun ist es so, dass sich die neun Gruppensieger für die WM qualifizieren. Die acht besten Zweiten spielen noch Playoffs mit Hin- und Rückspiel aus, die vier Sieger fahren ebenfalls nach Russland. Grund genug also für Tschechien, heute die DFB-Elf zu schlagen - zumal Nordirland heute zur gleichen Zeit beim Tabellenletzten in San Marino spielt. Wie aber der "Kicker" berichtet, könnten die Tschechen andere Pläne haben und sich eher drauf konzentrieren, am kommenden Montag in Belfast gegen Nordirland zu gewinnen - ganz einfach, weil sie sich gegen Deutschland keine Chance ausrechnen.
Und so wird spekuliert, dass Jarolim heute nicht seine stärkste Mannschaft spielen lässt. Mit dem Hoffenheimer Pavel Kaderabek, Borek Dockal und Ladislav Krejci von Sparta Prag sowie Thomas Soucek von Slavia sind vier Stammspieler von einer Gelbsperre bedroht. Und der Trainer sagt: "Wir müssen in Belfast gewinnen, aber das heißt nicht, dass wir gegen die Deutschen nicht mit maximalem Einsatz antreten. Doch der Sieg gegen Nordirland ist für uns enorm wichtig." Spielen wir das mal durch: Verliert Tschechien heute und gewinnen die Nordiren in San Marino, haben sie sieben Punkte Vorsprung; gewönne Tschechien dann tatsächlich in Belfast, wären es noch vier Zähler. Am 5. Oktober spielt Nordirland gegen Deutschland, Aserbaidschan gegen Tschechien. Und zum Abschluss am 8. Oktober tritt Nordirland in Norwegen an, Tschechien gegen San Marino. Sagen wir es so: No risk, no fun. Löw aber hält das für Quatsch. Tschechien stehe mit dem Rücken zur Wand: "Diese Mannschaft mit guten Fußballern wird alles abrufen, was machbar ist."
Quelle: ntv.de