So läuft der zehnte Spieltag FC Bayern therapiert sich, ohne zu gesunden
02.11.2018, 13:36 Uhr
Thomas Müller war nach dem Zittersieg des FC Bayern gegen Viertligist Rödinghausen im DFB-Pokal wütend über die Leistung der Münchner.
(Foto: imago/osnapix)
Der FC Bayern macht wieder das, was der FC Bayern normalerweise macht: er gewinnt. Das Zwischenhoch scheint allerdings endlich. Der BVB hat (k)ein Abwehrproblem und Leverkusen erfreut sich am Ketchup-Effekt.
Wie geht's dem FC Bayern?
Der FC Bayern wird am frühen Samstagabend, wenn an diesem zehnten Spieltag der Fußball-Bundesliga die Partie gegen den SC Freiburg (ab 15.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) vorbei ist, fünf Spiele in Folge, inklusive Champions League und DFB-Pokal, gewonnen haben. Das ist eine sehr schöne Nachricht für alle, die den Münchnern nahestehen und sich derzeit nur oberflächlich mit ihrem Lieblingsklub beschäftigen. Mehr geht ja nicht. Der Pragmatiker nickt zufrieden, der Ästhet schüttelt sich indes, beleidigt von der nüchternen Wahrheit der Zahlen. Die kaschiert nämlich, dass die faktisch einwandfreie Erfolgsgeschichte seit der faktisch fast einwandfreien Pressebeschimpfungskonferenz von Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic wenig würdevoll herausgespielt wurde.
Der Fußball des FC Bayern hat sich unter Trainer Niko Kovac endgültig vom Guardiola'schen Tiki-Taka-Getikitakere emanzipiert, ebenso vom Ancelotti'schen Laissez-faire und dem Heynckes'schen I-bin-hia-also-Mia-san-mia. Aus der Kraft der puren Überzeugung ist nach starkem Start in diese Saison eine zittrige Planlosigkeit geworden. Die durch den Spielplan begünstigte und per Wut-PK verabreichte Therapie zur Stärkung des Selbstbewusstseins schlägt kaum an. Zwar stimmten die Ergebnisse in den vier Ausflügen zum VfL Wolfsburg (3:1), zu AEK Athen (2:0), zum FSV Mainz 05 (2:1) und zum SV Rödinghausen (2:1) nach zuvor vier sieglosen Partien wieder. Doch Medien und Experten diagnostizierten dem Patienten einen sich stetig verschlechternden Gesundheits- und Leistungszustand, vor allem älteren Spielern wie Franck Ribéry und Arjen Robben. Ersten Anzeichen der Besserung folgte am Dienstag der nächste Kriseninfekt im Pokal. Auf das nach starken 25 Minuten plötzlich einsetzende Kollektiv-Gemurkse hatte niemand mehr eine Antwort. Dass der Gegner, ein Viertligist, in der Schlussphase nicht ins allerletzte Risiko ging, um das 1:2 aufzuholen, war für die Münchner noch die beste Nachricht. Sehr viel schlechter ist da schon, dass mit Thiago (Bänderriss) der Bayern-Spieler, der selbst bei schlechten Spielen als einer der besseren auffiel, mehrere Wochen ausfällt.
Und nun? Kommt halt der SC Freiburg. Also der Klub, der noch nie in München gewonnen hat; der im Pokal beim Zweitligisten Holstein Kiel ausgeschieden ist; und dem mit Nils Petersen der beste Angreifer fehlt. Für die Bayern ist es die vorletzte Chance, sich ein wenig Respekt zu verschaffen, bevor es am Samstag, 10. November, zum Tabellenführer nach Dortmund geht. Für viele ist das nicht nur das Highlight der Hinrunde, sondern gar der letzte Hammerschlag zur Normalisierung des FC Bayern. Vorher steht am Mittwoch noch das Rückspiel gegen Athen an. Immerhin sind Robben nach seiner Rückenblockade, Mats Hummels nach seinen neuromuskulären Beschwerden, James Rodríguez nach einer Erkältung und Jérôme Boateng nach einem Magen-Darm-Virus wieder fit. Und Robben sieht die nächste Chance "einen Schritt nach vorne machen und uns Selbstvertrauen zu holen." Tipp: 2:0.
Was macht der BVB?
Wenn der FC Bayern im DFB-Pokal gegen Rödinghausen geduselt hat, dann hat Borussia Dortmund gegen den 1. FC Union Berlin gesuperduselt. Marco Reus ersparte seinem Trainer Lucien Favre in der letzten Minute der Verlängerung Fragen nach zu viel Übermut bei seiner Maximalrotation. So steht der schwarzgelbe Fakt, in dieser Saison noch nicht verloren zu haben. Für Favre wird es an diesem Freitag bei einem "Mineralwasser ohne Gas" vielleicht ein schöner, aber nicht unbedingt entspannter 61. Geburtstag.
Vor der Partie beim VfL Wolfsburg am Samstagnachmittag muss er sich Gedanken um die Besetzung der Viererkette machen - oder auch nicht. Je nachdem ob Favre eher der "Glas-ist-halbvoll"- oder der "Glas-ist-halbleer"-Typ ist. Nach den Ausfällen von Abdou Diallo, der sich gegen Berlin verletzte, Marcel Schmelzer, Lukasz Piszczek und Manuel Akanji stellt sich die Defensive eigentlich von selbst auf: Raphael Guerreiro links, Dan-Axel Zagadou, Ömer Toprak in der Mitte und Achraf Hakimi rechts. Aber: Die Abwehr ist ja immer noch gut besetzt. Und der Angriff um die im Pokal teilgeschonten Marco Reus und Jadon Sancho und komplett geschonten Jacob Bruun Larsen und Paco Alcácer kommt mit ausgeruhter Wucht an den Mittellandkanal. Nur Mario Götze fehlt, er ist erkältet. Bruno Labbadia, der Trainer der Wolfsburger, gibt sich jedenfalls beeindruckt: "Ich habe mir ein Spiel von ihnen reingezogen, und es gibt schon Gründe, warum sie so weit vorne stehen. Sie sind der Maßstab in der Liga." Für den VfL gilt das trotz zwei Siegen nacheinander noch nicht. Tipp daher: 0:4.
Kann Markus Weinzierl den VfB helfen?
Guido Buchwald, Weltmeister von 1990, wünscht sich beim VfB Stuttgart neben Sportvorstand Michael Reschke mehr Sachverstand. "Mir wäre eine breitere sportliche Kompetenz im Verein für die Zukunft sehr wichtig. Es ist immer schwierig, wenn alles an einer Person festgemacht wird", sagte das Aufsichtsrats-Mitglied des VfB bei Sport 1. Über Markus Weinzierl sprach Buchwald in diesem Kontext ausdrücklich nicht. Warum wir das erwähnen: Nun, Weinzierl hat die Mannschaft als neuer Trainer bisher durch zwei Spieltage begleitet und dabei zwei 0:4-Klatschen kassiert. Dass sich das bald ändert, davon ist Buchwald überzeugt, weil:
- (1) "Er hat eine sehr gute Ansprache."
- (2) "Er versucht eine andere Spielkultur reinzubringen und offensiver spielen zu lassen."
Fruchten soll oder muss das nun gegen Eintracht Frankfurt an diesem Freitag (ab 20.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de). Wieder so eine Mannschaft, die ihre offensive Wucht - Ausnahme war der vergangene Spieltag in Nürnberg (1:1) - ähnlich effektiv auf den Rasen bringt wie die beiden jüngsten Gegner der Stuttgarter, Dortmund und Hoffenheim. Vorgetragen wird der Eintracht-Furor von Ante Rebic, dem laut "Kicker" nach Anthony Yeboah notenbesten Stürmer in der Klubgeschichte, von Sébastien Haller, Frankfurts bestem Scorer und von Luka Jovic, dem nach Walter Bechtold und noch vor Bernd "Dr. Hammer" Nickel jüngsten Stürmer in der Geschichte der SGE, der 15 Tore erzielen hat. Stuttgart muss also den Laden dicht bekommen, klappt nicht, aber dennoch besser als zuletzt, Tipp: 0:2.
Und sonst noch so?
FC Schalke 04 - Hannover 96: Bei den Gelsenkirchenern läuft es bisher nicht rund. Vor allem, wenn es darum geht, ein Tor zu erzielen, haben sie ein großes Problem. Für eine professionelle Fußballmannschaft ist keine gute Grundlage. Fernsehexperte Dietmar Hamann hatte das nach dem 0:0 der Schalker in Leipzig am vergangenen Spieltag kritisiert und die Spielweise der Mannschaft von Trainer Domenico Tedesco als "unterirdisch und blamabel" bezeichnet. "Wenn du jeden zweiten Ball zum Gegner spielst, hat das nichts mit Fußball zu tun." Manager Christian Heidel sagte dazu nach dem 6:5 im Elfmeterschießen im DFB-Pokals beim 1. FC Köln dazu: "Ich weiß nicht, was mit Hamann im Studio los war. Er hat es nicht verstanden, deshalb sitzt er auch im Studio - und nicht auf der Trainerbank." Es sei so: "Alle, die versuchen, in Leipzig mitzuspielen, gehen unter. Die kriegen vier, fünf, sechs Dinger." Sagen wir es so: Gegen Hannover, dass mit einem Punkt weniger einen Platz hinter dem S04 auf Rang 16 der Tabelle steht, dürfte das kaum die richtige Taktik sein. Tipp: 1:0.
Bayer 04 Leverkusen - TSG Hoffenheim: Erst ein 6:2 beim SV Werder Bremen in der Liga, dann ein 5:0 im Pokal in Mönchengladbach; wohl selten hat sich eine Mannschaft so sehr für ihren Trainer ins Zeug gelegt wie die aus Leverkusen. "Der Bann scheint gebrochen", durfte Heiko Herrlich konstatieren. Die Wende erinnert an den oft zitierten Ketchup-Effekt: Erst kam lange nichts, dann alles auf einmal. "Elf Tore bei zwei heimstarken Mannschaften - tolle Truppe, tolle Moral", sagte Geschäftsführer Rudi Völler. Die Frage nach Herrlichs beruflicher Zukunft stellt sich erst einmal nicht. Die Hoffenheimer haben als Tabellenachter nur zwei Punkte mehr, im Pokal verloren sie mit 0:2 in Leipzig. "Wir müssen mehr Wert legen auf Dinge wie Mentalität, Aggressivität, Leidenschaft und Herz. Solche Sachen, das müssen wir auf den Platz bringen", forderte Spielmacher Kerem Demirbay. Tipp: 3:0.
FC Augsburg - 1. FC Nürnberg (alle Samstag, 15.30 Uhr): Beide Teams haben es unter der Woche ins Achtelfinale des DFB-Pokals geschafft, die Augsburger mit einem 3:2 nach Verlängerung gegen den 1. FSV Mainz, die Nürnberger mit einem 4:2 im Elfmeterschießen beim Drittligisten FC Hansa Rostock. In der Liga stehen die Gastgeber auf Platz neun drei Punkte besser da. Apropos besser: Zwölf Punkte, eine Tordifferenz von + 2: Der FCA war seit dem Erstliga-Aufstieg 2011 nach neun Spieltagen nie besser. Tipp: 2:0.
Hertha BSC - RB Leipzig (Samstag, 18.30 Uhr): Im Berliner Olympiastadion steigt tatsächlich so etwas wie ein Topspiel, zumindest im erweiterten Sinne. Jedenfalls trifft der Tabellensechste auf den punktgleichen Tabellenfünften. Der Sieger bleibt also oben dran. Herthas Trainer Pal Dardai sagte: "Wir sind uns nach der Analyse einig, dass wir eine Riesen-Chance auf den Sieg haben. Ich habe ein sehr gutes Gefühl! Wir werden etwas anders machen, das soll Leipzig am eigenen Leib spüren." Zuletzt hatte das nicht so gut funktioniert: Im Mai 2017 gab's ein 1:4, im Mai 2018 ein 2:6. Großes Thema nach der Prügelei einiger Berliner Fans am vergangenen Wochenende mit der Polizei in Dortmund ist aber die Reaktion des Vereins. Vorerst ist das "Einbringen von Bannern, Spruchbändern, Blockfahnen und Doppelhaltern" ins Stadion ab sofort untersagt. Tipp: Das könnte Ärger geben. Das Spiel geht 1:1 aus.
FSV Mainz 05 - SV Werder Bremen (Sonntag, 18 Uhr): Gegen Leverkusen gingen sie unter, im Pokal beim SC Weiche Flensburg 08 hielten die Bremer sich schadlos. Und nun? Trainer Florian Kohfeldt, der den Job seit ziemlich genau einem Jahr macht, sagte vor der Partie in Mainz: "Dort wollen wir nach dem Spiel 20 Punkte haben." Werder spielt also auf Sieg. Zur gleichen Zeit, ab 18 Uhr, wird in Dortmund das Achtelfinale des DFB-Pokals ausgelost. Angreifer Martin Harnik hat dafür einen Wunsch: "Am liebsten gegen den HSV - dann natürlich zu Hause." Tipp: 0:2.
Wer spielt das beste Phrasenschach?
"Es kam ein langer Ball nach dem anderen geflogen. Was willst du da machen? Die mit dem Luftgewehr herunterschießen, dass der Ball irgendwann mal tot herunterfällt? Das finde ich schon bei Wildgänsen nicht gut. Und im Fußball macht das wenig Sinn." Das sagte Leipzigs Trainer Ralf Rangnick über die Taktik des FC Schalke 04 beim 0:0 am vergangenen Spieltag.
Quelle: ntv.de