Fußball

6 Dinge, gelernt am 21. Spieltag Müller gurkt, HSV platt, BVB giftet

"Das geht einem zu schnell zwischen Gurkenspieler und Weltklassespieler." Sagt Thomas Müller, hier mit dem Kollegen Mario Götze.

"Das geht einem zu schnell zwischen Gurkenspieler und Weltklassespieler." Sagt Thomas Müller, hier mit dem Kollegen Mario Götze.

(Foto: dpa)

Während sie sich beim FC Bayern für die Königsklasse einschießen, wähnt sich der BVB im Paradies und hadert dennoch. Der HSV fühlt sich überrollt, beim 1. FC Köln übernehmen die Idioten. Und Wolfsburg greift an.

1. Der FC Bayern kann, wenn er will

Das gewinnen die Münchner an diesem 21. Spieltag mit sage und schreibe ACHTZUNULL gegen den Hamburger SV - und Thomas Müller denkt an die Cucumis savitus aus der Familie der Kürbisgewächse. Oder anders ausgedrückt: Der Angreifer des FC Bayern mochte partout nicht allzu sehr gelobt werden. "In den ersten drei Spielen wurden wir ein wenig hinterfragt. Jetzt will ich nicht, dass wir hochgejubelt werden. Das geht einem zu schnell zwischen Gurkenspieler und Weltklassespieler." Dabei hatte nach dem etwas beschwerlichen Start in die Rückrunde der Bundesliga niemand daran gezweifelt, dass sie beim FC Bayern Fußball spielen können. Nur waren eben nach dem 1:4 in Wolfsburg, dem 1:1 gegen Schalke und dem 2:0 in Stuttgart Stimmen laut geworden, die davon sprachen, der Code des Trainers Josep Guardiola sei entschlüsselt. Das war eh eine etwas gewagte These, bis Hamburg jedenfalls hat sich nicht herumgesprochen, wie diesen Bayern beizukommen ist.

Brillant in der Zentrale: David Alaba.

Brillant in der Zentrale: David Alaba.

(Foto: dpa)

Die Münchner machten, was sie wollten - weil sie es konnten. Was auch, abgesehen von der erschreckenden Schwäche des HSV, daran gelegen haben mag, dass Arjen Robben wieder einmal überragte und sie einige Rückkehrer in ihren Reihen begrüßen konnten. Der deutsche Nationalspieler Holger Badstuber bestritt nach einem Muskelsehnenriss im Oberschenkel sein erstes Bundesligaspiel seit dem 12. September vergangenen Jahres und konnte das in der Innenverteidigung in aller Ruhe tun. Der Brasilianer Rafinha bekleidete nach überstandener Außenbandverletzung im Sprunggelenk wieder die Planstelle als rechter Außenverteidiger und der Österreicher David Alaba, auch erst seit Januar wieder dabei, ersetzte Xabi Alonso, den Muskelprobleme plagen, in der Mittelfeldzentrale vor der Abwehr. Lief alles wie am Schnürchen. Oder wie Guardiola konstatierte: "Ich bin zufrieden, dass unsere Spielweise zurück ist. Natürlich ist unsere Stimmung jetzt besser als vorher." Aber Gemüseexperte Müller hat mit seinen mahnenden Worten schon recht: Wo der FC Bayern wirklich steht, erfährt er erst am Dienstag. Dann steht (ab 20.45 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) in Lemberg das erste Achtelfinale gegen Schachtjor Donezk an. Und nicht nur Müller weiß: "In der Champions League ist es nicht so, dass der Gegner irgendwann aufsteckt."

2. Wolfsburg greift an - mit Bas Dost

Im Zug nach Leverkusen zeigte Bas Dost noch einmal seine schwache Seite: beim harten mannschaftsinternen Konkurrenzkampf. Weil die Bahn auf dem Weg zum Rhein einen Waggon zu wenig angehängt hatte, musste Wolfsburgs niederländischer Stürmer im Gang sitzen. Den Kampf um die freien Plätze überließ er anderen. So kannten sie ihn beim VfL in den vergangenen zweieinhalb Jahren nur allzu oft im Training. Doch kaum hat sich der Tabellen-Zweite in der Winterpause von Routinier und Sturmstammhalter Ivica Olic getrennt, dreht Dost richtig auf. Der Niederländer ist in der Rückrunde einfach nur unfassbar gut drauf. Sieben Tore in vier Spielen. Das hat Gerd-Müller-Qualitäten. In Leverkusen knipste der 25-Jährige beim 5:4-Sieg gleich vier Mal und hat auf alles, was die Bayer-Offensive anbietet, eine passende Antwort. So stark war Wolfsburgs Nummer 12 noch nie.

Konkurrenzlos: Bas Dost.

Konkurrenzlos: Bas Dost.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Endlich spürt er das uneingeschränkte Vertrauen der Trainer und keinen starken Druck von möglichen Konkurrenten in der Sturmspitze. Denn da gibt's eigentlich keinen. Außer dem dänischen Skandalprofi Nicklas Bendtner. Doch dessen Formkurve zeigt seit Jahren stetig nach unten. Dost aber, der beim VfL immer mal wieder als Abgang gehandelt wurde, genießt die neue Situation und bekennt: "Ich hab' gezeigt, dass ich doch gut genug für Wolfsburg bin." Bleibt noch die Frage, ob Wolfsburg gut genug für den FC Bayern ist. Ja, sagte Kevin De Bruyne beim Bezahlsender Sky. Der belgische Nationalspieler formulierte da etwas, was glatt als Kampfansage an den Branchenprimus durchgeht: "Im Moment sind wir Zweiter, aber ich will trotzdem Erster werden. Auch wenn die Bayern acht Punkte Vorsprung haben." Er sei nicht beim VfL, "um den FC Bayern Titel gewinnen zu lassen". Unterstützung bekam er von seinem Trainer Dieter Hecking: "Ich glaube nicht, dass der Titel auf Dauer immer automatisch an den FC Bayern München vergeben wird. Im Moment ist es noch so, auch weil sie sich in den letzten zwei Jahren hervorragend entwickelt haben. Das haben wir zu akzeptieren. Das heißt aber nicht, dass wir uns zufriedengeben, immer hinterherzulaufen." Nun ja: Wenn der Kollege Dost so weitermacht, wie er in Leverkusen aufgehört hat, könnte das glatt klappen.

3. Der HSV ist ein hoffnungsloser Fall

Den Hamburger SV zeichnet ja immer noch aus, dass er als einziger Klub in der mittlerweile 52 Jahre währenden Geschichte der Bundesliga stets mit von der Partie war. Doch wie schon in der Spielzeit zuvor drängt sich die Frage auf, ob diese Saison dann nicht doch erstmals mit dem Abstieg enden könnte. Nach der, falls es dieses Wort überhaupt gibt, Kanterniederlage in München, der höchsten in 1751 Bundesligaspielen, kann die Antwort nur lauten: Das sieht ganz so aus. Das schwant offensichtlich auch Sportdirektor Peter Knäbel: "Die psychische Instabilität der Mannschaft ist wahnsinnig groß." Die fußballerische allerdings auch. "Wir hatten ein zartes Pflänzchen, über das jetzt ein Bulldozer gefahren ist."

Historisches Debakel: Joe Zinnbauer.

Historisches Debakel: Joe Zinnbauer.

(Foto: AP)

Trainer Joe Zinnbauer und sein Team waren grandios mit ihrem naiv anmutenden Vorhaben gescheitert, dem FC Bayern mutig, sprich offensiv mit zwei Angreifern und nur einem Sechser als Absicherung vor der Abwehr, entgegenzutreten. Heraus kam dabei ein historisches Debakel, von dem Zinnbauer sagte, dass er es sein "Lebtag nicht vergessen wird". Dietmar Beiersdorfer, der Vorstandsvorsitzende des HSV gab zu Protokoll: "Jeder Spieler, jeder Offizielle vom HSV weiß, dass das ein Tag war, der beschämend ist. Auch wenn Bayern München nicht unser Gradmesser ist, dürfen solche Sachen nicht passieren." Was bleibt, sind Parolen, die klingen, als pfeife da jemand im Wald, um die bösen Geister zu vertreiben. Und so beschwor Beiersdorfer seine Mannschaft vor dem Heimpartie am kommenden Samstag gegen den Tabellendritten aus Mönchengladbach: "Wir dürfen nicht stehenbleiben, wir müssen weitergehen, wir müssen uns wieder aufbauen für das nächste Spiel." Und: "Wir müssen zusammenstehen. Wir haben gesagt, dass es ein schwieriger Weg ist. Unsere Pflicht und unsere Aufgabe ist es jetzt, die Nerven zu behalten wie auch in anderen schwierigen Situationen bisher und zu versuchen, die Mannschaft wieder einzustellen auf das nächste Spiel." Klingt nicht gut. Ob das im Abstiegskampf hilft?

4. Starker Effzeh trotzt Kölner Idioten

Es sind Bilder, die weit über diesen 21. Spieltag hinaus im Kopf bleiben werden. Mehr als 30 Anhänger des 1. FC Köln drängen nach dem Derby-Schlusspfiff auf den Rasen des Borussia-Parks in Mönchengladbach. Verhüllt in weißen Maleranzügen und vermummt hinter rot-weißen Masken betritt das Rudel das Feld. Sie gehen betont lässig, provozierend, arrogant, flüchten erst, als ihnen Hunderte Polizisten den Rückweg in den Block versperren. Dabei kommt es zu Jagdszenen und Handgreiflichkeiten mit Ordnern und Polizisten. Der Auftritt der 30 Maskierten ist der negative Höhepunkt des beschämenden Verhaltens einer Handvoll FC-Anhänger in über 90 Derby-Minuten. Immer wieder Pyrotechnik und schließlich der Platzsturm.

Starke Worte: Jörg Schmadtke.

Starke Worte: Jörg Schmadtke.

(Foto: imago/Eibner)

Oft genug werden solche Ausraster viel zu harmlos bestraft. Doch der Verein, der durch ähnliche Vorfälle seiner Fans vorbelastet ist, hat es nun offenbar endgültig satt, für das Fehlverhalten einiger Aggressoren immer wieder Strafen zahlen zu müssen. Denn beim Aufarbeiten der Krawalle gehen die Kölner nun ganz neue Wege. "Der FC wertet derzeit Fotos aus Mönchengladbach aus, um die Verantwortlichen für die Vorfälle ermitteln zu können." So heißt es auf der Vereinshomepage. Dort werden Bilder aus dem Fan-Block und vom Platzsturm gezeigt. Die Kölner Verantwortlichen setzen ein klares Zeichen: Wir sind nicht mehr bereit, Personen, die gegen Stadionordnungen oder sogar Gesetze verstoßen, zu verteidigen. FC-Manager Jörg Schmadtke verurteilt aber nicht nur die etwa 30 Platzstürmer. Er erklärte dem "Express": "Es waren fast 100 Leute in Maleranzügen. Und wer diesen weißen Anzug anhat und anlässt, der ist für mich Mittäter. Punkt." Starke Worte, denen der FC direkt Taten folgen ließ. Der Verein entzog der Ultra-Gruppe "Boyz" den Status eines Fanclubs, sprach gegen die Mitglieder Stadionverbote aus und kündigte den Entzug der Dauerkarten an.

5. In Dortmund hadern sie mit den Bayern

Zwei Siege in den jüngsten zwei Spielen - und schon ist der BVB mitten im Paradies. Oder zumindest in der Region der Tabelle, die Trainer Jürgen Klopp jüngst als solches bezeichnet hatte, um die gesunkenen Ansprüche ergo den Realitätssinn der Dortmunder zu demonstrieren. Will heißen: Nach dem 4:2 gegen den FSV Mainz stehen die Kloppschen Eleven nicht mehr auf einem Abstiegsplatz - allerdings immer noch hinter dem SC Paderborn. Aber es geht aufwärts, das ist mehr, als die Dortmunder zuletzt von sich behaupten konnten. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke allerdings ist weit davon entfernt, seinen Gemütszustand als paradiesisch zu umschreiben. Er hadert noch mit der Vergangenheit. Und mit dem FC Bayern, den zu jagen der BVB ja eigentlich in diese Saison gestartet war. Die Münchner seien nämlich nicht ganz unschuldig an der Dortmunder Misere, sagte Watzke dem Fachmagazin für Ursachenforschung "Kicker". Nach den beiden Meisterschaften 2011 und 2012 hätten es die Bayern mit der Angst bekommen. "Wir sind auch deshalb für die Bayern eine massive Bedrohung geworden, weil wir die höchsten Sympathiewerte haben. Wir polarisieren nicht so stark." Nicht zuletzt deshalb habe der FC Bayern dem BVB "die Herzstücke Götze und Lewandowski herausgerissen, und es waren nicht die einzigen Spieler, denen sie Avancen gemacht haben". Der FC Bayern habe die erfolgreiche Dortmunder Mannschaft von 2012 "zerstören" wollen, sagte Watzke. Sagen wir es so: Momentan haben die Münchner 30 Punkte Vorsprung.

6. Trainerentlassungen bringen es - oder auch nicht.

Trainer weg, alles gut? Diese Frage ist mindestens so alt wie die Bundesliga. Und immer wieder liefert sie neue Antworten. Was die Suche nach der Wahrheitsfindung erschwert, ist der Umstand, dass sie sich widersprechen. Fazit: Die einen sagen so, die anderen so. In Bremen zum Beispiel. Seit Viktor Skripnik den erfolglosen Robin Dutt abgelöst hat, geht es mit dem SV Werder aufwärts. Das 3:2 gegen den FC Augsburg war der fünfte Sieg hintereinander und beim Tabellenachten sprechen sie nun vom Europapokal anstatt vom Kampf gegen den Abstieg.

Nur Skripnik selbst versucht noch, der Euphorie an der Weser entgegenzutreten: "Auch mit jetzt 29 Punkten dürfen wir uns nicht zurücklehnen. Ich glaube an meine Mannschaft, aber wir sind nicht im Himmel. Schließlich kommen in den nächsten vier Wochen sehr starke Gegner wie Schalke, Wolfsburg und die Bayern auf uns zu." Ganz anders stellt sich die Lage bei der Berliner Hertha dar. Nach der Entlassung von Jos Luhukay hatte Pal Dardai zwar zum Einstand gleich einen Sieg beim FSV Mainz gefeiert. Doch was folgte, war am Sonntag ein - abgesehen vom herrlichen Wetter - in jeder Hinsicht trostloser Fußballnachmittag im halbleeren Olympiastadion beim 0:2 gegen den SC Freiburg. Fortschritte bei den Berlinern konnte selbst der geneigteste Beobachter nicht erkennen. Noch schlechter läuft es nur beim VfB Stuttgart. Dort hatte Armin Veh das Handtuch geworfen, Huub Stevens übernahm, wieder einmal. Und was hat's gebracht? Nun ja: Nach der Niederlage in Sinsheim steht der VfB auf dem letzten Tabellenplatz - noch einen Rang hinter der Hertha. Und Stevens antwortete auf die Frage, ob er ratlos sei: "Ja, kann man sagen, ja."

Quelle: ntv.de

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