Die Lehren des 12. Spieltags Nie war Robert Lewandowski wichtiger
17.12.2020, 08:57 Uhr
Wach und voller Tatendrang: Lewandowski.
(Foto: dpa)
Was Superstars im Fußball ausmacht? Sie sind hellwach, wenn alle müde sind. So wie Robert Lewandowski. Sogar noch ein Tor mehr als der Pole schießt an diesem 12. Spieltag der Bundesliga Lars Stindl. Über den Gladbacher wird aber weniger gesprochen.
Der FC Bayern ist müde - nur einer ist hellwach
Der FC Bayern ist müde. Nicht erst gegen den VfL Wolfsburg wurde das deutlich, den Münchnern täte eine Winterpause gut, die in der Saison leider ausfallen muss. Weil ein Spielerbündnis um Mats Hummels, Sven Bender, Andreas Luthe und Almuth Schult zwar auf die große Belastung hinweist, aber keinen Einfluss darauf hat, diese zu senken. Beim Rekordmeister äußert sich diese Müdigkeit in Rückständen, gegen Bremen, Stuttgart, Leipzig, Union und nun auch gegen Wolfsburg. Der FC Bayern kassiert fünfmal in Folge das 0:1. Mit 18 Gegentoren in zwölf Spielen stellt der Triple-Sieger die schwächste Abwehr der aktuellen Top Sechs der Bundesliga. Dass es auch im letzten Heimspiel 2020 keine Niederlage gab und die Münchner erstmals seit 1981 ein komplettes Kalenderjahr zu Hause ungeschlagen blieben, war dem Mann zu verdanken, der anschließend ganz nüchtern seinen Arbeitstag mit "zwei Tore, drei Punkte" zusammenfasste: Robert Lewandowski.
Der Angreifer sorgte in der Galerie der Torschützenkönige für eine ähnliche Tristesse wie der FC Bayern in der Meisterliste, weil er einfach mit Abstand der Beste und Konstanteste ist. 15 Treffer hat er bislang erzielt und schickt sich an, seine im Vorjahr aufgestellte Bestmarke von 34 Saisontoren noch einmal zu verbessern. Mehr gelangen nur dem einzig wahren Gerd Müller, was zeigt, auf welchem Level Lewandowski sich bewegt. Momentan ist der 32-Jährige, so merkwürdig das klingt, noch wichtiger für den FC Bayern als ohnehin schon. Denn weil er trotz der Schwächephase seiner Mannschaft so regelmäßig trifft, gibt’s eben auch bei schwachen Leistungen wie gegen den VfL Wolfsburg drei Punkte. Und wenn der Torjäger heute auch noch Weltfußballer werden sollte, wäre ein weiterer Formanstieg nicht allzu verwunderlich.
Über Schalke geht ein Donnerwetter nieder
Mut- und ideenlos. Harmlos und sprachlos. Sieglos sowieso. Das ist der FC Schalke 04. Da hatte Trainer Manuel Baum vor dem Spiel gegen den SC Freiburg noch so positiv gewirkt, dass die grottenschlechte Serie seiner Schalker nun zu Ende geht, doch kurz nach Anpfiff war davon nichts zu spüren. Letztlich hält die Serie an, weil nach einer torlosen ersten Halbzeit Freiburgs Roland Sallai in der zweiten dann einen Doppelpack schnürte. 28 Bundesliga-Spiele ohne Sieg aber stehen nun zu Buche - noch drei fehlen auf den 55 Jahre alten Negativrekord von Tasmania Berlin, deren Geschichte allerdings etwas anders ist. Baum ist bedient: "Wir sind natürlich unfassbar enttäuscht, wir haben gegen Freiburger verloren, die auch nicht den besten Tag hatten. In der Offensive vor dem Tor waren wir einfach zu harmlos, wir haben so gut wie gar nichts zustande gebracht." Und er drohte schon mal ein Donnerwetter an: "Wir werden über dieses Spiel deutliche Worte verlieren müssen."
Am Samstag (15.30 Uhr im ntv.de-Liveticker) schon kann der Countdown des Grotten-Rekords auf Minus zwei weiterticken, dabei würden die Berliner doch so gern ihr Markenzeichen behalten. Dann nämlich, wenn Schalke Arminia Bielefeld empfängt. Der Aufsteiger hat selbst erst sieben Punkte gesammelt - aber schon zwei Siege geholt. Und das sind bekanntlich zwei mehr als der FC Schalke.
Womöglich ist Bayer derzeit die beste Fußball-Mannschaft Deutschlands
Es könnte natürlich auch nur einfaches Formhoch sein, ein Höhenflug, der Strapazen leicht wirken lässt. Was bedeuten würde, dass Bayer Leverkusen bei einer Niederlage einbrechen könnte, weil die Belastungen aus neun Spielen allein in den vier Wochen vor Weihnachten dann plötzlich spürbar sind. Und weil Trainer Peter Bosz sogar sagt, er werde "nicht versuchen, die Spieler zu bremsen", also sie weiter voll durchziehen lässt, statt früh im Spiel auf die metaphorische Bremse treten zu lassen.
Es könnte aber auch sein, dass Leverkusen momentan einfach die beste Fußball-Mannschaft Deutschlands ist. Die im Dezember alle fünf Spiele nicht nur gewonnen hat, sondern dabei mit 18:3 Toren auch maximal dominant auftrat. Als "andere Kragenweite" bezeichnete Kölns Coach Markus Gisdol die Werkself, die seinem Team im rheinischen Derby mit dem 4:0 eine deutliche Lektion erteilt hatte.
In der Liga startete Leverkusen verhalten, teilte an den ersten drei Spieltagen jeweils die Punkte, schien den Abgängen von Kai Havertz und Kevin Volland etwas Tribut zollen zu müssen. Seitdem? Acht Siege, ein Unentschieden und die Übernahme der Tabellenführung. Dabei eine beeindruckende Stabilität in den Leistungen, die Bosz-Elf tritt abgezockt ohne Ende auf. Und kann sich deshalb gegen den müden FC Bayern am Samstag (18.30 Uhr im ntv.de-Liveticker) zum Weihnachtsmeister krönen. Dafür braucht es die seit Wochen gezeigte "Topverfassung", die FC-Keeper Timo Horn attestierte - denn wenn die abgerufen wird, stellte der Kölner Schlussmann am eigenen Leib fest, dann "hast du keine Chance".
Flick und Klopp als Karriere-Vorbild?
Champions-League-Sieger, Deutscher Meister, DFB-Pokal-Sieger, Gewinner des europäischen Supercups, Gewinner des deutschen Supercups. Das alles ist Hansi Flick mit dem FC Bayern. Und das bekanntlich, obwohl er nur kurz einspringen sollte, als es mit Niko Kovac als Trainer nicht weiterging. Aus der Mini- wurde die Midi- und letztlich die Maxi-Lösung. Mit maximalem Erfolg. Dieser steile Aufstieg von Flick dient ganz und gar nicht als Schablone. Aber womöglich lässt sich eine Parallele ableiten. Nämlich zu Edin Terzic. Bei Borussia Dortmund hat er als Ex-Assistent von Lucien Favre dessen Cheftrainer-Amt übernommen. Er gewann gleich das erste Spiel in neuer Funktion gegen Werder Bremen (2:1) und machte die BVB-Bosse damit glücklich: "Er hat das in seiner neuen Rolle als Cheftrainer hervorragend gemacht und die Mannschaft toll eingestellt", schwärmte Michael Zorc.
Klar würden sie in Dortmund zu einem Flick nicht nein sagen, noch mehr aber träumen sie noch immer von einem neuen Jürgen Klopp. Aber auch da kann Terzic womöglich einspringen. Zumindest an der Seitenlinie sah das in Bremen so aus: emotional, hüpfend, schreiend. Genauer können Sie das hier nachlesen. Womöglich werden beim BVB gerade einige Träume wahr. Schon morgen (20.30 Uhr) muss der neue Guardiolakloppflick aber beim Überraschungsteam 1. FC Union bestehen - ein hartes Los für einen, der gerade ganz frisch durchstartet.
Der Spieler des Tages wird einfach übergangen
Lars Stindl ist Kapitän von Borussia Mönchengladbach. Er trägt das Fohlen-Trikot bereits seit fünf Jahren. Und ist auch als 32-Jähriger unverzichtbar. In 19 wettbewerbsübergreifenden Spielen dieser Saison schoss er bereits neun Tore, legte sechs weitere auf. Seine Sternstunde dieser Saison gelang ihm aber im Spiel gegen Eintracht Frankfurt. Nicht, weil er Gladbach in der 14. Minute mit einem sehenswerten Freistoß aus 25 Metern in Führung brachte. Sondern, weil er wach war, als die Eintracht nach 90 Minuten mit 3:1 führte. Wach und kompromisslos. In der 90. versenkte er einen Elfmeter, in der 95. traf er per Kopfball zum Remis. Das sei "schon etwas Besonderes" sagte Stindl nach dem Spiel. Mehr sogar: Für Stindl war der Dreierpack eine Premiere.
Und doch wurde seine Leistung nach dem Spiel nicht prominent genug gewürdigt. Weil sein Trainer Marco Rose im Blickpunkt steht. Der nach der Saison nicht mehr Stindls Coach sein könnte. Wenn er - die Gerüchteküche brodelt - zur anderen Borussia nach Dortmund wechselt. Es soll einen Vorvertrag geben. "Ich nehme die Aufgeregtheit deshalb so nicht wahr, weil ich mich wenig damit beschäftige", sagt der 44-Jährige. Da ist er offenbar der Einzige. Sportdirektor Max Eberl kündigte vorsorglich schon mal an, dass fünf Millionen Euro Ablöse für Rose nicht ausreichen werden.
Quelle: ntv.de