Der Ausputzer über Helden und Deppen Pep sieht super aus, Huub hat fertig!
26.05.2015, 14:23 Uhr![imago_sp_0525_10390023_19944917.jpg-preview2[1].jpg](https://www.n-tv.de/img/15166656-1483457891000/16-9/1136/imago-sp-0525-10390023-19944917.jpg)
Die 52. Saison der Fußball-Bundesliga ist so gut wie beendet. Zeit also, die Gewinner und die Verlierer dieser Spielzeit zu küren. In den Hauptrollen: Lederhosen, Angela Merkel und 169 Zentimeter Inkompetenz.
Da sage noch einer, die Dominanz des FC Bayern würde die Liga langweilig machen. Der Abstiegskampf spannend bis zum Abpfiff in Hannover, Schalke peinlich bis zuletzt, Jürgen Klopp standhaft bis die Tränen fließen: Da war doch einiges geboten in den letzten Wochen und das Pokalfinale und die Extrarunde für den HSV stehen noch an. Der "Ausputzer" ist mittlerweile ausgelaugt wie Bastian Schweinsteiger in Minute 119 des WM-Finals – doch mit letzter Kraft widmen wir uns noch den Gewinnern und den Verlierern dieser Saison.
Die Gewinner der Saison
Die Lederhosen
Was waren das für Zeiten: "Zieht den Bayern die Lederhosen aus!" lautete das Motto, wenn es nach München ging. Heute helfen die Gegner den Bayern in die Krachlederne, nicken anerkennend und säuseln: "Steht dir super, Pep." Wenn der Rekordmeister dann fertig ist mit dem Toreschießen, bedanken sie sich auch noch artig. Der hart umkämpfte erste Preis für Unterwürfigkeit geht in dieser Saison an den SC Paderborn. "Einfach nur geil" schwärmte Abwehrspieler Daniel Brückner nach dem 0:4 in München. Na gut, ein klein wenig ärgerte er sich schon - weil er so gern gegen den verletzten Franck Ribery gespielt hätte. Brückners Trainer André Breitenreiter bat Kollege Josep Guardiola gar um ein gemeinsames Foto: "Es ist eine Ehre, neben ihm sitzen zu dürfen." Kein Witz: Nach dem Spiel gingen die Paderborner auf die Wiesn, der FC Bayern hatte seinen netten Gästen einen Platz in einem Sponsoren-Zelt besorgt.
RB Leipzig

Dietrich Mateschitz' Brausebullen aus Leipzig spielen sportlich zwar noch nicht Bundesliga, finanziell halten sie bei den Großen aber mit.
(Foto: dpa)
Ja, auch wir haben mitbekommen, dass der ambitionierte Vorzeigeverein in spe von Red-Bull-Zampano Dietrich Mateschitz den Aufstieg verpasst hat. Aber auch von der Zweiten Liga aus mischen die Brausebullen mit im großen Geschäft – und kaufen dem Europapokal-Aspiranten SV Werder Bremen mal eben die große Sturmhoffnung Davie Selke weg. Das 35 Millionen Euro teure Nachwuchszentrum in Leipzig füllt sich unterdessen mehr sicher als langsam mit Talenten aus der ganzen Republik, die RB bei den arrivierten Vereinen abwirbt. Um es mit der Band "Die Ärzte" zu sagen: "Sie ahnten ja nicht, was ihnen bevorstand."
Arjen Robben
Champions-League-Siegtreffer hin, konstant starke letzte Saison her: Arjen Robben war noch nie so gut wie in dieser Spielzeit. Zahlen gefällig? 17 Tore und 7 Vorlagen verzeichnete der Niederländer in gerade einmal 21 Liga-Spielen. Doch gerade als der 31-Jährige sich für die Hauptrolle in "Der seltsame Fall des Benjamin Button" aufzudrängen schien, schlug das böse alte Verletzungspech im DFB-Pokal-Halbfinale wieder zu. Zwei Saisonziele des FC Bayern waren dahin und der Titel für den besten Spieler der Saison geht dann doch nach Wolfsburg – an Kevin de Bruyne, mit 20 Vorlagen neuer Bundesliga-Rekordhalter.
Haris Seferovic
In den überdrehten Zeiten von Batman und Robin ist der wertkonservative Fußball-Fan schon froh, wenn Torschützen einfach nur ein Herzchen formen und nicht noch im Kostüm ihre besten Szenen aus dem Schauspielunterricht vorführen. Haris Seferovic von Eintracht Frankfurt nutzte seinen Treffer gegen den BVB zu einer bemerkenswerten Botschaft: Er zog sein Trikot hoch und zeigte sein T-Shirt mit der Aufschrift "Tugçe = Zivilcourage". Die Geste des Saison - zu Ehren der 23-jährigen Studentin, die in Offenbach zu Tode geprügelt wurde, weil sie einen Streit schlichten wollte. Sie war mutig", sagte Seferovic nach dem Spiel. "Und ich denke, alle sollten so mutig sein. Dann kann man was bewegen."Zur Ehrenrettung der Maskenmänner sei übrigens gesagt, dass auch hinter dem Spiderman-Jubel nicht immer nur übersteigerter Selbstdarstellungstrieb stecken muss, wie Änis Ben-Hatira bewies.
Der Fünf-Jahres-Plan
Aus der Masse der Vereine, von denen sich Schalke 04 und der HSV eine Scheibe abschneiden können, sticht Borussia Mönchengladbach heraus. Okay, den Fohlen fehlt ein steiler Projektname wie "HSV Plus – Aufstellen für Europa". Dafür haben sie einen Plan, Erfolg und den Trainer des Jahres, der seine Taktik in seinen fünf Spielzeiten bei der Borussia immer weiter verfeinert hat – und das auch durfte. Rückblende: In der Saison 2012/2013 verpassten Lucien Favre und sein Team nach Platz vier im Vorjahr den Europapokal. Mit Ansage, wichtige Spieler wie Marco Reus und Dante hatten den Verein verlassen. Die sportliche Führung mit Sportdirektor Max Eberl bewahrte die Ruhe, baute die Mannschaft behutsam um und erntet nun die Früchte der akribischen Arbeit. Die Champions League, sie ist das Ergebnis des besten Fünf-Jahres-Plans seit dem vom Genossen Ulbricht verkündeten … Oh, doch nicht. Seit immer.
Huub Stevens
Wenn Sie wie der Kollege Peters gerne Ihren Feierabend damit verbringen, am PC oder der Konsole Nazis, Zombies oder Nazi-Zombies die Gliedmaßen neu zu sortieren, dann kennen Sie sicher den "God Mode": Wer diesen Schummel-Modus aktiviert, dem können weder radioaktive Köter noch dreiköpfige Drachen etwas anhaben, der muss sich um nichts Gedanken machen, der ist unsterblich. Ungefähr so fühlt sich Huub Stevens Leben gerade an. Die gesamte Saison über lieferte Stevens denkwürdige Pressekonferenzen und bizarre Interviews ab, im Saisonfinale verwandelte er sich dann in eine Art Klaus Kinski der Liga. Sein jetzt schon legendärer "Affen"-Ausraster war der Höhepunkt im Kuriositätenkabinett, das nun vorerst geschlossen hat. Wir sagen: Tot ziens, Huub. Bis zum nächsten Mal.
Tim Wiese
Andere Ex-Bundesligaspieler sitzen in Einheitsanzügen in TV-Studios und reden über Marco Reus' Führerschein. Tim Wiese fährt mit dem Lambo ins Fitness-Studio und wird bald Wrestling-Star.
Langer Hafer
Hoch und weit bringt Sicherheit, das dachte sich Gladbachs Christoph Kramer an diesem 9. November 2014 im Dortmunder Westfalenstadion – und drosch den Ball aus 44,5 Metern über den eigenen Torhüter Yann Sommer hinweg ins Tor. Während sich der Weltmeister zum Spezialisten für Blackouts mausert, traf Moritz Stoppelkamp von Aufsteiger Paderborn am 4. Spieltag aus sagenhaften 82,3 Metern ins richtige Tor. Am meisten wunderte sich der Torschütze selbst über seinen Bundesliga-Rekord: "Ich wusste gar nicht, dass ich so weit schießen kann."
Angela Merkel
Die Kanzlerin ist Ehrenmitglied bei Energie Cottbus, das ist bekannt. Die dümpeln aber in der Dritten Liga herum, also steht die Frage im Raum: Für welchen Verein führt Angela Merkel ihren patentierten Jubel mit den hochgezogenen Schultern auf? Wir hätten einen Verdacht oder eher zwei: für Augsburg und den 1. FC Köln. Die Fuggerstädter wirtschaften mit einem schmalen Budget gut genug für Europa. Und beim FC stand neun Mal in dieser Saison die schwarze Null auf beiden Seiten, das ist Bundesliga-Rekord. Der Kölschenaccio war nicht schön anzusehen, aber laut Trainer Peter Stöger eben alternativlos für den limitierten Aufsteiger. Die Realpolitik triumphiert also auch in der jecken Domstadt. Man hätte es ahnen können: Zehn Jahre Angela Merkel, das geht auch an der Bundesliga nicht spurlos vorbei. Die grauen Mäuse, sie spielen übrigens nicht nur so, wie Angela Merkel Politik macht, sie reden manchmal auch so. Was ist das Geheimnis des Augsburger Erfolgs, Tobias Werner? "Wir sind euphorisch-bodenständig."
Die Verlierer der Saison
Horst Heldt
Man muss sich in all dem Chaos der letzten Tage und Wochen noch einmal vor Augen führen, was für Möglichkeiten der FC Schalke 04 eigentlich hat: In seinem Kader stehen zwei Weltmeister, ein ehemaliger Torschützenkönig, etliche Millionentransfers, dazu Talente aus der hochgelobten Knappenschmiede. Man muss sich auch an ein Spiel vor gerade einmal 77 Tagen erinnern, als dieser FC Schalke allen Ernstes Titelverteidiger Real Madrid mit 4:3 bezwang und beinah aus der Champions League schmiss. Der Rest war Dunkelheit. Zehn Punkte holte S04 aus den verbleibenden zehn Bundesliga-Partien. Trainer Roberto di Matteo musste gehen, doch die Kritik der Experten und die Wut der Fans richtet sich noch gegen einen anderen: gegen Sportdirektor Horst Heldt, dem die Anhänger mittlerweile die Transferkompetenz von Felix Magaths Teebeuteln nachsagen. Schwer zu glauben, dass Heldt den neuen Trainer suchen darf – er hat ja schon die letzten beiden zu verantworten. Gut möglich also, dass Schalke bald gleich zwei hohe Posten ausschreibt. Was machen eigentlich Stefan Effenberg und Oliver Kahn gerade?
Die Spannung
Die Hinserie von Borussia Dortmund entpuppte sich zügig als grundverkorkst, die Hoffnung auf das traditionelle Bayern-Tief nach einem großen Turnier machte sich schneller vom Acker als Armin Veh beim VfB Stuttgart – und die Bayern-Jäger wollten partout keine sein. Auf die neue Rolle angesprochen, grummelte Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking schon im Dezember: "Jedes Mal dieselbe Scheiße, jetzt lasst das Gerede mal." Die Meisterschaft de facto schon Weihnachten entschieden, der Abstiegskampf noch nicht richtig in Gang – lange Zeit regierte in der Liga die Langeweile. Gut, dass es Schalke und den HSV gibt.
Die Ernsthaftigkeit
An Gesprächsstoff mangelte es aber nicht – irgendwas ist ja immer. Die gute alte Medienregel lässt sich in dieser Saison besonders gut an Marco Reus beobachten: Erst tobte der Volkszorn gegen Marvin Bakalorz, der die Frechheit besaß, ein dummes Foul zu begehen, das Woodyinho wochenlang zum Nichtstun respektive Instagram pflegen verurteilte. Und dann wurde Reus selbst zum Buhmann – wer in der Nation der Autofahrer und Leserreporter jahrelang ohne Fleppen unterwegs ist, muss eben mit bitterbösen Reaktionen rechnen. Als der BVB-Star dann wieder spielen konnte, jubelte er mit Kollege Pierre-Emerick Aubameyang mit Batman-und-Robin-Masken. Das regte Kommentator Marcel Reif auf, was wiederum Jürgen Klopp aufregte, was dann Marcel Reif aufregte, weil erboste BVB-Fans ihn mit Bierbechern bewarfen. Oder so. Und mit ein wenig Abstand fragen wir uns: Ist das alles noch Fußball oder schon vertane Lebenszeit?
Mario Götze
Im Jahr 2000, als der ganz junge Mario Götze noch bei Eintracht Hombruch kickte, sangen Oasis: "Where did it all go wrong?" 15 Jahre später stellt sich genau diese Frage für den Helden von Rio. Dabei ging die Saison gut los, sieben Tore und zwei Vorlagen standen nach Spieltag 12 für Mario Götze zu Buche. Und danach? Zwei Tore beim 8:0 gegen den HSV am 21. Spieltag, das war's. In den K.O.-Spielen gegen Dortmund und Barcelona stand er nur 53 Minuten auf dem Feld – obwohl Robben und Ribery verletzt fehlten. Götze steht unter verschärfter Beobachtung: Sogar ein Smalltalk unter Freunden mit Barcelona-Torhüter Marc-André ter Stegen wurde so zum Aufreger. Verschwendet hier einer sein Talent?
50+1
Red Bull bekam die Lizenz der DFL, Dietmar Hopp die Mehrheit bei der TSG 1899 Hoffenheim, der BVB über 100 Millionen Euro von Großaktionären, und die Volkswagen-Sportabteilung mit dem FC Ingolstadt weiteren Zuwachs in der Bundesliga: Wie Moritz Küpper in einem klugen Kommentar für den Deutschlandfunk feststellte, ist 50+1 nur noch eine Schimäre.
Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt
Josep Guardiolas Verhältnis zur Medizin und zur Gesundheit seiner Spieler ist bedenklich, gerade für einen Mann mit seiner Dopingvergangenheit. "Ich möchte nur, dass meine Spieler möglichst schnell wieder zurückkehren", sagt er. "Wenn sie acht Wochen verletzt sind, am liebsten schon nach sieben Wochen. Das ist alles, was ich will." Nichts anderes als einen Wunderheiler will er also, und zwar einen, der rund um die Uhr an der Säbener Straße sitzt. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt tut das nicht, deswegen geraten die beiden Alphatiere immer wieder aneinander. Nach der Niederlage in Porto regt sich wieder Kritik an "Mull" – und der schmeißt plötzlich alles hin. Noch vor dem Rückspiel, mitten in der wichtigsten Phase der Saison. Schon unter Jürgen Klinsmann probte der Doc den Aufstand, damals erfolgreich. Gegen Guardiola aber kann er nur verlieren. Die Solidaritätsadressen bleiben aus, Müller-Wohlfahrt steht als eitler Pfau da, schlimmer noch: als Deserteur.
Die Kölner Maler-Innung
Man kann und muss immer wieder darauf hinweisen, dass die Debatte um die Sicherheit in den Stadien der Bundesliga völlig überhitzt geführt wird. Polizei und Politik hantieren mit völlig unbrauchbaren Zahlen. Angebliche Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fan-Szenen sind meist nichts anderes als Angriffe rechter Hooligans auf progressive Teile der Kurven. Ultras bekommen mittlerweile Preise vom DFB für ihre Arbeit. Man kann reden, reden, reden. Und dann laufen ein paar Knalltüten in Maleranzügen aus der Kölner Kurve auf den Gladbacher Rasen, und schon wird die Diskussion wieder um Jahre zurückgeworfen. Danke, ihr *******.
Quelle: ntv.de