So läuft der 12. Spieltag Schluss mit dem Swinger-Club-Fußball!
25.11.2016, 14:05 Uhr
Gute Laune in Rostow.
(Foto: dpa)
Beim FC Bayern steht das Wort Krise auf dem Index. Wenn's halt mal so blöd läuft wie gerade, ist das doch nur Sorglosigkeit. Die begleitet auch den BVB. Im Vergleich zu den Sorgen in Bremen und Hamburg sind das jedoch Kinkerlitzchen.
Was macht RB Leipzig?
Mit Traditionen zu brechen, das ist nicht einfach. Dass allerdings der Nicht-Traditionsklub RB Leipzig diesen Bruch verantwortet, ist eine ironische Pointe. Sei's drum. Die Sachsen sind seit einer Woche Tabellenführer der Fußball-Bundesliga und als diesem steht ihnen hier der Premium-Platz zu, der heißbegehrte n-tv.de-Spieltagsvorklappspitzenplatz. Wie lange, das haben die Leipziger selbst im Fuß. Zur Eröffnung der zwölften Runde treten sie am Abend bei Mitaufsteiger SC Freiburg an (ab 20.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de). Unsere steile These: Für Leipzig ist das die erste echte Reifeprüfung in dieser Saison. Denn eine absolute Top-Mannschaft - nehmen wir den FC Bayern unter Josep Guardiola - würde ein solches Spiel nicht verlieren. Ungeachtet dessen, dass der Sportclub bis auf eine 0:3-Niederlage am zehnten Spieltag gegen Wolfsburg auf eigenem Platz seit dem Aufstieg immer siegreich war und stets unangenehm zu bespielen ist.
Ganz Spitzenreiter geben sie in Leipzig daher nun auch nach und nach ihre Unterwürfigkeit gegenüber der Liga auf: "Wir sind vollgepumpt mit Selbstvertrauen", sagt Trainer Ralph Hasenhüttl, schiebt aber eiligst nach: "Wir laufen jetzt hier auch nicht den ganzen Tag jubelnd durch die Gegend und beweihräuchern uns selbst." Das müssen sie auch gar nicht, denn das erledigt ja bereits die Konkurrenz. So sagt sein Freiburger Kollege Christian Streich: "Sie setzen ihre unendlichen Möglichkeiten sehr gut ein, haben die richtigen Spieler geholt und spielen klasse Fußball. Fußballerisch ist das eine totale Bereicherung." Und traditionsbrecherisch auch.
Was ist denn bloß mit Bayern los?
Die Münchner spielen nicht nur eine für ihre Verhältnisse mäßige Saison, sie haben auch eine Horrorwoche hinter sich: Niederlage in Dortmund, Verlust der Tabellenspitze, Blamage in der Champions-League in Rostow inklusive öffentlicher Attacken gegen- und untereinander.Wird also dringend Zeit, dass der Papa durchgreift. Und ab heute Abend wird er das wohl auch wieder tun. Denn dann gilt beim FC Bayern: Er ist wieder da. Uli Hoeneß kehrt nach verbüßter Strafe wegen Steuerbetrugs in Millionenhöhe zurück als Präsident der Münchener. Als jener hat er in der Vergangenheit Feierbiest Louis van Gaal abgesägt und Josep Guardiola erklärt, dass guter und erfolgreicher Fußball auch mit einem Mittelstürmer funktionieren kann. Und vermutlich wird er nun auch Carlo Ancelotti beibringen, dass er zwar ein prima Kerl sei, er seine allzu sorglosen Männer aber dringend an die kurze Leine nehmen müsse. Die sehen sich selbst zwar noch nicht in einer Kri…, ach ne, das darf man als Angestellter des FC Bayern nicht aussprechen. Oder doch? Es kommt auf den Kontext an. So wie es Kapitän Philipp Lahm sagt, geht es demnach klar: "Krise ist zu viel gesagt. Aktuell sind wir ein bisschen sorglos, wir wissen nicht, dass der Gegner auch Tore machen kann und dass Fehler bestraft werden." Von diesen Fehlern "machen wir zu viele", und das "müssen wir so schnell wie möglich abstellen".
Gerne schon gegen Leverkusen, Gegner im Topspiel am Samstag (ab 18.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de), findet Klubboss Karl-Heinz Rummenigge: "Es nutzt nichts, jetzt groß Zirkus zu machen. Wir müssen es in den nächsten Spielen und speziell am Samstag besser machen." Dabei droht ja eigentlich kein Ungemach, zumindest keine nächste Pleite. Denn die Werkself tut sich äußerst schwer damit, einen Sieg einzufahren. Sie patzt ebenfalls viel zu oft. Da helfen selbst eigentlich souveräne Führungen gegen Leipzig (2:3) und ZSKA Moskau (1:1) nicht. Mittelfeldkämpfer Kevin Kampl ist das völlig wumpe, er glaubt an die Wende in München: "Die Bayern haben zuletzt verloren. Da wird es richtig krachen." Na dann, lasset die (Fehler)-Spiele beginnen.
Wie läuft's bei Borussia Dortmund?
Im Dortmunder Stadion, so schrieb die "Süddeutsche Zeitung", ging's am Dienstagabend zu, wie in einem Swinger-Club. Befreit von jeglichen Tabus duellierten sich der BVB und Legia Warschau in der Champions-League frei nach dem Motto: Alles kann, nichts muss - vor allem nicht verteidigen. In einem spektakulär-witzigen Spiel slapstickten die Schwarzgelben ihren Gegner mit einem historischen 8:4-Erfolg aus der heimischen Arena. Die Zuschauer fanden's prima, Trainer Thomas Tuchel "surreal" und Torwart Roman Weidenfeller "bescheiden". Dem Ersatzmann des verletzten Roman Bürki wurde die Hütte richtig vollgemacht, ohne dass er sich auch nur ansatzweise dagegen hätte wehren können. Weshalb sein Trainer sagte: "Roman hat mir leid getan. Wir müssen jetzt bis Samstag sicherstellen, dass Roman zu null spielen kann." Dann tritt die Borussia bei Eintracht Frankfurt an. Und die zeigt sich nach dem Beinahe-Abstieg in der vergangenen Saison sportlich kernsaniert. Mit 21 Punkten hat sie SGE bislang ebenso viele Punkte geholt wie der BVB. Ein Duell auf Augenhöhe? Nein, nein, sagt Trainer Niko Kovac: "Der BVB ist eine Liga über uns." Und schwärmt in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Gegner: "Dominant, schnell und balltechnisch ganz stark." Abschenken will er aber freilich nichts, zu gut schmeckt der Erfolg. Und zu gut ist die Erinnerung an die bisher letzte Partie. In der nervenaufreibenden Schlussphase der vergangenen Spielzeit gelang der Eintracht gegen die Borussia ein 1:0-Coup, der den Glauben an die Rettung endgültig entfachte, wie es in der "FAZ" heißt. Seitdem ist in Frankfurt viel Gutes passiert. Mit der neuen Euphorie und der "Unterstützung unserer Fans", sagt Kovac, sei es möglich "auch diesmal Paroli zu bieten".
Wo wird's brisant?
Im Norden - dort knallt's ja meist, wenn die beiden Rivalen aus Hamburg und Bremen (Samstag, ab 15.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de ) zum Duell bitten - im tiefsten Tabellenkeller. So richtig auf Touren wollen die Klubs nicht kommen, obwohl beide bereits ihren Trainer ausgetauscht haben. Doch weder Alexander Nouri, der in Bremen wenigstens wieder Leidenschaft geweckt hat, noch Markus Gisdol, der in Hamburg, ja was eigentlich? Ach egal … Jedenfalls stehen die beiden schon wieder heftig in der Kritik. Gisdol verkrümelte sich mit seinen Jungs in ein Kurzzeittrainingslager bei Hannover, um bloß nicht den "Kopf zum Nachdenken kommen zu lassen." Viel mehr gehe es ihm darum, einfach ein wenig zusammen zu sein. Das könne schon eine ganze Menge ausmachen. Gisdol ist jedenfalls entzückt: "Wir sehen sehr, sehr erfreulich Prozesse in unserer Mannschaft." Zum Beispiel die wiederentdeckte Lust seiner Spieler. Abwehrspieler Dennis Diekmeier freut sich auf das "geilste Spiel des Jahres" und Kollege Nicolai Müller weiß: "Ein Sieg im Derby kann ein Schlüsselmoment sein." Den wollen freilich auch die Bremer nutzen, allen voran Max Kruse, der laut einer "Bild"-Recherche früher in HSV-Bettwäsche geschlafen haben soll. Alles vergessen: "Wir müssen das Feuer überspringen lassen. Es geht darum, dass wir auf dem Platz den Rasen umpflügen müssen, um die Fans ins Boot zu holen." Sie sind sich im einig im Norden.
Wo wird's kuschelig?
Auf Schalke. Die Gelsenkirchener sind nach dem verbockten Saisonstart gar nicht mehr zu bremsen. Selbst vom Spitzenreiter der französischen Ligue 1. Und selbst dann nicht, wenn sie - entgegen aller Ankündigungen - nur eine sporadisch verstärkte B-Elf auf den Rasen schicken. Mit 2:0 also feudelten die Knappen den OGC Nizza am Donnerstagabend in der Europaliga aus der Arena. Damit ist eigentlich auch schon alles erzählt. Nizza spielte fürchterlich, was Trainer Lucien Favre gar nicht so sah, und Schalke souverän, aber langweilig. Was Trainer Markus Weinzierl ebenfalls ein klein wenig anders empfand. Sei's drum. Bleibt eigentlich nur die klitzekleine Sorge um Max Meyer und Nabil Bentaleb. Die beiden formstärksten Schalker mussten verletzungsbedingt ausgewechselt werden. Aber egal, ob sie am Sonntag spielen können, oder nicht: Gegen den SV Darmstadt sind die Gelsenkirchener haushoher Favorit. Und jetzt kommt neben dem sportlichen noch ein atmosphärischer Qualitätsunterschied hinzu. Denn während sich Trainer, Fans und Mannschaft der Königsblauen so richtig gern haben, sieht's rund ums Böllenfalltor ganz anders aus: Die Fans fordern den Rauswurf von Coach Norbert Meier und der soll sich parallel dazu noch mit Teilen der Mannschaft überworfen haben, wie der "Kicker" berichtete. Und sportlich läuft's halt auch nicht. Alles "kein Grund zur Panik", sagt Sportdirektor Holger Fach. Schließlich sei die Lösung doch ganz leicht: Man müsse der Mannschaft einfach nur wieder Mut machen, denn die Spieler hätten gerade halt "Angst, etwas zu verlieren." Was ja wiederum angesichts von Platz 15 auch gar nicht so abwegig ist.
Was ist sonst noch so los?
Der 1. FC Köln ist so erfolgreich wie seit Jahren nicht - und das laut Vize-Präsident Toni Schumacher völlig zu Recht, wie er dem "Kicker" erklärte: "Hingepfuscht haben wir uns nicht." Doch nicht jedem bekommt der Erfolg, Trainer Peter Stöger hat er gar krank gemacht. "Die 21 Punkte waren für meinen Körper zu viel, so dass er das nicht verkraftet hat." Am Samstag gegen Augsburg aber will der Österreicher wieder auf der Bank sitzen, wenn er das überhaupt muss. Denn die Schwaben wissen noch gar nicht, ob sie pünktlich und in voller Kaderstärke am Rhein ankommen, auch wenn sie noch bester Dinge sind: "Wir werden am Freitag mit 18 Mann nach Köln fliegen - sofern uns die Lufthansa keinen Strich durch die Rechnung macht", sagte Coach Dirk Schuster. Der Flug nach Köln sei bislang nicht abgesagt worden. Aber im Notfall würde man halt "auf etwas anderes umsteigen." Hauptsache pünktlich.
Umgestiegen sind sie zuletzt auch in Ingolstadt, auf einen neuen Trainer. Und prompt gewinnen sie - mit 1:0 in Darmstadt. Dass macht den Neuen, er heißt Maik Walpurgis, "unheimlich froh." Ein Gefühlszustand, den sie beim Gegner aus Wolfsburg gar nicht mehr kennen. Zwar haben auch sie seit ein paar Wochen einen neuen Coach, Valerien Ismael, doch sie kicken dennoch nicht besser. Und dann wabern ja noch Gerüchte über Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe herum - von 20 bis 30 Millionen Euro ist angesichts der VW-Krise die Rede. Was das bedeutet? "Man wird sehen müssen, welche Ziele Volkswagen hat: Fußball am Standort oder Bundesliga-Spitze?", sagte Manager Klaus Allofs. Angesichts von Platz 14 beantwortet die Mannschaft die Frage gerade selbst. Deswegen fordert Ismael: "Wir dürfen uns keine Ausrutscher mehr erlauben. Wir brauchen jetzt jeden Punkt." Wolfsburg kämpft tatsächlich um den Klassenerhalt - liest sich irgendwie immer noch komisch, oder? So, ein Spiel haben wir in diese Kategorie noch: Die nach wie vor starke Hertha empfängt Mainz zum Abschluss des Spieltags am frühen Sonntagabend. Und jetzt machen wir's kurz: Die 05er sind am Donnerstagabend aus der Europaliga, deren Gruppenphase sich die Hertha durch den K.o. in den Playoffs gleich geschenkt hatte. Was bedeutet? Nichts, aber mehr gibt es zu dieser Begegnung auch nicht zu sagen.
Der n-tv.de-Geheimtipp des Spieltags
Der steigt in Mönchengladbach. Dort trifft die Borussia auf Hoffenheim. Und die Fohlen blasen zum großen Halali in der Bundesliga - das 1:1 in der Champions League gegen Josep Guardiola und Manchester City soll die Wende einer bisher vergurkten Hinrunde einläuten. Aber bevor es losgeht, muss Manager Max Eberl noch was loswerden - in Richtung des eigenen Anhangs. Der zeigte sich nämlich während des Königsklassen-Duells uneinsichtig mit des Trainers Entscheidungen.
"Die, die da pfeifen, sind dumme Menschen. Weil sie gedacht haben, dass André Schubert defensiv spielen will. Und er den Punkt verteidigen will", sagte Eberl. Nach Gelb-Rot gegen Kapitän Lars Stindl hatte Schubert Abwehrspieler Jannik Vestergaard für den mit Gelb vorbelasteten Mittelfeldspieler Mahmoud Dahoud gebracht. Auch bei der Herausnahme von Torschütze Raffael gab es Unmut. Eberl wetterte weiter: "Ich habe die Leute damals gehört: Bitte, bitte, wir wollen einmal nach Europa. Jetzt waren es viermal, und jetzt ist es ein Automatismus? Das ist nicht realistisch. Deswegen sage ich: die Menschen, die hierher kommen, und erwarten, dass Borussia Mönchengladbach Manchester City vom Platz fegt, die sollen nach München fahren." So, genug Dampf abgelassen. Jetzt wieder Bundesliga. Und da soll es von Platz 13 nun flott nach oben gehen: "Wir haben das Potenzial, oben mitzuspielen", erklärt Abwehrspieler Nico Elvedi. Ausgeschöpft haben sie das indes bisher nicht. Ganz anders als die Hoffenheimer.
Die spielen prima und sind in der Julian-Nagelsmann-Tabelle noch immer Dritter hinter dem FC Bayern und dem BVB - im echten Tableau sieht's mit Rang fünf kaum schlechter aus. Die TSG ist neben RB Leipzig die einzig ungeschlagene Mannschaft der Liga. "Wir thematisieren das nicht bewusst. Es ist schön, aber es ist nicht so, dass wir in der Kabine eine Strichliste haben und immer weiter zählen. Wir probieren, dass es so bleibt", sagte Nagelsmann der "Bild"-Zeitung und outet sich als Fan der Gladbacher: "Mit Ball sind sie eine außergewöhnlich gute Mannschaft, auch wenn’s in der Bundesliga nicht so gut läuft. Sie sind brandgefährlich im Offensivspiel. Ich schaue mir die Mannschaft gerne an." Na, bitte! Nicht nur Geheim-, jetzt auch Insidertipp!
Quelle: ntv.de