Fußball

Eine seltsame Bundesliga-Saison Wenn schon der FC Bayern schwächelt ...

Klare Ansage an die Konkurrenz?

Klare Ansage an die Konkurrenz?

(Foto: Pool via REUTERS)

Der FC Bayern kann in dieser Saison zum zehnten Mal nacheinander deutscher Fußball-Meister werden. Er kann! Er muss aber nicht. Die Münchner wirken angreifbar wie lange nicht. Auch sonst ist vieles anders in der Bundesliga.

Neue Saison - aber alles so wie immer in der Fußball-Bundesliga in der Saison 2021/22? Mitnichten! Diese Spielzeit startet tatsächlich mit einer Skurrilität: Denn keiner der 18 Bundesliga-Trainer hat jemals die Meisterschale in den Händen gehalten. Sieben der Top acht Teams der vergangenen Spielzeit haben sogar den Trainer getauscht. So spannend, so unvorhersehbar war das Oberhaus lange nicht.

Klar, der FC Bayern München ist wieder der große Favorit auf den Meistertitel 2021/22. Aber sicher ist es nicht, dass der gerne eigenwillige Julian Nagelsmann, der auch in Leipzig eine Anlaufzeit benötigte, mit Team und Umfeld des Rekordmeisters direkt klarkommt. Die Chance für Borussia Dortmund? Auch hier muss Neu-Trainer Marco Rose erst mal mit dem hohen Erwartungsdruck des Champions-League-Dauerteilnehmers und der immer noch nachwirkenden Last des ehemaligen Coaches Jürgen Klopp umgehen lernen.

Bayerns neuer erster Verfolger, RB Leipzig, hat den Abgang des Erfolgstrainers Nagelsmann zu verkraften. Zwar muss sich der mitreißende Coach Jesse Marsch zunächst einmal in der Bundesliga beweisen, aber er könnte von den Neuerungen in München und Dortmund profitieren, schließlich kennt er das Konzept RB aus Salzburg. Während Mark van Bommel in Wolfsburg nach schwacher Vorbereitung und Pokal-Wechsel-Peinlichkeit (noch) nicht viel bewirken kann, scheint Adi Hütter die Spielleitung bei Borussia Mönchengladbach schon besser zu gelingen. Spannend wird auch, wie Eintracht Frankfurt mit Oliver Glasner den Abgang eben jenes Hütters und zusätzlich noch den von Fredi Bobic kompensiert. Letzterer zieht jetzt als Manager bei Hertha BSC die Fäden und schielt mit Alt-Neu-Coach Pal Dardai und Ruhe im Umfeld auch auf die vorderen Plätze.

Die großen Namen sind weg

Die Berliner haben tatsächlich einen großen Namen zurückgeholt. Womöglich ist es gar der spektakulärste Name dieser Transferperiode: Kevin-Prince Boateng kehrt heim. Der Fußballreisende spielt nun wieder bei seiner alten Liebe, seinem Heimatklub. Ein Anführer, dessen sportlicher Wert nach vielen Verletzungen mit einem ganz dicken Fragezeichen versehen ist. Fürs Gefühl der Hertha ist der Transfer aber schon jetzt Gold wert. Und groß waren zwischendurch die Träume in der Hauptstadt, dass auch sein Halbbruder Jérôme das blauweiße Trikot überstreift. Aber den Abwehrhünen zieht es nach seinem Aus beim FC Bayern wohl ins Ausland. Klar ist für ihn noch nix. Klar ist nur: Der FC Bayern hat ein (Abwehr)-Problem. Denn neben Boateng hat der Rekordmeister ja auch noch David Alaba in einem bizarren Vertragspoker verloren. Damit ist das Titel-Fundament der Flick-Jahre (Anmerk. d. Red.: Hansi Flick ist nun ja Bundestrainer) einfach zertrümmert worden.

Die Münchner haben Dayot Upamecano als Ersatz verpflichtet, er soll Stammkraft und womöglich auch Chef an der Seite von Lucas Hernández werden. Doch der Rekordmann des FC Bayern kämpft immer wieder mit kleinen und großen gesundheitlichen Problemen. Dass sich die Münchner auch unter dem Einfluss der Pandemie nicht am internationalen Aufrüsten beteiligen und eine angenehme Zurückhaltung an den Tag legen, kann aber auch ein böser Boomerang werden. Die Vorbereitung war mehr als ruckelig. In vier Tests gab es keinen Sieg und sehr viele Gegentore. Die drohen womöglich auch in der Bundesliga. Zum Start geht es gegen Mönchengladbach und der Angstgegner des FC Bayern hat prima Offensivkräfte um Alassane Plea, Marcus Thuram und Lars Stindl.

Die größten Gegner des Titelverteidigers sind aber andere. Die bekannten Konkurrenten sind RB Leipzig und die Borussia aus Dortmund. Leipzig hat mit André Silva aufgerüstet, der Klub hat sich einen Torjäger ins Team geholt und damit die größte Schwachstelle im Kader ausgebügelt. In der vergangenen Saison traf der Portugiese 28 Mal für die Eintracht aus Frankfurt. Aber auch RB muss Probleme in der Abwehr lösen. Ohne Upamecano und ohne Ibrahima Konaté fehlt den Sachsen reichlich Qualität in der letzten Kette. Aber anders als die Münchner hat RB doppelt nachgelegt. Die Talente Josko Gvardiol (knapp 19 Millionen Euro) und Mohamed Simakan (rund 15 Millionen Euro) wurden verpflichtet. Den am wenigsten großen Umbruch musste der BVB betreiben. Zwar haben die Dortmunder mit Jadon Sancho ihren vielleicht spektakulärsten Spieler verloren, aber sie haben mit Donyell Malen auch ein großes Talent verpflichtet. Der Niederländer ist ein ganz anderer Typ als der Engländer, aber mit seinem Tempo, seinem Auge für den Mitspieler aber auch seiner Abschlussstärke ist er vielleicht die perfekte Ergänzung für den unfassbaren Erling Haaland, der mit seiner Pokalshow gegen Wehen-Wiesbaden nun bei 60 Toren in 60 Spielen für den BVB steht ...

Worauf die Fans - ja, tatsächlich, es wird wieder voller in den Stadien - verzichten müssen: Ein paar Liga-Legenden haben sich verabschiedet. Die Bender-Brüder Lars und Sven (Bayer Leverkusen) kicken nun nur noch in der Kreisliga. Javi Martinez, das baskische Phänomen des FC Bayern, lässt es sich in Katar (finanziell) gut gehen und Łukasz Piszczek betreibt seinen Sport in der 3. polnischen Liga nur noch semiprofessionell. Weltmeister Sami Khedira (Hertha BSC) möchte mit dem Ball gar nichts mehr zu tun haben.

Die Zuschauer werden zum großen Thema

Aber zurück zu den Fans: Die Bilder von leeren Tribünen sollen endlich der Vergangenheit angehören. Denn neben ihren Gesängen und Anfeuerungen bringen die Fans den Profivereinen vor allem eines mit ins Stadion: Geld. Borussia Dortmund etwa wies jüngst in der Bilanz aus, dass sich die Saisoneinnahmen aus dem Ticketing vor der Pandemie auf rund 45 Millionen Euro beliefen. In der vergangenen Saison 2020/21 brachen diese fast komplett weg. Wie wenig Fans ins Stadion konnten, zeigt ein simpler Vergleich: Wenn beim Bundesliga-Auftakt des BVB die aktuell maximal erlaubten 25.000 Menschen ihre Plätze auch tatsächlich einnehmen, haben sie in Dortmund die Gesamtzahl (!) der Besucher aus allen (!) Heimspielen der Vorsaison bereits übertroffen.

Entsprechend groß ist das Interesse aller Klubs, dass die einzig diskutierte Frage bei der Zulassung von Zuschauern lautet, ob es nicht ein bisschen mehr sein darf. Zurzeit geht es jedoch vor allem darum, wer überhaupt ins Stadion darf. Mit zahlreichen Impfaktionen werben die Bundesligisten dafür, ihre Fans von diesem bestmöglichen Schutz gegen Infektionen, vor allem gegen schwere Covid-19-Verläufe zu überzeugen. Auch, weil ein einfacher Negativtest anders als in der Vorsaison bald nicht mehr ausreichen dürfte. So sind etwa beim 1. FC Köln schon ab dem zweiten Spieltag nur noch Geimpfte und Genesene (2G) einlassberechtigt.

Das Ziel dieser verschärften Regelungen ist einerseits die Steigerung der Impfquote, aber auch Druck auf die Politik, wie Effzeh-Geschäftsführer Alexander Wehrle es formuliert, wenn er fordert, "dass spätestens im Zuge der nächsten Corona-Schutzverordnung [...] bei 2G und unter Einhaltung der Hygiene-Regeln unter freiem Himmel auch 100 Prozent Zuschauer-Kapazität möglich ist". Neben all der Anerkennung für Stimmung auf den Rängen und die Betonung des sinnstiftenden Erlebnisses Fußball geht es den Klubs dabei auch und besonders darum, nach den millionenschweren Verlusten während der Pandemie wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Was sich aber schnell erledigt haben könnte, wenn die für neue Einschränkungen maßgeblichen Kennzahlen weiter steigen.

Quelle: ntv.de

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