So läuft das deutsche Finale Löw blufft beim Schwedenrätsel
23.06.2018, 15:01 Uhr
Die Schweden wollen genießen, die Deutschen stehen vor der zweiten Partie bei dieser Fußball-WM unter Druck. Wen schickt Joachim Löw ins Rennen? Marco Reus? Eher ja. Mario Gomez? "Könnte sein."
Worum geht's?
Vielleicht sind fünf Tage einfach zu viel. Seit Sonntag rätseln alle, die sich dafür interessieren, wie die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ihr erstes Spiel bei der Weltmeisterschaft in Russland mit 0:1 gegen Mexiko verlieren konnte. Und wie sie es in ihrer zweiten Partie der Gruppe F gegen Schweden (ab 20 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) gegen Schweden besser machen kann. Das offizielle DFB-Fazit lautet: Die Mannschaft ist gut genug, sie muss ihre Fähigkeiten nur auf den Platz bringen, und das wird sie laut Bundestrainer Joachim Löw auch. Der kündigte am Freitag an: "Im Moment ist eine richtig gute Anspannung zu spüren." Wer aber spielt, sagte er wie stets nicht - nur, dass Mats Hummels nicht spielt, er fällt verletzt aus. Wie aber sieht die DFB-Elf aus, die im Fisht-Stadion das knifflige Schwedenrätsel lösen muss, um eine epische deutsche Blamage zu vermeiden? Schwierige Frage, weil Löw quasi vor einem 3D-Puzzle sitzt, das neben den richtigen taktischen und personellen Lösungen auch Teamchemie berücksichtigen und die inexistente Teamkommunikation befördern muss.
Voraussichtliche Aufstellungen
Deutschland: Neuer - Kimmich, Boateng, Süle, Hector - Khedira, Kroos - Müller, Reus, Draxler - Werner (Gomez); Trainer: Löw.
Schweden: Olsen - Lustig, Lindelöf, Granqvist, Augustinsson - Larsson, Ekdal - Claesson, Forsberg - Berg, Toivonen; Trainer: Andersson.
Schiedsrichter: Marciniak (Polen)
Stadion: Olympiastadion Sotschi
Als abgemacht gilt: Es muss ein Reus durch Schwedens Abwehr gehen. Wenn 90 Minuten vor Anpfiff die Aufstellungen publik werden und der Offensivallrounder fehlt, dürften diesmal auch in Fußball-Deutschland Erschütterungen registriert werden. Ansonsten ist taktisch und personell auch ohne Hummels vieles vorstellbar, weil - trotz anderen Augenscheins gegen Mexiko - im DFB-Team immer noch sehr viele ausgezeichnete Fußballer spielen. Taktikexperte Constantin Eckner hat das für n-tv.de analysiert, würde Sami Khedira streichen und plädiert neben Reus als Zehner für Mesut Özil als offensiven Sechser neben Toni Kroos im gewohnten 4-2-3-1-System. Löw hatte ja mit weltmeisterlichem Trotz verkündet: "Dass wir jetzt den Plan über den Haufen schmeißen, das machen wir schon gar nicht." Denkbar ist aber, dass er als Reaktion auf die eklatanten Balance-Problem auf eine Dreierabwehr umstellt, die Rückkehrer Jonas Hector und Joshua Kimmich als offensive Außenverteidiger im Not-, also Konterfall, zur Fünferkette erweitern könnten - und dass Mario Gomez als Sturmbrecher in die Startelf rückt. Dann würde Kroos vor der Abwehr das Mittelfeld sichern, und Reus mit Özil und Thomas Müller hinter Gomez kombinieren.
Wie ist die Ausgangslage?
Sturm-Routinier Gomez, mit seinen 34 Jahren der Altmeister im deutschen Team, formulierte es am Tag vor dem Showdown im Fisht-Stadion so: "Wir sind immer noch eine sehr gute Mannschaft. Und eine sehr gute Gruppe - auch wenn uns das keiner glaubt." Der Angreifer zeigte sich als Verfechter des positiven Denkens. "Prinzipiell bin ich jemand, der nicht daran denkt, was passiert, wenn es schlecht läuft." Seine Prognose zum Ausgang des Spiels: "Ich glaube, dass die Mannschaft gewinnen wird, die den Sieg mehr will. Und das werden wir sein." Schon direkt nach der Niederlage gegen Mexiko hatte er sich im Gespräch gelassen präsentiert: "Der Gegner hat halt ein Tor mehr gemacht. Wir müssen jetzt den Kopf hochnehmen und weitermachen." Ob die Tatsache, dass er am Freitag auf der Pressekonferenz erschien, nun auf einen Einsatz in der Startelf anstelle des jungen Leipzigers Timo Werner schließen lasse? "Das kann ein Hinweis sein. Kann aber auch ein Bluff sein. Lassen wir uns überraschen." Löw äußerte sich ähnlich kryptisch: "Gomez? Könnte sein."
Wie ist die DFB-Elf drauf?
Sie genießt das Vertrauen ihres Chefs. Ob er denn den Weltmeistern im Team nun misstraue, wurde Löw gefragt. "Ich bitte Sie, warum sollte das so sein? Natürlich sind wir alle dem Leistungsgedanken ausgeliefert. Aber ein grundsätzliches Vertrauen wird jetzt nicht wegen eines Spiels in die Brüche gehen. Das wäre ja fatal." Schließlich sei es so: "Wir sind in der Weltspitze immer noch sehr weit oben." Dennoch könne es sein, "dass einer mal auf der Bank sitzt". Grundsätzlich verbiete er sich und allen anderen, an der Spielweise seiner Mannschaft zu zweifeln. "Wir standen alle in der Kritik. Das ist vollkommen normal, das war auch zurecht so." Jetzt gelte es, nach vorne zu schauen. "Wir werden eine Reaktion zeigen müssen. Wenn wir das zweite Spiel gewinnen, sind wir wieder im Rennen." Die größten Waffen seines Teams seien "Energie und Körpersprache. Und die spielerischen Möglichkeiten, die wir haben, um diese Waffen einzusetzen". Wem das zu martialisch klingt, der lese, was die Schweden sagen.
Was machen die Schweden?
Die gaben sich in Sotschi in lockerer Genießerstimmung. Aber sie haben ja auch zum Auftakt nicht 0:1 verloren, sondern 1:0 gegen Südkorea gewonnen - und könnten nun nicht nur den Weltmeister aus dem Turnier schießen, sondern sich vorzeitig ins WM-Achtelfinale. Und das ohne Zlatan Ibrahimovic! Die K.-o.-Runde ist das schwedische Ziel, stellte Trainer Janne Andersson klar. "Wir wissen genau, warum wir hier sind. Wir haben unseren Platz bei der Weltmeisterschaft verdient." Sprach's und schien wie sein Kapitän Andreas Granqvist in sich zu ruhen. Beim Abschlusstraining im leeren Stadion pushte sich das Team mit Applaus. Die Unerfreulichkeit, dass ein Trio mit Magenverstimmung fehlte, nahm Andersson locker. Zum Spieltag sollen sie wieder fit sein. Falls nicht, werde er andere Lösungen finden. Überraschungen à la Mexiko erwartet Andersson jedenfalls keine, auf beiden Seiten nicht, eine Sturmoffensive seiner Defensivkünstler schloss er aus. "Unsere Abwehr wird sehr entscheidend sein. Wir wollen aber auch unser eigenes Spiel durchsetzen", umriss er die schwedische Taktik. Bei Deutschland habe man verschiedene Szenarien vorbereitet, "wir wissen ja, was die Optionen sind". Das Duell mit dem Weltmeister sei einfach eines der Spiele, "auf die man sich seine ganze Karriere lang vorbereitet", da waren Coach und Kapitän einig. Ihr Matchplan: "Wir werden es genießen."
War sonst noch was?
Das hatten sich die Kollegen des schwedischen Boulevardblatts "Expressen" was Lustiges ausgedacht. Reporter Ludvig Holmberg bot den deutschen Nationalspielern beim Training ein selbstgebasteltes Rückflugtickets in die Heimat an. Ausgestellt war die Karte für den Flug von Sotschi nach Berlin für Samstagabend, 23 Uhr Ortszeit, also direkt nach dem Abpfiff, inklusive "frei Weissbier". Sami Khedira hat sich zwar nicht gerade köstlich amüsiert, aber durchaus gelassen reagiert: "Das brauchen wir gar nicht, wir wollen nicht gleich wieder nach Hause. Wir sind sicher, dass wir gewinnen werden." Und am liebsten wäre es ihm, flögen er und seine Kollegen erst am 16. Juli wieder zurück - am Tag nach dem WM-Endspiel.
Quelle: ntv.de