Technik

Robbie Williams "Aber Downloading ist cool"

Superstar Robbie Williams sieht das illegale Kopieren von Musik im Internet und mit CD-Brennern sehr gelassen. "Piraterie? Davon verstehe ich nichts", sagte der britische Popmusiker am Samstag vor der versammelten Weltpresse im französischen Cannes, "aber Downloading finde ich cool. Ich weiß, dass mich meine Plattenfirma dafür hassen wird, und dass mein Manager mich hassen wird."

Mit einem Augenzwinkern fügte der 28-Jährige hinzu: "Bis Weihnachten hat sich mein neues Album Escapology ganz gut verkauft, also sollen es sich alle anderen ruhig gratis holen."

Einen Tag vor Eröffnung der weltgrößten Musikmesse MIDEM machte Robbie Williams sich explizit über "diese Leute bei der Plattenfirma" lustig, die "viel heiße Luft über Raubkopieren und Downloading rauslassen, ohne dass sie irgendwas dagegen tun können". Der Superstar, der trotz CD-Brennern und Online-Piraterie knapp 30 Millionen CDs verkauft hat, legt damit den Finger auf das Thema, das den Industriegrößen auf der Messe weiter unter den Nägeln brennt.

Eine ähnliche Position wie Williams vertrat John Perry Barlow von der Internet-"Bürgerrechtsbewegung" EFF (Electronic Frontier Foundation) bei der zeitgleich stattfindenden MIDEMNET-Konferenz, einen Tag vor der offiziellen Eröffnung des 37. "March International du Disques et et de L'Editions Musicales". "Niemand kann die Künstler so gut beklauen wie die Plattenindustrie", lautete Barlows provokant-anarchische These. Den Musiker Don Henley zitierend, fügte er hinzu: "Es ist mir lieber, dass Ihr, das Publikum, meine Musik stehlt, als wenn es die Plattenfirma macht. Mit Euch habe ich wenigstens keinen Vertrag."

Dagegen vertrat Ted Cohen, Moderator der MIDEMNET und nebenbei ein ranghoher Manager bei Williams' Plattenfirma EMI die Position, dass die "großen" Künstler wie Henley solche Aussagen nur deshalb machen können, weil sie bereits vor Veröffentlichung immense Vorschüsse kassiert und somit ihre sprichwörtlichen Schäfchen im Trockenen haben.

Während die meisten in der Industrie mehr oder weniger brauchbare technische Lösungen gegen Raubkopierer und Datenpiraten propagieren, versuchen es andere, wie etwa die Sängerin Jonatha Brooke, auf die moralische Tour: "Ich kaufe selbst viele CDs, um meine Freunde zu unterstützen, ich habe noch nie eine CD kopiert oder einen Song aus dem Netz gezogen."

Wesentlich pragmatischer sahen es die sechs Jugendlichen, die zur Podiumsdiskussion eingeladen waren. Eine Schülerin sagte: "Wenn die CDs billiger wären, würden wir immer noch Musik downloaden, aber wesentlich mehr CDs kaufen." Ein Mitschüler bringt das Mehrwertargument ins Spiel: "Für den Preis, den sie kosten, sollten CDs schöner gestaltet und verpackt sein." Wieder andere behaupteten, dass ein Künstler sich freuen sollte, wenn seine Musik massenhaft kopiert wird, er ergo populär ist und letztlich dann doch auch mehr CDs verkauft. Das ist zwar statistisch kaum nachzuweisen, aber während die Moralfrage nahezu ungehört verhallte, haben die Plattenbosse von den jungen Beinahe-Kunden eine Gratis-Nachhilfestunde in Sachen Marketing bekommen.

Deutschland steht in diesem Jahr im Zentrum des Interesses der Messe: Am 21. Januar, dem dritten Messetag, dreht sich im Palais des Festivals alles um "Made in Germany", also um den deutschen Musikmarkt samt seiner Künstler und Labels. 400 deutsche Firmen werden sich in Frankreich präsentieren.

Zudem wollen führende Manager in Cannes über den Weg aus der Krise beraten, denn die Branche hat in den vergangenen Jahren 30 Prozent seines Umsatzes verloren. Viele Unternehmen waren zu Entlassungen gezwungen, Produzenten und Studios meldeten Insolvenz an. Als Ursache gelten neuerdings neben der Musikpiraterie über Brenner und Internet auch das innovationsfeindliche deutsche Radioprogramm: auf vielen Stationen werden nur die aktuellen Top 40 gespielt, heißt es.

Christian Arndt, AP

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen