Gran Turismo 5 im Test Boxenstopp bei 50 Prozent
23.01.2011, 09:26 UhrGran Turismo 5 ist kein einfaches Rennspiel, sondern eine ausgewachsene Simulation. Tests, in denen Gaming-Cracks schon nach ein paar Tagen beurteilen, wie gut GT5 ist, gibt es wie Sand am Meer. Lesen Sie hier, wie ein "Rookie" das Spiel nach zwei Monaten einschätzt.
Blu-ray Disc rein und einfach losdaddeln ist bei Gran Turismo 5 nicht. Gut, man kann es versuchen und erst ein paar Mal in die Mauer krachen oder Pirouetten auf der Wiese drehen, bevor man einsieht, dass GT5 kein Arcade-Spiel ist. Ich habe mir das erspart. Schon alleine deshalb, weil ich mir zuvor schon Dutzende Berichte und Videos über die GT5-Vorgänger reingezogen habe.
Vorab schon schwer beeindruckt, habe ich mir also zunächst das extrem schön gemachte Intro angesehen, bevor ich brav mit der ersten Lizenz begonnen habe. Dies ist in GT5 zwar keine Voraussetzung mehr für erste Rennteilnahmen. Es macht aber gerade für Anfänger viel Sinn, mit der Nationalen B-Lizenz zu starten, da sie einen perfekten Trainingsplan bietet.
Zunächst muss man nach 200 Metern zielgenau in möglichst kurzer Zeit zum Stehen kommen.Dann lernt man, wie man am schnellsten durch Kurven fährt und wie man am besten überholt. In jeder Prüfung muss man bestimmte Vorgaben erfüllen, um mindestens mit Bronze zu bestehen. Am Ende steht ein Wettkampf, in dem man innerhalb von einer Runde viele Gegner überholen muss.
Mir persönlich hat es einen Mordsspaß gemacht, Übungen zig Mal zu wiederholen, bis ich so viele Hundertstel herausgeholt oder Gegner überholt habe, um den Goldpokal zu gewinnen. Wie bereits erwähnt: Eine bessere Übung gibt's nicht. Insgesamt sind sechs Lizenzen zu holen, die letzte ist die Super-Lizenz.
Nach rund zwei Monaten hatte ich alle Lizenzen in der Tasche. Während ich aber anfangs noch Wert darauf gelegt habe, alle Prüfungen mit Gold zu bestehen, habe ich mich ab der Internationalen A-Lizenz mit Bronze zufrieden gegeben. Wie einige GT5-Fahrer in Foren behaupten können, alle Lizenzen "locker" mit Gold geholt zu haben, ist mir ein Rätsel. Aber ich bin eben nur Anfänger und Gelegenheitsfahrer.
Da fliegt mir doch das Blech weg
In den Lizenzen spielt eine große Rolle, was in den normalen A-Spec-Rennen völlig vernachlässigt werden kann. Bereits leichte Berührungen des Gegners oder ein einziger Ausflug ins Grün bedeuten bei Lizenzen die Disqualifikation. Im normalen Rennalltag kann man seine KI-Gegner (KI = Künstliche Intelligenz) abschießen, wie es einem gefällt. Und wenn man sich vor einer engen Kurve in der Geschwindigkeit verschätzt hat, nimmt man einfach einen Gegner als Bremshilfe. Das ist zu einfach und macht keinen Spaß. Wer Ehre im Leib hat, verzichtet auf diese "Hilfsfunktion".
Schäden stellt man auch bei haarstäubendsten Unfällen weder am gegnerischen noch am eigenen Wagen fest. Erst ab Level 20 gibt es eine minimale Schadensfunktion, wo an einem heiligen Blechle schon mal ein Spoiler abfallen kann (Huch!).
Schwamm drüber. Die Grafik von GT5 ist großartig und der Fahrspaß fast grenzenlos. Jedes Auto zeigt seine Eigenheiten und verhält sich anders. "Premium-Autos" sind so perfekt, dass die Entwickler von Polyphony ihnen auch eine detailreiche Cockpit-Ansicht gegönnt haben.
Über 1000 Autos kann man theoretisch ergattern, aber nur etwas mehr als 200 sind (bisher) Premium-Modelle. Fahrzeuge gewinnt man durch den siegreichen Abschluss einerSerie, Veranstaltung oder Lizenz. Man kann sie aber auch mit erfahrenen Credits bei Gebraucht- und Neuwagenhändlern kaufen oder online tauschen. Wer ein Auto nicht (mehr) braucht, kann es versilbern, um auf seinen Traum-Boliden zu sparen.
Bald wird's extrem
Anfangs fährt man vor allem mit PS-schwächeren Gebrauchtwagen durch die Gegend und die Programmierer haben auch ein paar (schlechte) Scherze auf Lager. Inzwischen habe ich 56 Autos im Fuhrpark, davon 29 Premium-Modelle. Einige sind eine wahre Augenweide, andere strotzen vor Kraft. Außer in Spezial-Rennen fahre ich derzeit noch alles mit meinem Nissan Xanavi Nismo Z '06 in Grund und Boden.
Nach abgeschlossener Anfänger-, Amateur- und Profi-Serie arbeite ich mich derzeit durch die Expertenserie. Bisher ist kein ernstzunehmender Gegner in Sicht, aber das wird sich vermutlich in der Extremserie, spätestens aber bei den Langstreckenrennen ändern.

Der Red Bull X1 ist ein Prototyp, der speziell für Gran Turismo 5 entworfen wurde. Um ihn zu gewinnen, muss man das Spezial "Sebastian Vettel Challenge" absolvieren (Level 30).
Insgesamt habe ich bisher 100 Siege eingefahren, 32 Prozent der Trophäen gewonnen und (nur) rund vier Millionen Credits auf dem Konto. Nach knapp 5600 Kilometern habe ich exakt 50 Prozent Spielfortschritt erreicht. Ans Aufhören denke ich deshalb noch lange nicht. Im Gegenteil: Jetzt habe ich endlich den Eindruck, Rennen fahren zu können, kenne die (zu wenigen) Rennstrecken in und auswendig und beherrsche sogar einigermaßen die Nordschleife des Nürburgrings.
Auch beim Tuning greife ich meist zu den richtigen Teilen und kann zumindest das Getriebe vernünftig anpassen. Auf die Traktionskontrolle verzichte ich weitgehend und Automatikschaltung ist nur etwas für Mädchen. Ich ahne zwar, dass mich echte GT5-Cracks belächeln, lasse mir dadurch aber nicht den Spaß verderben.
B-Spec ist langweilig
Es gibt ja auch noch sooo viel zu tun. Wenn ich alle A-Spec-Rennen gewonnen habe, kümmere ich mich vielleicht noch um die B-Specs. Aber nur vielleicht. Denn hier darf man nicht selber Gas geben, sondern schaut seinen Fahrern zu und gibt ihnen Kommandos wie "Schneller", "Langsamer" oder "Überholen". Das ist ziemlich langweilig, aber in diesem Modus kann man die schönen Autos und vor allem die grandiosen Stadtkurse bewundern. Auch Sonnenuntergänge lassen sich passiv besser genießen.
B-Spec muss aber nicht sein. Denn GT5 bietet noch eine ganze Stange von Spezial-Events. Dabei kann man sich beispielsweise als Rallyefahrer Zeitprüfungen stellen oder beim Stockcar-Rennen Gegner aus dem Windschatten überholen. Viel Spaß und sehr knifflig sind die Herausforderungen in der AMG-Fahrschule. Im historischen Mercedes über die Nordschleife zu brettern, ist einfach fantastisch. Spezial-Rennen werden übrigens auch sehr gut bezahlt.
Saison-Veranstaltungen lohnen sich
Apropos Bezahlung. Seit einem Update gibt es auch sogenannte Saison-Rennen, die nur für einen bestimmten Zeitpunkt gefahren werden können. Hier lohnen sich vor allem die Bonus-Rennen. Um teilnehmen zu können, muss man sich zwar teils recht teure Premium-Autos kaufen und auch das Tuning geht ganz schön ins Geld. Die Investitionen lohnen sich aber, denn als Sieger wird man fürstlich mit Geld und Erfahrungspunkten belohnt. Letztere braucht man, um neue Level zu erreichen. Nicht zuletzt wegen der Bonus-Rennen fahre ich mittlerweile in Level 26.
Spieler, die mich jetzt auslachen, könnte ich im Online-Modus herausfordern. Aber bisher war mir das ganze zu umständlich und ich habe mich noch nicht aus meinem Einzelspieler-Schneckenhaus getraut. Sollte sich ein Gegner zu mir nach Hause trauen, kann er aber auch im Arcade-Modus gegen mich antreten, in dem bis zu zwei Spieler einfach drauflos fahren können. Die Rennen unterscheiden sich von A-Spec-Veranstaltungen kaum, es gibt aber auch keinen Fortschritt.
Ich habe auch noch keine eigenen Strecken entworfen. Aber obwohl ich bisher wenig Positives darüber gelesen habe, werde ich es auch noch ausprobieren.
Feine Extras für Auge und Ohr
Zwar hat mich vor allem das GT5-Rennfieber gepackt (und wird mich auch so schnell nicht mehr loslassen). Aber auch die kleinen Extras, die die Japaner eingebaut haben, können mir gefallen. So gibt's zu jedem Auto in der Garage Infos satt und obendrein einen Demo-Film. Auch seine eigenen Leistungen kann man aufzeichnen und so vor seinen genervten Freunden mit seinem fahrerischen Können angeben. Die schönsten veranstaltungsorte kann man sich als Fotoreise oder "Urlaubsvideo" anschauen. Die Foto-Funktion ist dabei besonders zu erwähnen. Von fast jeder Situation können Spieler Fotos in allen möglichen Perspektiven aufnehmen, Belichtung und Blende einstellen und sogar Filter verwenden.
Mit Sicherheit habe ich viele Feinheiten von Gran Turismo 5 nicht gesehen oder beschrieben. Eins möchte ich aber noch erwähnen: Die Musik von GT5 ist außergewöhnlich gut. Polyphony hat sich nicht nur auf Rennspiel-typische Sounds verlassen, sondern schreckt auch vor Jazz und Klassik nicht zurück. Zum Beispiel saß für das famose GT5-Intro der chinesische Star-Pianist Lang Lang am Flügel.
Quelle: ntv.de