"Sinnlos, die Dinge zu übertreiben" China greift Google an
17.01.2010, 16:48 UhrDie Zahl der Internet-Nutzer in China ist im vergangenen Jahr um 28 Prozent auf 384 Millionen gestiegen. Fast jeder dritte Chinese surft damit im Internet, berichteten amtliche Medien vor dem Hintergrund des Streits zwischen dem US-Internetriesen Google und Chinas Regierung um Hacker-Angriffe und Zensur.
Wegen der Vorgänge will die US-Regierung "in den nächsten Tagen" formell in Peking protestieren. "Wir werden unsere Sorgen über den Zwischenfall zum Ausdruck bringen und China um Informationen bitten, wie es passiert ist und was sie dagegen tun wollen", sagte der Sprecher des Außenministeriums in Washington, Philip Crowley.

384 Millionen Chinesen surfen im Netz. Zum Vergleich: In den USA leben etwa 308 Millionen Menschen.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Chinas amtliche Medien übten scharfe Kritik an dem US-Internet-Konzern. Nach Hacker-Attacken aus China hatte Google vergangene Woche angekündigt, sein China-Geschäft auf den Prüfstand zu stellen und sich nicht mehr selbst zensieren zu wollen. Dafür soll auch ein Rückzug aus China in Kauf genommen werden. "Bis heute sind Googles Absichten nicht klar", fand ein Kommentar der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. "Es ist sinnlos, die Dinge zu übertreiben und aus einer geschäftlichen Angelegenheit einen politischen oder diplomatischen Streit zu machen", kommentierte Xinhua.
Google: Noch nichts entschieden
Google hat nach eigenen Angaben noch keine Entscheidung über einen Rückzug aus China getroffen. Entsprechende Berichte seien falsch, sagte eine Sprecherin des Suchmaschinenbetreibers. Die Sprecherin kündigte jedoch an, Google werde in den kommenden Wochen das Gespräch mit der Regierung in Peking suchen. Berichte, wonach Angestellte in bezahlten Urlaub geschickt wurden, wies sie ebenfalls zurück.

Vor dem Google-Hauptquartier in Peking: Kann sich Google einen Ausstieg aus dem chinesischen Markt leisten?
(Foto: AP)
Die chinesische Regierung hatte die Zensur verteidigt und bekräftigt, dass sich alle ausländischen Internetunternehmen in China an chinesische Gesetze halten müssten. In dem Xinhua-Kommentar wurden auch die Vorwürfe, dass die Hacker-Angriffe aus China stammten, als unbewiesen zurückgewiesen. "Bislang ist es an den Haaren herbeigezogen, China als Sündenbock für die Cyber-Attacken zu beschuldigen, nur weil Google etwas darüber gesagt hat", so Xinhua.
Mehr Internetzugriffe über Handy
Der dramatische Anstieg der Internetnutzer in China verdeutlicht einmal mehr, wie groß der chinesische Markt für Unternehmen wie Google heute schon ist. Die Suchmaschine hatte sich in China bislang gleichwohl nicht gegen die chinesische Konkurrenz von Baidu durchsetzen können und nur 31 Prozent Marktanteil erreicht.
Wie das China Internet Network Informationen Center berichtete, stieg die Zahl derjenigen, die über ihr Handy ins Internet gehen, im vergangenen Jahr um 60 Prozent oder 120 auf 233 Millionen. Rund 30 Millionen Chinesen oder acht Prozent aller Internetnutzer hätten nur ihr Mobiltelefon zum Surfen.
Quelle: ntv.de, rts/dpa