Technik

Microsofts Konsole ist Multitalent statt Flop Das macht die Xbox One alles richtig

Die Xbox One ist etwas massiger als die Playstation 4.

Die Xbox One ist etwas massiger als die Playstation 4.

(Foto: Microsoft)

Lange war die Xbox One das Gespött der Branche. Doch Microsoft nahm sich die Kritik noch vor der Markteinführung zu Herzen - und liefert zudem starke Inhalte, Multitasking, Sprachsteuerung und einen exzellenten Controller. Wird die Konsole so tatsächlich zur neuen Unterhaltungszentrale?

Spezifikationen der Xbox One
  • AMD 64-Bit CPU mit acht Kernen (1,75 GHz)
  • AMD Grafikchip (kalkulierte 1,31 TFLOPS)
  • 8 Gigabyte Arbeitsspeicher
  • 500 Gigabyte Festplatte
  • Bluray-/DVD-Laufwerk
  • WLAN / Ethernet / 3x USB 3.0
  • HDMI Ein- und Ausgang / Optischer Eingang / IR Out

Nun sind sie alle da. Nintendos WiiU hat das Alleinstellungsmerkmal des Touchscreen-Handheld-Controllers, Sonys Playstation 4 konzentriert sich auf Hardware-Kraft und passionierte Spieler - und die Xbox One? Sie will musiklegendes Filmspielgerät sein. Das könnte gelingen, denn Microsoft hat genug Finanz- und Marktmacht, um Vorreiter zu sein. n-tv.de hat sich die neue Konsole angeschaut.

Die Konsole

"Hello from Seattle" steht ganz klein auf der Unterseite des großen Kastens. Die Hardware besteht bei der Xbox One aus zwei Teilen: Der Konsole und dem kleineren Kinect-Modul mit eingebauter Kamera, Infrarotsensor und Mikrofon. Der größere Part sieht aus wie für ein Wohnzimmer der 1970er Jahre gemacht; in teilweise verspiegeltem Schwarz, rechteckig, etwas klobig. Im Gegensatz zur Xbox 360 muss die Konsole zwingend waagerecht stehen, das Kinect-Modul ebenfalls.

Zwei Energieoptionen gibt es für den Betrieb: Entweder langsam Hochfahren und Updates manuell installieren, oder die Konsole schnell aus dem Bereitschaftsmodus holen. Dann verbraucht die Xbox One jedoch rund 19 Watt. Im Spiel sind es bis etwa 125 Watt. Damit liegt sie 30 Watt unter der Playstation 4. Dafür rauscht sie aber bei Beanspruchung mit rund 30 Dezibel.

Wie in der PS4 steckt auch in der Xbox One eine 500 Gigabyte Festplatte. Davon gehen mindestens 130 Gigabyte für das Betriebssystem drauf, und 370 Gigabyte sind nicht viel für Spiele, Filme andere Daten zusammen. Ärgerlich: Es ist derzeit nirgendwo ersichtlich, wie viel Speicherplatz belegt oder noch vorhanden ist.

Anschlüsse und Steuerung

Die Xbox One kommt mit zwei USB-Ports auf der Rückseite und einem HDMI-Aus- sowie Eingang. Um die Multitasking und Social TV Funktionen nutzen zu können, wird das Fernsehsignal durch die Konsole geschleift. Dadurch kann die Xbox One etwa zwischen Spiel und Fernsehprogramm hin- und herschalten.

Robust, handlich, hervorragend: Der neue Xbox-Controller.

Robust, handlich, hervorragend: Der neue Xbox-Controller.

(Foto: Microsoft)

Mit dem Controller hat Microsoft auf das schon hervorragende X360-Pad nochmal einen draufgesetzt. Trotz seines Gewichts - erneut braucht das Steuergerät zwei Mignon-Batterien für den Betrieb - ist es ein exzellenter Vertreter. Ein wenig schlanker als der Vorgänger, liegt er trotzdem fast wie angegossen in den Handflächen. Die Analogsticks sind wie gehabt gummiert und in der Mitte vertieft, aber nun zusätzlich an den Rändern aufgeraut. Die Abrutschgefahr ist damit noch geringer, was sich sofort bemerkbar macht.

Bemerkenswert sind auch die Motoren im Inneren des Controllers, die von der Software exakt angesteuert werden können. Das "Ruckeln oder nicht" der vorherigen Konsolengeneration ist einer variablen Vibration gewichen. Beim exklusiven Launch-Titel "Forza Motorsport 5" gibt es spürbare Unterschiede, etwa je nach Untergrund, Motordrehzahl oder auch bei durchdrehenden Reifen. Dazu kommt, dass der Controller einen überaus robusten Eindruck macht; ideal für intensive Nutzung über lange Zeit.

Betriebssystem und Funktionen

Bei der Einrichtung des Testgeräts zog sich die Xbox One zunächst ein über 300 Megabyte großes Betriebssystem-Update. Alles zusammen dauerte die Einrichtung von Microsofts neuer Hardware etwa eine halbe Stunde. Dann begrüßt ein Werbevideo den neuen Besitzer. Dies setzt sich fort, für fast alle Funktionen gibt es Lehrvideos und Anleitungen. Dann kommt das erste Mal ein kleiner "Wow"-Effekt: Weiß der Nutzer nicht mehr weiter, lässt das Sprachkommando "Xbox, Hilfe" eben solche in Textform am Bildschirmrand aufklappen.

Der Datenschutzstandard ist von Hause aus relativ lasch - etwa kann jeder bei Xbox Live sehen, ob der Nutzer online ist, mit wem er befreundet ist und welche Apps oder Spiele er verwendet hat. Allerdings sind fast alle Einstellungen veränderbar. Sehr sinnvoll ist der zweistufige Passwortschutz für das zwingend notwendige Xbox-Live-Profil des Nutzers. Allerdings geht es auch anders: So erkennt Kinect den Nutzer automatisch, wenn er sich im Aufnahmebereich der Kamera aufhält und meldet ihn an.

Insgesamt spart die Xbox One etwas mit Informationen und Einstellungsmöglichkeiten. So kann etwa der Datenverkehr nicht eingeschränkt werden. Wenn also automatische Updates aktiviert sind, könnte die Konsole so schnell mal alle anderen Geräte im Haushalt beim Internetzugriff ausbremsen. Praktisch ist die tadellose Smartphone App: Das Handy wird zur Fernbedienung und der Controller außerhalb der Spiele überflüssig.

Die Spiele laufen zwar alle in High Definition - jedoch manche nur mit 1280 mal 720 Bildpunkten und 30 Frames pro Sekunde, andere wie "Forza Motorsport 5" mit vollen 1920 mal 1080 Pixeln bei 60 Frames. Filme können auch in Ultra HD mit 3840 mal 2160 Bildpunkten ausgegeben werden. Es gebe "keine Hardwareeinschränkungen", die gegen Spiele in dieser Auflösung sprächen, sagte Microsofts Marketing Vizechef Jusuf Mehdi vergangenes Jahr. Daran wird sich Microsoft noch messen lassen müssen. Bislang gibt es keine entsprechenden Titel.

Der Neupreis der Xbox One liegt bei 500 Euro. Das ist nicht günstig für eine neue Konsole, aber auch nicht teuer. Würde Microsoft eine Version ohne Kinect verkaufen - das Modul ist für den Betrieb nicht zwingend notwendig - könnte der Preis noch runtergehen. Aber bislang ist davon außer Gerüchten nichts zu hören.

Sprachsteuerung und Multitasking

Jegliche Sprachsteuerungsbefehle werden mit "Xbox" begonnen, dann reagiert die Konsole und wartet auf Anweisungen. Nach "Xbox, aufnehmen" etwa werden die letzten 30 Sekunden des Spiels als Videoclip gespeichert. Manuell ist es bis zu einer Länge von fünf Minuten möglich. Die können hochgeladen werden, damit andere Nutzer sehen können, wie grandios der Spieler im Virtuellen vorübergehend das Zeitliche gesegnet hat.

Das Kinect-Modul wird über oder unter dem Fernseher platziert und erkennt den Nutzer automatisch.

Das Kinect-Modul wird über oder unter dem Fernseher platziert und erkennt den Nutzer automatisch.

(Foto: Microsoft)

Ärgerlich: Will man etwa den Musikse rvice nutzen, muss die eingestellte Herkunftsregion stimmen - und an die ist die jeweilige Landessprache gekoppelt. Folglich muss ein Nutzer in Spanien seine Spiele auf Spanisch meistern, wenn er auch Musik hören will? Ein grober Fehler, den Microsoft schnell beheben sollte.

Eines der Schlüsselelemente, mit denen die Konsole ihren Anspruch als Unterhaltungszentrale untermauern will, ist das Multitasking. Mit "Xbox, andocken" wird etwa Skype an den rechten Bildrand gepinnt, und bleibt auch während der Nutzung anderer Anwendungen dort sichtbar. Per Sprachbefehl kann der Nutzer auch zwischen Anwendungen hin- und herschalten, etwa zwischen Fernsehprogramm und Spiel. Das funktioniert größtenteils problemlos. Die angepriesene Gestensteuerung per Kinect funktioniert schon beim Tutorial nur manchmal. Alle, die sich auf eine Navigation ähnlich der im Film "Minority Report" gefreut haben, müssen sich wohl noch gedulden.

Inhalte, Xbox Store, Mehrspieler

Für Mehrspielerpartien online gilt bei Microsoft seit jeher: Nur wer zahlt, darf mitmachen. Die "Gold"-Mitgliedschaft kostet für einen Monat rund 7 Euro, für ein Jahr rund 60 Euro. Einigen Spielen liegen Gratiscodes für ein paar Tage bei. Den Musik-Streaming-Service gibt es die ersten 30 Tage gratis. Kauft oder leiht der Nutzer einen Film, kann er ihn über seine Xbox One, die X360, im Webplayer oder eine App auf Windows 8 und RT abspielen.

Der Xbox Store ist insgesamt sehr gut bestückt. Neben dem etwas spärlichen Spieleangebot - da werden im Laufe des Jahres noch einige hinzukommen - sind bei den Filmen etwa Blockbuster wie "Elysium", "World War Z", "Disneys Planes" oder "Percy Jackson" kauf- und ausleihbar. Dazu kommen auch Klassiker wie ältere "Indiana Jones" Streifen und Serien. Beim Musik Streaming schöpft Microsoft ebenfalls aus dem Vollen. Hier waren sogar relativ unbekannte Newcomer zu finden.

Die Sprachsteuerung von Kinect funktioniert bei der Suche nach Inhalten größtenteils reibungslos. Mühsames Eingeben der Suchbegriffe per Controller entfallen so. Eine echte Erleichterung. Allerdings kommt die Funktion bei der Erkennung manchmal mit den Sprachen durcheinander. In Sachen Marketing verständlich, aber gewöhnungsbedürftig ist es, statt "Suche" immer "Bing" sagen zu müssen.

Die Spiele

Stumpfes Geprügel trotz Grafikpracht: "Ryse: Son of Rome"

Stumpfes Geprügel trotz Grafikpracht: "Ryse: Son of Rome"

(Foto: Crytek / Microsoft)

Exklusivtitel für die Xbox One gibt es jetzt schon ein paar, das Angebot ist akzeptabel. Das vorab so hoch gelobte "Ryse: Son of Rome" ist zwar zu Beginn wegen seiner filmreifen Szenen in der Umgebung des Alten Rom beeindruckend, auf Dauer aber eintönig. Da helfen auch die Verwendung von Sprachkommandos wie: "Katapulte, Feuer!" kaum. Bei "Forza Motorsport 5" gesellt sich hingegen zur Grafikpracht auf der virtuellen Straße auch noch Dauermotivation.

Dazu kommen die Aufbausimulation "Zoo Tycoon" und ein Spiel, bei dem der Spieler per Kettensäge blutige Aufträge in einer Zombieapokalypse erledigen muss. Es steht in Deutschland auf dem Index. Von Kinect Gebrauch macht das ebenfalls exklusive "Fighter Within", ein Kampfspiel, bei dem der Spieler die Bewegungen selbst ausführen muss. Eine Perle ist es jedoch nicht, sondern relativ fehleranfällig. Geprügelt wird auch bei "Killer Instinct", ein Beat 'Em Up Downloadtitel, der zumindest in der Grundversion gratis ist.

Zu den exklusiven kommen die plattformübergreifend erhältlichen Spiele: "Fifa 14", "NBA Live 14", das Konkurrenzprodukt "NBA 2K14", "Need for Speed: Rivals", "Call of Duty: Ghosts", "Assassin's Creed IV: Black Flag" und das Grafikfest "Battlefield 4". Davon werden nicht alle in vollen 1920 mal 1080 Bildpunkten dargestellt, im Gegensatz zu den meisten konkurrierenden PC oder PS4-Versionen.

Für die Zukunft als exklusiv angekündigt sind zudem ein neuer Titel im "Halo"-Universum, der Dritte-Person-Shooter "Quantum Break", das Detektivspiel "D4" sowie "Fable Legends" von den hauseigenen Lionhead Studios.

Fazit

Vorneweg zu allen Kritikern: Für das, was die Xbox One bietet, sind rund 500 Euro allemal gerechtfertigt. Microsoft hat offenbar viel Arbeit in seine neue Konsole gesteckt. Die Grafik ist zwar nicht bei allen Titeln so detailreich wie bei der Konkurrenz, aber das fällt kaum auf. Kompensiert wird es durch mehrere Alleinstellungsmerkmale: Zunächst die Sprachsteuerung, die größtenteils sehr gut funktioniert und lästige Texteingaben per Controller reduziert. Zudem sind Sprachbefehle in Spielen sinnvoll und für Multitasking komfortabel. Der Controller mit seiner hervorragenden Ergonomie, robusten Verarbeitung und vielseitig ansteuerbaren Motoren im Inneren ist vielleicht das Beste, was es derzeit auf dem Hardwaremarkt gibt.

Microsoft sieht seine Konsole als neues Zentrum des Wohnzimmers - ein realistischer Anspruch, denn die Xbox One hat alle Möglichkeiten für entsprechende Mediennutzung. Das Film-, Serien- und Musikangebot ist umfangreich und vielfältig. Das Spieleportfolio ist in Ordnung, mehr soll noch kommen. Das ist auch nötig, denn die Halbwertzeit von Launch-Titeln wie "Ryse" oder "Fighter Within" ist begrenzt. Wem Film, Musik und Spiele zu ähnlichen Teilen wichtig sind, ist bei der Xbox One absolut richtig.

Insgesamt gesehen kann die Konsole erfüllen, was Microsoft angekündigt hatte. An kleineren Stellen hakt es im Betrieb noch etwas, aber das ist zum Verkaufsstart einer vielseitigen Hardware nicht ungewöhnlich. Bislang sind die Absatzzahlen zwar nicht überragend. Aber das könnte sich spätestens ändern, wenn es entweder mehr gute Exklusivtitel gibt - oder der Preis tatsächlich sinkt.

Quelle: ntv.de

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