Technik

Whatsapp ist nicht zu schlagen Joyn droht ein frühes Ende

Joyn droht für die Mobilfunkanbieter ein Reinfall zu werden, der Messenger hat im Vergleich zu Whatsapp fast keine Nutzer.

Joyn droht für die Mobilfunkanbieter ein Reinfall zu werden, der Messenger hat im Vergleich zu Whatsapp fast keine Nutzer.

(Foto: dpa/Whatsapp/n-tv.de)

Vor nicht ganz einem halben Jahr startete Joyn als große Hoffnung der Mobilfunkanbieter, gegen Whatsapp eine eigene erfolgreiche Messenger-Alternative positionieren zu können. So wie es heute aussieht, wird die "neue Art zu kommunizieren" aber schon bald wieder in der Versenkung verschwinden.

Laut einer Statistik von "Statista" war Whatsapp im Juni mit 62,5 Prozent die am zweithäufigsten genutzte Apps auf dem iPhone, nur 0,7 Prozentpunkte mehr und der Messenger-Dienst wäre auf dem ersten Platz gelandet. Auf Android-Smartphones sieht es ähnlich aus. Hier belegte Whatsapp im März ebenfalls hinter Facebook Rang 2. Gut möglich, dass in den nächsten Statistiken Whatsapp ganz oben steht. Erst kürzlich meldete das US-Unternehmen, weltweit jetzt mehr als 300 Millionen aktive Nutzer zu haben.

Der Erfolg von Whatsapp beruht unter anderem darauf, dass der Dienst zuverlässig arbeitet, extrem einfach zu nutzen ist, für alle wichtigen mobilen Betriebssysteme zu haben ist und fast kostenlos werbefrei genutzt werden kann. Das Abo kostet pro Jahr 89 Cent, Textnachrichten, Sprachmitteilungen, Bilder- und  Video-Versand sind gratis. Kein Wunder, dass auch in Deutschland 20 Millionen aktive Whatsapp-Nutzer leben.

Natürlich ist Whatsapp den Mobilfunkanbietern ein Dorn im Auge. Obwohl der Dienst ihre mobilen Datennetze nutzt, profitieren sie nicht unmittelbar vom Messenger-Boom. Und Whatsapp ist nicht der einzige Messenger, der im vermeintlichen Revier der Mobilfunkanbieter wildert. Skype kostet sie ebenfalls viel Umsatz, Googles Hangouts oder der Facebook Messenger werden immer beliebter. Und in App Store und Google Play tauchen ständig neue Alternativen auf, die auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollen.

Mehr SMS, weniger Umsatz

Wie der Bitkom mitteilt, hat die rasante Verbreitung von Whatsapp & Co. nicht dazu geführt, dass die Deutschen weniger SMS verschicken. Im Gegenteil: Der Branchenverband schätzt, dass in diesem 63 Milliarden SMS versendet werden, vier Milliarden mehr als 2012. Der Grund seien neue SMS-Anwendungen wie mobile TANs fürs Online-Banking, Versand-Benachrichtigungen oder der Parkscheinkauf übers Handy. Allerdings verdienen die Mobilfunkanbieter durch Flatrates und kostenlosen netzinternen Versand immer weniger mit den früher so lukrativen Kurznachrichten.

Die Deutschen verschicken zwar immer mehr SMS, der Umsatz der Mobilfunkanbieter sinkt aber trotzdem stetig.

Die Deutschen verschicken zwar immer mehr SMS, der Umsatz der Mobilfunkanbieter sinkt aber trotzdem stetig.

(Foto: Bitkom)

Kein Wunder also, dass unter dem Dach des internationalen Branchenverbands GSMA Mobilfunkanbieter mit "Joyn" 2012 einen eigenen Messenger-Standard vorstellten, mit dem i hre Kunden all das tun können sollten, was sie bisher mit Whatsapp & Co. machten. Und Joyn soll sicherer als die Konkurrenz sein, die europäischen Datenschutzbestimmungen erfüllen und garantiert keine Adressbücher auf Unternehmensservern speichern. Klingt eigentlich sehr vielversprechend.

Doch schon der Start des intern als "Rich Communications Suite enhanced" (RCS-e) bezeichneten Dienstes ist alles andere als gelungen. In Deutschland bot nach mehreren Verschiebungen zunächst nur Vodafone Joyn an, die Telekom folgte erst im März dieses Jahres ohne ihre Billig-Tochter Congstar und O2 (Telefónica) ist immer noch nicht im Boot.

Mobilfunkanbieter zweifeln am Erfolg

Vielleicht steigt O2 auch gar nicht mehr ein. Denn möglicherweise gehört es zu dem knappen Drittel der internationalen Mobilfunkanbieter (29 Prozent), die laut einer Studie von "Tyntec" nicht der Meinung sind, Joyn könne mit Whatsapp und Skype konkurrieren. Nur sieben Prozent der befragten 40 Unternehmen glaubt noch an den Erfolg des Dienstes, 29 Prozent denken, dass es dafür zu spät ist, 36 Prozent sind sich noch unsicher.

Die Umfrage ist zwar mit Vorsicht zu genießen, da "Tyntec" ein Unternehmen ist, das die Interessen von sogenannten Over-the-Top-Diensten wie Whatsapp vertritt. Doch ein Blick in die App-Stores scheint die skeptische Beurteilung von Joyn zu rechtfertigen. iPhone-Nutzer bewerten die aktuelle Version der App mit katastrophal schlechten 1,5 von5 Sternen, insgesamt kommt Joyn auch nur auf zwei Sterne. In den Kommentaren beklagen Nutzer viele Fehler und fehlende Funktionen. Dass man ohne Daten-Flatrate für den Versand von Botschaften oder Dateien zahlen muss, stört sie dagegen eher weniger.

Wenig Downloads, viel Kritik

In Googles Play Store hat die App immerhin derzeit drei Sterne, obwohl sich auch hier viele Nutzer über die gleichen Probleme wie iPhone-Besitzer beschweren. Allerdings sieht man im Play Store, dass die Downloadzahlen im Vergleich zu Whatsapp verschwindend gering sind. Die Telekom-App dümpelt in der Kategorie 50.000 bis 100.000 Installationen rum, Vodafone hat immerhin den Bereich zwischen 100.000 und 500.000 Installationen erreicht.

Downloads oder Installationen sagen aber nur wenig über die Zahl der aktiven Nutzer aus. Liest man die Kommentare zu Joyn, kann man davon ausgehen, dass viele die App nur einmal ausprobiert und dann wieder vom Smartphone entfernt haben. Der Erfolg eines Messengers hängt aber davon ab, dass ihn möglichst viele Menschen nutzen. "ComScore" hat ermittelt, dass im vergangenen Jahr 31 Millionen Deutsche ein Smartphone genutzt haben. Whatsapp hat hierzulande derzeit rund 20 Millionen aktive Nutzer, Skype fast ebenso viele.

Quelle: ntv.de

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