Technik

Amazon erfährt alles Fire Phone? Lieber nicht

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Alles, was Firefly scannt, wird in der Amazon Cloud ausgewertet.

(Foto: Amazon/AP/kwe)

Eigentlich dürfte Amazon das Fire Phone gar nicht verkaufen, sondern müsste seinen Kunden für dessen Nutzung einen Haufen Geld überweisen. Denn wenn persönliche Daten tatsächlich die Währung des Internets sind, bezahlen Käufer für das Gerät ein Vermögen.

Als Amazon in San Francisco das Fire Phone vorstellte, stand die innovative 3D-Funktion des Geräts eigentlich gar nicht im Vordergrund. Einen großen Teil seiner Präsentation widmete Firmengründer Jeff Bezos "Firefly". Die Funktion erkennt mit der Kamera und Mikrofon auf Knopfdruck sekundenschnell Barcodes, Objekte, Text, Webadressen, Telefonnummern, Lieder, Filme und TV-Serien. Nutzer erhalten dann "hilfreiche Informationen" und können "sekundenschnell handeln". Für Amazon bedeutet dies vor allem, dass seine Kunden sofort auf den riesigen Produktkatalog des Online-Händlers zugreifen können oder sehen, was sie passend zu ihrem Interesse kaufen könnten.

Alles, was Fire-Phone-Nutzer scannen, wird zu Amazons Servern hochgeladen, dort gespeichert und von ausgeklügelten Algorithmen ausgewertet. Was diese Informationen Amazon unter anderem mit Tracking-Cookies ermöglichen, kann man nur ahnen. Schon jetzt ist es erschreckend, wie gut Amazon unsere Bedürfnisse kennt und auf Webseiten Werbung für passende Produkte anzeigen lässt. Und wer ist nicht schon mal schwach geworden, nachdem er in einer E-Mail das Produkt zu einem unschlagbar günstigen Preis angeboten bekommt, nach dem er vor einer Weile im Internet gesucht hat? Dabei überrascht der digitale Vertreter oft sogar mit persönlicher Anrede, wenn man gar nicht bei dem Dienst eingeloggt ist. Erstaunlich ist auch das Zusammenspiel mit Google, das in Now automatisch die Paketverfolgung anzeigt, wenn man von Amazon eine Versandbestätigung erhalten hat.

Fotos liefern viele Informationen

Mit dem Fire Phone erhält Amazon aber nicht nur direkt Informationen über unsere Interessen. Großzügig speichert das US-Unternehmen gratis alle mit dem Gerät gemachten Fotos automatisch in seiner Cloud. Die Infrastruktur für dieses Angebot kostet viel Geld, aber das ist sehr gut investiert. Denn man darf davon ausgehen, dass Amazon auch die Bilder auswertet. Und so weiß es beispielsweise, wenn der Nutzer ein neues Auto hat, einen Hund besitzt, wo er am liebsten seinen Urlaub verbringt oder wenn die Familie Zuwachs bekommt. Per GPS erhält Amazon außerdem ein genaues Bewegungsprofil der Nutzer. Das Unternehmen wird über viele seiner Fire-Phone-Nutzer mehr wissen als deren Eltern.

Natürlich analysiert Amazon diese gigantischen Datenmengen anonym, und es ist auch sicher nicht das einzige Internetunternehmen, das eifrig persönliche Informationen seiner Kunden sammelt. Aber in seinen Datenbänken existieren Dateien mit Profilen, von denen Kundenkarten-Anbieter nicht mal in ihren kühnsten Träumen zu träumen wagen. Bisher ist zwar kein Missbrauch der Daten bekannt geworden, und im Vergleich zu Ebay oder anderen schlampigen Internetunternehmen scheinen sie bei Amazon auch relativ sicher zu liegen. Doch selbst begeisterte und zu Recht zufriedene Amazon-Kunden sollten sich genau überlegen, wie viel sie noch von sich preisgeben wollen. Auch wenn es sehr praktisch ist, sofort Zusatzinformationen und die richtigen Links zu erhalten oder auf Fotos über die Cloud von überall aus zugreifen zu können: Man sollte eher öfter versuchen, anonym zu bleiben, sich auszuloggen und auf alternative Suchmaschinen umzusteigen als sein gesamtes Leben einem Internetdienst anzuvertrauen. Und so umständlich ist es auch nicht, Fotos vom Handy auf die Festplatte zu laden.

Smartphones sind ohnehin schon eifrige Datensammler, die man zwar mit Vergnügen, aber auch mit einer gesunden Portion Misstrauen und Zurückhaltung nutzen sollte. Das gilt für iPhones, Android-Geräte und Windows-Phones, aber ganz besonders für Amazons Fire Phone.

Quelle: ntv.de

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