Unterfinanzierte Milliardenbranche Games suchen Geldgeber
13.10.2010, 21:19 UhrDie Oper, das Ballett und der Film gelten als besonders förderwürdig - unabhängig von der künstlerischen Qualität oder der Zahl der Bundesbürger, die sich an den Darbietungen erfreuen mag. In der deutschen Digitalindustrie weckt das Begehrlichkeiten. Der Branchenverband BIU sieht sogar schwerwiegende Wettbewerbsnachteile für den Standort Deutschland.
Der Games-Standort Deutschland kämpft nach Ansicht des Bundesverbands Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. (BIU) mit einem strukturellen Problem: Während die deutsche Filmindustrie auf Förderung und Investitionen zählen kann, müssen heimische Spieleentwickler ihre Vorhaben in der Regel immer noch aus eigener Tasche finanzieren.
Weitgehend unbeachtet von der breiten Öffentlichkeit zählt sich die Branche schon längst zum Kreis der Kulturschaffenden. Auch Medienexperten bestätigen: Die Unterschiede zum Film oder dem Theater liegen im Grunde nur in der Wahl des Mediums und der neuen Bandbreite an gestalterischen Mitteln. An kreativer Leistung steht ein Gamedesigner einem Dramaturgen, einem Bühnebildner, einem Regisseuren oder einem Drehbuchautor in nichts nach. Damit lässt sich die Anerkennung der elektronischen Unterhaltung als Kulturgut argumentativ eigentlich nicht mehr verweigern.
Trotzdem bleibt das Fördergefälle zwischen Games und Film weiter bestehen. Daraus resultieren erhebliche Wettbewerbsnachteile für den Produktionsstandort Deutschland, betont der Branchenverband BIU. "Um sich international mit einem Videospiel durchsetzen zu können, sind zum Teil Investitionen im zweistelligen Millionenbereich erforderlich", erklärte BIU-Geschäftsführer Olaf Wolters die finanzielle Situation vieler deutscher Games-Unternehmen. "Vor allem kleinere Entwicklerstudios und Start-ups können solche Budgets häufig nicht aus eigener Kraft stemmen."
Trotz guter Ideen und kreativen Potenzials gerate Deutschland deshalb immer wieder ins Hintertreffen, betonte Wolters im Vorfeld einer Veranstaltung zum Thema Spielefinanzierung, der "Gameplaces International". Die Konferenz findet am 15. Oktober in Frankfurt statt und richtet sich an Unternehmer und Investoren. Wolters Verband tritt dabei als Mitveranstalter auf.
An Fragen der Finanzierung könne es auch liegen, so Wolters weiter, wenn die deutsche Wirtschaft den Anschluss an die großen Wachstumstrends der Branche, wie den boomenden Markt für Online- und Browserspiele, verliere. Wichtig sei es daher, neue Impulse zu setzen und die Games- und Finanzbranche miteinander ins Gespräch zu bringen.
Vorfahrt für den Film?
"Eine Spieleförderung ist in Deutschland praktisch nicht vorhanden", fasste Finanzierungsexperte Arwed-Ralf Grenzbach die Situation aus der Sicht der betroffenen Unternehmen zusammen. "Bis zu 90 Prozent der Medienförderung fließen in den Film - obwohl die Games-Branche die Filmindustrie umsatztechnisch längst überholt hat". Auch mit alternativen Förderinstrumenten tun sich die Deutschen schwer. Steuererleichterungen, wie sie in Kanada mit großem Erfolg eingesetzt werden, um Game-Entwickler anzusiedeln, gibt es in Deutschland nicht.
Nach einer Erhebung des BIU ist der deutsche Gamesmarkt in den vergangenen fünf Jahren kontinuierlich gewachsen. Beim Umsatz kommt die Branche im laufenden Jahr auf ein geschätztes Gesamtvolumen von rund 1,8 Mrd. Euro. Damit übertreffen die elektronischen Spiele andere Unterhaltungsbranchen wie Kino, DVD oder Musik. Lediglich Kino und DVD-Vertrieb zusammengenommen erzielen einen noch höheren Umsatz als die Gamesbranche.
Quelle: ntv.de