ACTA "durch die Hintertür" Avaaz will "Todesstern" stoppen
13.09.2012, 15:55 UhrInternet-Aktivisten fürchten den "streng geheimen weltweiten Griff nach Macht durch Großkonzerne". Hunderte Lobbyisten, darunter Vertreter der Tabak-, Mineralöl- und Pharmaindustrie, verhandelten derzeit erneut über einen "gigantischen globalen Pakt" mit unabsehbaren Folgen, heißt es.
Die Kampagnen-Organisation Avaaz.org mobilisiert gegen ein Handelsabkommen, das offenbar ähnliche Ziele verfolgt wie das im EU-Parlament gescheiterte Anti-Piraterie-Abkommen ACTA. Die Vereinbarung "Trans-Pacific Partnership" (TPP), die wie schon ACTA im Geheimen verhandelt werde, bedrohe Demokratie und untergrabe Arbeiterrechte, Umweltschutz und die Freiheit des Internets, so der Vorwurf.
Aktuelle Einzelheiten zu den Plänen sind praktisch nicht verfügbar. Ein durchgesickertes vertrauliches Dokument zeigt nach Angaben der angesehenen US-amerikanischen Electronic Frontier Foundation (EFF), dass durch den neuerlichen "Hinterzimmer-Deal" Werte wie Redefreiheit, Privatsphäre und der freie Austausch von Ideen gefährdet seien. Anfang August wurde der EFF erneut ein Entwurf zugespielt. In wie fern der aber den aktuellen Verhandlungsstand spiegelt, ist unklar.
Lügen und Bestechung
Die Inhalte-Industrie lasse nichts unversucht, um ihre Gewinnmargen und die Kontrolle über ihren Markt zu sichern - auch auf Kosten des Internets, so die EFF. Statt auf reguläre Gesetzgebung setzten die Verantwortlichen dabei verstärkt auf multilaterale Abkommen und schreckten dabei auch vor Lügen und Bestechung nicht zurück.
Im Mai gab es bereits eine Verhandlungsrunde im US-Bundesstaat Texas. EFF-Angaben zufolge gingen in Dallas 500 Demonstranten auf die Straße. An der Online-Kampagne von Avaaz.org haben sich innerhalb eines Tages bereits weit über 200.000 Menschen beteiligt. 500.000 Unterschriften wollen die Organisatoren innerhalb von drei Tagen einsammeln und den aktuellen Petitions-Pegel an die Wand des Verhandlungsortes projezieren, um die Unterhändler zu beeindrucken.
Hollywood-reifes Szenario
Nach Angaben von Avaaz finden die Geheimgespräche im Lansdowne Resort statt, einem Hotelkomplex bei Leesburg, Virginia. Auf Anfrage von n-tv.de erläuterte Kampagnenleiter Luis Morago auch, wie es zu der Idee kam, TPP mit dem Todesstern aus "Star Wars" zu vergleichen: "Die extreme Geheimhaltung und die zerstörerische Natur der Vereinbarungen kamen uns so unglaublich absurd vor, dass wir an ein Hollywood-Szenario denken mussten. Und das 'Todesstern'-Mem drückt auch genau aus, dass dieses Abkommen die Demokratie zerstören würde."
ACTA-Elemente in CETA
Derartige Aktionen werden zwar häufig kritisch gesehen, da der Klick auf eine Webseite noch nicht viel über das wirkliche Protest-Potential aussagt. Im Falle des Handelsabkommens ACTA haben aber laut Avaaz die 2,8 Millionen Mitzeichner einer Online-Petition zum Umdenken vieler EU-Parlamentarier beigetragen; der Vertragsentwurf wurde letztlich nicht ratifiziert.
Die Versuche, entsprechende Regelungen doch noch zu erreichen, sind damit aber nicht zum Erliegen gekommen. Der österreichische Technikblog Futurezone etwa berichtet von einem ACTA "durch die Hintertür": Unter dem Kürzel CETA werde - ebenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit - ein kanadisch-europäisches Handelsabkommen ausgehandelt, das Elemente des verworfenen ACTA-Textes enthalten soll.
Quelle: ntv.de