Hilfe für Schiedsrichter Minisender im Fußball
31.01.2003, 11:30 UhrWar es nun ein Tor oder nicht? Jahrelange Diskussionen erhitzter Fußball-Gemüter wie etwa über das berühmte Wembley-Tor beim WM-Endspiel 1966 zwischen England und Deutschland sollen nach der Vorstellung Erlanger Ingenieure bald der Vergangenheit angehören.
Hochfrequenztechniker des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS) haben einen Minisender entwickelt, der den Schiedsrichtern in Bruchteilen von Sekunden die genauen Positionen von Ball und Spielern mitteilen kann. Nun soll die Anlage im Nürnberger Franken-Stadion auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden.
"Tor", "Abseits" oder "Aus" auf der Uhr
Kernstück des neuen Positionsbestimmungs-Systems sind winzige Mikrowellensender, die im Ball und in den Schienbeinschonern der Kicker angebracht werden. Außerdem müssen acht bis zehn Antennen am Spielfeldrand aufgestellt werden. Die damit empfangenen Signale werden sofort über Glasfaserkabel an einen zentralen Computer übermittelt, der die Signallaufzeiten analysiert und so die Positionen der Spieler und des Balles auf den Zentimeter genau berechnet. "Viel schneller und exakter als beim umstrittenen Fernsehbeweis kann der Schiedsrichter auf einer Spezialarmbanduhr Begriffe wie Tor, Abseits oder Aus lesen", erläutert Projektleiterin Sylvia Couronn vom ISS. Jede Szene eines Fußballspiels lasse sich mit diesem System rekonstruieren.
Auch Zusatzinfos für Zuschauer und Trainer
Rund 7,5 Mio. Euro wurden bislang in die Entwicklung des Positionsbestimmungs-Systems investiert, an dem auch die Karlsruher Cairos Technologies AG und Sportwissenschaftler der Technischen Universität (TU) München mitgearbeitet haben. Die Ausstattung eines Stadions soll nach Angaben von Cairos-Chef Hanno Reinert rund 250.000 Euro kosten. "Die Technik kann in allen Ballsportarten eingesetzt werden." Das System soll nicht nur Fehlentscheidungen vorbeugen. Auch Zusatzinformationen für Zuschauer und Trainer sollen damit abrufbar sein. Die Erlanger Tüftler hoffen, dass ihre Erfindung schon bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland eingesetzt wird.
Immerhin stößt die High-Tech-Anlage in Fachkreisen auf großes Interesse. "Für mich ist das nur als Entscheidungshilfe in der Frage Tor oder nicht Tor denkenswert", sagt DFB-Schiedsrichterlehrwart Eugen Striegel. Das entspreche auch den Bestimmungen der Internationalen Fußball-Verbandes. Eine technische Lösung der Abseitsfrage werde dagegen von den Schiedsrichtern derzeit nicht diskutiert.
"Gläserner Fußball"
Der Schweizer FIFA-Schiedsrichter Urs Meier, der bei der WM 2002 in Asien das Halbfinale Deutschland-Südkorea pfiff, äußert sich durchweg positiv über das System. "Gerade in einer Zeit, in der sich der Fußball in der Schnelligkeit und Genauigkeit rasant weiter entwickelt, wird der Job immer anspruchsvoller." Wenn die Technik ausgereift sei und zu 100 Prozent funktioniere, solle sie auch eingesetzt werden.
Ob der "gläserne Fußball" nun eingesetzt wird oder nicht, "entscheiden soll weiterhin der Unparteiische, nicht das System", betont Sylvia Couronn. Reinert ergänzt: "Tatsachenentscheidungen werden nicht angetastet." So soll es auch weiter dem Schiedsrichter überlassen bleiben, wann er zur Pfeife greift oder weiterspielen lässt.
Von Manfred Präcklein, dpa
Quelle: ntv.de