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Google kämpft gegen Shitstorm Kein Recht auf Privatsphäre in Gmail?

Spricht Google Gmail-Nutzern tatsächlich das Recht auf Privatsphäre ab?

Spricht Google Gmail-Nutzern tatsächlich das Recht auf Privatsphäre ab?

(Foto: picture alliance / dpa)

Derzeit sorgen Meldungen für großen Wirbel, wonach Google-Anwälte gesagt haben sollen, Nutzer des E-Mail-Services des Unternehmens hätten kein Recht auf Privatsphäre. Ist das tatsächlich so, schnüffelt Google seine Nutzer hemmungslos aus, liest alle E-Mails mit und gibt sie womöglich an Dritte weiter? Oder werden hier einfach nur Tatsachen verdreht und Zitate aus dem Zusammenhang gerissen?

Die US-Verbraucherschutzorganisation "Consumer Watchdog" hat eine Pressemitteilung verschickt, die sich im Internet wie ein Lauffeuer verbreitet und inzwischen weltweit für einen Aufschrei der Empörung gesorgt hat. Google soll in einem Prozess offiziell verkündet haben, wer E-Mails an ein Gmail-Konto schicke, dürfe nicht erwarten, dass seine Privatsphäre gewahrt werde.

In dem Prozess vor einem Bundesgericht wird Google in einer Sammelklage beschuldigt, seine Praxis, E-Mails auf seinen Servern automatisch zu scannen, um gezielte Werbung anzeigen zu können, verstoße gegen geltende Gesetze. "Consumer Watchdog" zitiert dabei einen Absatz aus einer 39-seitigen Stellungnahme der Anwälte, in der es heißt: Ebenso wie jemand, der einem Geschäftspartner einen Brief schickt, nicht überrascht sein dürfe, wenn dessen Sekretärin den Brief öffnet, dürfe jemand, der einen webbasierten E-Mail-Dienst nutzt, nicht überrascht sein, wenn seine E-Mails vom Provider des Empfängers während der Übermittlung verarbeitet werden. Tatsächlich habe "eine Person keinen gesetzlichen Anspruch auf Privatsphäre, wenn er Informationen freiwillig an Dritte weitergibt."

Zitat aus 34 Jahre altem Urteil

Google habe damit endlich zugegeben, dass es die Privatsphäre nicht respektiere, schließt "Consumer Watchdog" aus diesem Zitat. Ist das so? Tatsächlich gehen Googles Anwälte so vor, wie es in Prozessen, in denen über "geltendes Recht" gestritten wird, üblich ist. Sie zitieren aus einem Urteil des obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1979, aus der die zwar umstrittene, aber offenbar noch geltende "Drittanbieter-Doktrin" ("third-party-doctrine") stammt, die nach Meinung der Anwälte auch in diesem Fall heranzuziehen ist.

Es geht es dabei nicht darum, dass Google die E-Mails von Dritten lesen oder gar weitergeben darf, wie einige Schlagzeilen suggerieren. Der Streitpunkt ist, dass auf Googles Servern Nachrichten gescannt werden, die an einen Gmail-Empfänger geschickt werden. Die Anwälte des Unternehmens betonen, dass bereits mehrere Gerichte festgestellt hätten, dass das automatische Scannen von E-Mails allgemein bekannt sei, akzeptiert werde und der Absender einer E-Mail an ein Gmail-Konto sich mit dem Versand damit einverstanden erkläre.

US-Prozess nicht relevant für Deutschland

Google hat also an keiner Stelle behauptet, die Privatsphäre seiner Nutzer nicht zu respektieren. Ob das automatische Scannen von an Gmail-Konten gesendeten E-Mails in Deutschland möglicherweise gegen geltendes Recht verstößt, kann aus dem US-Verfahren nicht abgeleitet werden. Google ist in Deutschland aber an seine Datenschutzerklärung und Nutzungsbedingungen gebunden, in denen es ausführlich erklärt, welche Informationen es sammelt und wie sie verwendet werden. Außerdem gibt Google dem Nutzer einige Instrumente in die Hand, um zu bestimmen, wie mit seinen Daten umgegangen wird.

Das US-Unternehmen verschweigt auch nicht, dass es Nutzerdaten unter Umständen "aus rechtlichen Gründen" weitergibt. Dazu gehört auch ein staatlicher Zugriff "um anwendbare Gesetze, Regelungen, oder anwendbares Verfahrensrecht einzuhalten oder einer vollstreckbaren behördlichen Anordnung nachzukommen." Angesichts der Snowden-Affäre ist dies ein äußerst kritischer Punkt, letztendlich aber Sache der Politik und Justiz hier für einen verantwortungsvollen, angemessenen und legalen Umgang mit den Nutzerdaten zu sorgen.

Nutzer können zielgerichtete Anzeigen abschalten

Im Falle der Verarbeitung von E-Mails für Werbezwecke schreibt Google: "Die Anzeigenübereinstimmung in Gmail ist vollständig automatisiert. Niemand liest Ihre E-Mails, um Anzeigen für Sie zu schalten." Und Google erlaubt Nutzern, die keine interessenbezogenen Werbung erhalten möchten, sie in den Anzeigeneinstellungen zu deaktivieren. Das Gleiche gilt auch für die Google-Suche und Webseiten.

Dass Google E-Mails automatisch durch einen Algorithmus scannen lässt, ist praktisch schon bekannt, seit der Dienst 2004 gestartet wurde und kaum eine Schlagzeile wert.

Letztendlich sollte sich jeder darüber im Klaren sein, der Google-Dienste nutzt, dass sie nicht wirklich gratis sind. Google muss Geld verdienen – wie jedes andere Unternehmen. Dafür verwendet es die Daten seiner Nutzer, die es in großen Mengen sammelt, um Anzeigen seiner Werbekunden möglichst zielgerichtet zu platzieren.

Googles Geschäftsmodell beruht aber nicht darauf, die Daten seiner Nutzer weiterzugeben. Und man darf davon ausgehen, dass das Unternehmen sehr gut darauf achtet, dass dies weder bewusst noch ungewollt passiert. Denn sollte jemals bekannt werden, dass Google Nutzerdaten verkauft oder sie unzureichend schützt, ist es erledigt.

Quelle: ntv.de

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