"Es gibt noch zu tun" Rumpeliger WeTab-Start
27.09.2010, 13:22 UhrZum offiziellen Verkaufsstart des WeTab hält sich der Ansturm in Grenzen. Nach der langwierigen Vorgeschichte ist das auch kein Wunder. So richtig ausgereift ist das Gerät noch nicht, doch der Hersteller gibt sich optimistisch.
Seit Ende letzter Woche liegt das WeTab in den Media Markt-Regalen und in den nächsten Wochen weitere Händler folgen. Der große Run blieb zum offiziellen Verkaufsstart aber aus: "Das WeTab ist leider nicht so erfolgreich angelaufen, wie wir das erhofft haben", heißt es in einer Media Markt-Filiale in Nordrhein-Westfalen. WeTab-Geschäftsführer Tore Meyer erwartet bis Ende nächsten Jahres einen Absatz "im guten sechsstelligen Bereich", also von mehreren hunderttausend Stück. "Wir rechnen uns gute Chancen aus", so Meyer. Zum Vergleich: Apples iPad verkaufte sich seit April mehr als drei Millionen Mal.
Der Herausforderer aus Berlin ist mit 11,6 Zoll etwas größer als das 9,7 Zoll-iPad und wiegt mit seinem knappen Kilo auch über 300 Gramm mehr. Da fangen die Unterschiede aber erst an. Das WeTab läuft mit einer angepassten Version von MeeGo, einem Linux-System, das von Nokia und Intel unterstützt wird. Linux steht für Offenheit und vielfältige Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Das iOS des iPad hat seine Wurzeln zwar ebenfalls in der Unix-Linux-Welt, wurde von Apple aber nach außen abgeschottet.
MeeGo von Anfang an geplant
"Wir betrachten Open-Source als sehr gute Alternative zu geschlossenen Systemen", erklärt Geschäftsführer Meyer. "Tablets leben vom Internet, und die Kommunikation mit dem Netz ist Software-gesteuert." Allerdings ist die Software auch von Anfang an das besondere Sorgenkind des WeTab-Projekts gewesen. Im April wurde das Gerät erstmals öffentlich präsentiert - peinlicherweise noch als Windows-Dummy. Kurz danach wurde das ursprünglich als WePad bezeichnete Projekt in WeTab umbenannt - offenbar unter markenrechtlichem Druck von Apple. Die Entscheidung für MeeGo war erst Anfang September bekannt geworden, stand aber angeblich schon zu Beginn des Jahres fest.
Auf das MeeGo-Fundament haben die Entwickler eine eigene Oberfläche draufgesetzt. Die Idee überzeugt. So wird der Tablet-Computer mit zwei Händen gehalten, die Grundfunktionen werden mit beiden Daumen gesteuert: rechts die Navigation auf der zentralen "Pinnwand" mit den Programmsymbolen, links die Navigation in einzelnen Dokumenten wie etwa auf einer Webseite.
Nicht alles läuft rund
Idee und Wirklichkeit klaffen beim WeTab aber noch weit auseinander. Etliche Programme wie etwa OpenOffice oder die E-Book- Software FBReader sind nicht auf das Bedienkonzept abgestimmt. Dass wichtige Funktionen noch fehlen, wäre zu verschmerzen. Auch in den vorhandenen Kernfunktionen läuft die Bedienung indes nicht immer rund.
Dies gilt für vorinstallierte Programme wie E-Mail, Adressbuch oder Kalender ebenso wie für den Neigungssensor des Geräts, der sich nicht wie beim iPad abschalten lässt und das Bild vorschnell auf den Kopf stellt. Multi-Touch fehlt bislang: Man kann also nicht so bequem in ein Foto hineinzuzoomen wie beim iPad. Auch der angekündigte Flash-Player mit Unterstützung für den Hardware-Beschleuniger fehlt noch. Das WeTab hat zwar zwei USB-Anschlüsse, kann aber keine Daten auf einen USB-Stick kopieren.
Technik-Chef Stephan Odörfer räumt ein: "Es gibt definitiv noch zu tun." In dieser Woche soll ein Update fürs Betriebssystem bereitgestellt werden, das die noch fehlenden Funktionen ergänzt. "Wir beschäftigen uns schon seit dreieinhalb Jahren mit dem Thema Tablet-Computer", sagt Meyer. Für das Tablet-Projekt hat sich die Münchner 4tiitoo GmbH mit der neofonie GmbH des Internet-Unternehmers Helmut Hoffer von Ankershoffen zur WeTab GmbH zusammengetan. Als Partner für Hardware-Support und Logistik holten die WeTab- Entwickler den Hersteller Medion mit ins Boot.
Made in China
Produziert wird bei einem der großen Auftragshersteller in China, so ist der massenmarkttaugliche Preis erst möglich. In der Basisversion mit 16 Gigabyte Speicher kostet das WeTab 449 Euro, mit Mobilfunk-Unterstützung und doppelt so großem Speicher sind es 569 Euro.
Bei den Auftragsherstellern in Fernost bekomme man bereits seit etwa zwei Jahren "sehr einfache Tablet-Designs", erklärt WeTab- Geschäftsführer Meyer. "Aber um ein gutes Tablet zu machen, reicht es nicht, einfach ein Design zu nehmen und die eigenen Marke dazu zu bringen." Tatsächlich ist es technisch alles andere als trivial, ein Touchscreen-Tablet mit Linux zu entwickeln. Der X-Server für die Steuerung von Benutzereingaben unter Linux sei "ein Urgestein aus den 80er Jahren, das hat von Multitouch mit zwei Mauszeigern noch nie etwas gehört", erklärt Technikchef Odörfer. Schritt für Schritt werde das WeTab-System jetzt aber weiter verbessert.
Quelle: ntv.de, ino/dpa