Sprung ins Digitalzeitalter Urhebergesetz beschlossen
11.04.2003, 14:40 UhrMit breiter Mehrheit, aber gegen die Stimmen der FDP hat der Bundestag ein neues Urheberrechtsgesetz beschlossen, das das aus der "Papierzeit" stammende Recht dem digitalen Computerzeitalter anpassen soll. Mit der Gesetzesnovelle wird das Umgehen von Kopierschutzsystemen bald schwer beeinträchtigt bis vollkommen verboten sein. Ausnahmen, die allerdings rechtlich keineswegs sauber gezogen sind, gibt es nur für private Zwecke und die Forschung.
Nutznießer der neuen Regelung ist vor allem die Medienwirtschaft. So begrüßte etwa die deutsche Musikindustrie grundsätzlich, dass der "längst überfällige Beschluss" endlich zu Stande gekommen ist. "Damit erhalten wir zumindest einige der Rahmenbedingungen, die für die Tonträgerhersteller dringend erforderlich sind", erklärte Gerd Gebhardt, Vorsitzender der deutschen Phonoverbände.
Intranet in Schulen und Universitäten
Bis zuletzt heftig umstritten war die Regelung, wonach Schulen und Forschungsstätten künftig Publikationen in ihr internes Netzwerk stellen dürfen. Damit werden die teilweise wissenschaftlichen Texte einem bestimmten Personenkreis kostenlos zur Verfügung stehen. Eine freie Verbreitung im Internet bleibt verboten.
Bundesjustizminister Brigitte Zypries (SPD) lobte das neue Gesetz als "für unsere Wissensgesellschaft richtungweisend". "Da, wo die Lehrer früher Papiere und Fotokopien ausgeteilt haben, wird heute der Text auf den Computer der Schüler in der Schule gespielt und man kann daran arbeiten", sagte Zypries. Auch künftig werde lediglich erlaubt, dass Lehrer im Unterricht oder Wissenschaftler für die eigene wissenschaftliche Forschung kleine Teile von Werken, Werke in geringem Umfang oder einzelne Beiträge aus Zeitschriften über Computer nutzen. Weder werde die Verbreitung im allgemein zugänglichen Internet erlaubt noch dürften über das interne Intranet beispielsweise alle Studenten einer Universität Zugriff haben.
Angesichts der starken Kritik der wissenschaftlichen Fachverlage, die den Absatz ihrer Werke bei Universitäten und Bibliotheken massiv bedroht sehen, wurde der Paragraf 52a, der den Austausch digitaler Kopien für Unterrichts- und Forschungszwecke per Intranet gestattet, bis Ende 2006 befristet. "Wir werden sorgfältig darauf achten, wie sich die Lage entwickelt und wie die Bestimmung angewandt wird", sagte Zypries. Nötigenfalls werde das Gesetz schon vorher wieder geändert.
Kritik von Seiten der FDP
"Hier wird in so starkem Maße in Eigentumsrechte eingegriffen, dass wir nicht zustimmen können", sagte Rainer Funke von der FDP. "Dieser Gesetzentwurf wird dem Bedürfnis der Kreativen und der Verwerter nach Rechtsschutz in der Informationsgesellschaft nicht gerecht", sagte er zur Begründung des Neins der Liberalen. "Hier wird auf unverhältnismäßige Weise in die Verwertungsrechte der Verlage und Autoren eingegriffen."
Die FDP lehne auch die Erlaubnis einer digitalen "Privatkopie" ab, weil die kopierte Quelle nicht legal erworben sein müsse. "Was heute unter dem Rubrum Privatkopie stattfindet, ist eine existenzielle Bedrohung der Medienwirtschaft und eine Bedrohung des kreativen Potenzials."
Auch die Union zeigte sich mit dem Gesetz unzufrieden. "Wir hätten dieses Gesetz an entscheidenden Stellen deutlich anders gestaltet", sagte Günter Krings (CDU). Es sei aber gelungen, eine Reihe von "Fehlentwicklungen" zu entschärfen. Die Union hoffe darauf, in einem zweiten "Korb" von noch ausstehenden Regelungen - beispielsweise zur Präzisierung einer angemessenen Vergütung - wesentliche Verbesserungen zu erreichen. Die Union stimmte trotz Kritik zu.
Das "Gesetz zur Regelung des Urheberrechtes in der Informationsgesellschaft" muss noch vom Bundesrat gebilligt werden.
Quelle: ntv.de