Megastall in Saudi-Arabien 50.000 Holsteiner-Kühe produzieren Milch - mitten in der Wüste


Die riesigen Ausmaße der Al Safi-Farm sind aus dem All gut zu erkennen.
(Foto: © Google Earth, Image © 2024 Airbus)
In Saudi-Arabien gibt es einen der größten Kuhställe der Welt. 50.000 Tiere werden dort gehalten - mitten in der heißen und trockenen Wüste. Der Wasserbedarf ist enorm - die Grundwasservorräte gehen schon zur Neige.
Die Rub al-Chali-Wüste in Saudi-Arabien ist mit 780.000 Quadratkilometern die größte Sandwüste der Welt. Mitten im endlosen Sand, etwa 100 Kilometer von Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad entfernt, steht einer der weltweit größten Kuhställe.
Die Al-Safi-Farm ist eine von insgesamt vier Milchviehbetrieben in dem Wüstenstaat. 50.000 Holstein-Milchkühe werden in den kilometerlangen Ställen gehalten, bei 55 Grad Außentemperatur in der Wüste. Jeder Stall ist 500 Meter lang, drin leben jeweils 1500 Kühe.
Die Kuhhaltung in der Wüste ist eine Herausforderung. Gegen den Hitzestress der Tiere nutzen die saudischen Farmen Ventilatoren und Wasservernebler. In den Ställen der Al-Safi-Farm sorgen die Kühlanlagen für eine konstante Temperatur von 27 Grad. Wenn es heißer wird, springt die Sprinkleranlage automatisch an. Um einen Liter Wüstenmilch zu produzieren, verbraucht die Anlage 100 Liter Wasser.
"Die Kühlung ist sehr wichtig. Wenn es den Kühen zu heiß ist, geht die Milchproduktion massiv zurück. Aber wenn wir die Temperatur bei 25 bis 30 Grad halten, produzieren sie sehr viel Milch", erklärt Manager Abdul Rahman bei RTL.
Eine Million Liter Milch täglich
Viermal am Tag geht jede Kuh zur vollautomatischen Melkstation und gibt insgesamt etwa 40 Liter Milch. Zum Vergleich: Eine Milchkuh in Deutschland schafft am Tag nur 27 Liter, etwas mehr als die Hälfte. Insgesamt sind das bis zu 800.000 Liter Milch pro Tag. Der Hersteller spricht sogar von über einer Million Liter Milch täglich. Die Melkstation läuft fast rund um die Uhr.
Pro Tag werden in dem Riesenstall etwa 65 Kälber geboren. Jede Kuh wird per Chip im Ohr detailliert überwacht. "Wir können ablesen, wie viel sie fressen, wie die Milchleistung ist, ob die Kuh trächtig ist oder Medikamente bekommen hat", sagt Abdul Rahman.
Futteranbau in Afrika und den USA
Das Futter für die Kühe wird zum Teil importiert, es kommt aus der ganzen Welt. Denn in der Wüste dürfen kaum Futterpflanzen angebaut werden, um den Wasserverbrauch zu drosseln. In Zukunft soll das Viehfutter verstärkt aus dem Sudan kommen. Dort baut das Unternehmen nach eigenen Angaben zusammen mit Investoren ein großes landwirtschaftliches Unternehmen auf. Das soll Mais, Hirse und Gräser zu den Wüsten-Kuhställen nach Saudi-Arabien liefern. Immerhin 1300 Tonnen Futter verschlingen die Tiere pro Tag. Neben Heu kommen auch Cornflakes aus den USA in die Futtermischung.
Auch andere Milchviehbetriebe im Land kaufen das Futter inzwischen woanders ein: Auf der nicht weit entfernten Almarai-Farm in Al-Kharj leben sogar mehr als dreimal so viele Holstein-Kühe, 180.000. Die Farm ist einer der weltweit größten Milcherzeuger. 2014 hat der Betrieb rund 40 Quadratkilometer Ackerland im US-Bundesstaat Arizona gekauft, wo er die Futterpflanze Luzerne anbaut. Saudi-Arabien ist im weltweiten Vergleich ein eher kleiner Player in der Milcherzeugung: 2023 produzierte der Wüstenstaat 0,2 Prozent der weltweiten Milchmenge aus Kuh- und Büffelmilch.
Angeschlossen an die Al-Safi-Farm ist eine Milchfabrik. 2001 hat sich das französische Unternehmen Danone in die saudi-arabische Milchfarm mit 50,1 Prozent eingekauft. Aus der Wüstenmilch werden unter der Marke Al Safi Danone Milchgetränke, Joghurts oder Käse hergestellt, über 80 Milchprodukte insgesamt. Das Unternehmen versorgt damit Saudi-Arabien und exportiert sie in 12 Länder im Nahen Osten.
Subventionen für die Landwirtschaft
Die Al-Safi-Farm gibt es seit über 40 Jahren (1981). Aufgebaut hat sie die saudische Königsfamilie. Al Safi entwickelte sich schnell zur größten Molkerei des Landes und bald der Welt. Ende der 1990er-Jahre war die Farm mit 24.000 Tieren der größte Milchviehbetrieb der Welt.
Früher war Saudi-Arabien sehr abhängig von Lebensmittelimporten. Als Reaktion auf das arabische Ölembargo gegen westliche Länder 1973 wollte die saudische Regierung davon unabhängig werden und hat ein Subventionsprogramm für die Landwirtschaft gestartet. Bauern wurde die Fracht für eingeflogene Milchkühe aus Europa und Kanada bezahlt. Die Farmen durften die Grundwasserreserven anzapfen. Riesige Projekte entstanden, unter anderem eben die Al-Safi-Farm.
In den 1980er-Jahren wurde Saudi-Arabien vom Nahrungsmittel-Importeur zum -Exporteur, war zeitweise der sechstgrößte Weizenexporteur der Welt. Getreide exportiert das Land bis heute, auch Gemüse, Früchte und Milchprodukte.
Grundwasserspiegel metertief gesunken
Allerdings ist fraglich, wie lange noch. Das viele Wasser, das Farmen wie Al Safi benötigen, kommt inzwischen zwei Kilometer tief aus der Erde. Es ist 70 Grad heiß und muss erst einmal abgekühlt werden.
Zwar hat Saudi-Arabien riesige, alte Grundwasservorräte. Durch die intensive Landwirtschaft und die wachsende Bevölkerung ist der Grundwasserspiegel gesunken - seit den 1980er-Jahren laut den Vereinten Nationen bis zu sechs Meter pro Jahr.
Weil es so wenig regnet, werden die Grundwasserspeicher kaum nachgefüllt. Inzwischen ist das Grundwasser in vielen Teilen des Landes auf einem kritischen Niveau. Forscher sehen den Kipppunkt im Land schon fast erreicht. Dann würden Landwirte plötzlich ihre Wasserquelle verlieren - das könnte die Lebensmittelproduktion gefährden.
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Quelle: ntv.de