Wirtschaft

USA fürchten Milchpreis-Crash Der transatlantische Käse-Krieg

Die USA geben 20 Millionen Dollar aus, um ihre heimischen Milchproduzenten zu stützen.

Die USA geben 20 Millionen Dollar aus, um ihre heimischen Milchproduzenten zu stützen.

(Foto: REUTERS)

Der Milchpreis fällt und fällt. Der Existenzkampf deutscher Bauern hat inzwischen globale Folgen: Die US-Regierung kauft tonnenweise Käse, um nun auch ihre Landwirte zu schützen. Es droht ein Subventionswettlauf.

Europas Milchbauern erleben harte Zeiten. Seit dem Auslaufen der Milchquote im vergangenen Jahr ist der Milchpreis im Sinkflug. Die Russland-Sanktionen verschlimmern den Crash. In das riesige Land, das zuvor ein zuverlässiger Abnehmer für die Milch-Überproduktion des Kontinents war, dürfen die Landwirte nicht mehr exportieren. Also müssen neue Absatzmärkte her. Zum Beispiel die USA.

In Übersee sind die Preise für Milchprodukte dadurch so stark gefallen, dass die US-Regierung Landwirten nun einen riesigen Haufen Käse abkauft: Rund 5000 Tonnen (11 Millionen Pfund) werden auf Kosten des Steuerzahlers an Armenküchen, Schulen und Tafeln verteilt. 20 Millionen Dollar kostet die Aktion.

Der Vorfall zeigt nicht nur, wie drastisch die Milchkrise geworden ist. Er wirft ein Schlaglicht darauf, welche dramatischen Fehlanreize für Überproduktion der Staat durch seine Subventionen setzt. Der Stützungskauf zeigt exemplarisch, wie globalisiert die Landwirtschaft heute produziert. Und wie erfolgreich Bauernverbände auf beiden Seiten des Atlantiks Lobbyarbeit leisten. Ein transatlantischer Käse-Krieg ist entbrannt.

Bauern-Lobby leistet ganze Arbeit

Weil deutsche Bauern zuviel Milch produzieren und die Preise drücken, muss die US-Regierung nun den US-Landwirten beispringen, lautet dabei die Logik. Hinter all dem Käse stecken die US-Milchbauern. Sie stehen ihren Volksvertretern schon lange auf den  Füßen, die unliebsame Auslandskonkurrenz zu drosseln. Man habe "Aufforderungen vom Kongress, dem Bauernverband und dem Milcherzeuger-Verband erhalten, unverzüglich einen Stützungskauf einzuleiten", teilt das US-Landwirtschaftsministerium mit. Die Milcherzeuger des Landes würden unter dem Überangebot und den niedrigen Weltmarktpreisen leiden. In den letzten beiden Jahren hätten sie 35 Prozent ihrer Einkünfte verloren.

Die gleichen Hilferufe und Argumente auch diesseits des Atlantiks. Hier hätten viele Milchbetriebe binnen zwei Jahren sogar die Hälfte ihres Einkommens eingebüßt, rechnet der Bauernverband vor. Der Bundesverband deutscher Milchviehhalter hält seine Betriebe gar für "too big to fail", wie die Banken in der Finanzkrise. Der Staat müsse einspringen. Nun sahnen die Milchbauern kräftig ab.

Im Herbst 2015 flossen im Rahmen eines ersten EU-Rettungspakets bereits rund 70 Millionen Euro. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hat den Betrieben weitere Hilfen von mindestens 100 Millionen Euro zugesagt. Die eine Hälfte soll von der EU, die andere Hälfte aus dem Bundeshaushalt kommen. Zudem wurden auf dem Milchgipfel im Mai eine noch stärkere staatliche Subventionierung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, Steuervergünstigungen und Bürgschaften für Bauern beschlossen.

Droht ein Handelsstreit?

Die US-Regierung kauft ihren Bauern Käse ab, die deutsche Regierung gibt ihren Landwirten Geldspritzen: In der Milchkrise überbieten sich die Staaten mit Beihilfen für die Bauern. Es droht ein Wettlauf, der das Potenzial hat, sich zum Handelsstreit hochzuschaukeln. Schon jetzt sind Agrarsubventionen ein Knackpunkt der Gespräche über das transatlantische Handelsabkommen TTIP.

Doch all die staatlichen Zuschüsse lösen das grundlegende Problem nicht: Weltweit wird zu viel Milch erzeugt, deshalb lohnt sich das Geschäft für viele Landwirte kaum noch. Durch staatliche Mengenbegrenzung oder Preiszuschüsse wurden viele Betriebe jahrelang künstlich am Leben erhalten.

Es sieht alles danach aus, als werde das Spiel weitergehen. Man werde die Marktentwicklung in den kommenden Monaten überwachen und falls nötig im Herbst weitere Maßnahmen ergreifen, teilt das US-Landwirtschaftsministerium mit. Der US-Bauernverband hat schon mal vorgebaut. Im März hat er in Minneapolis seinen aktuellen Forderungskatalog beschlossen. Eine Forderung: Die Einführung von "Zöllen auf ausländische Importe aller Bestandteile von Milchprodukten, die heimisch produzierte Milch verdrängen".

Quelle: ntv.de

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