Wirtschaft

Post aus Athen Gabriel stellt sich gegen Schäuble

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(Foto: REUTERS)

Griechenland bittet in einem zähen Verfahren nun doch um weitere Hilfen. Das deutsche Finanzministerium schmettert das Ansinnen in der aktuellen Form ab. Doch der SPD-Spitze findet das vorschnell - anders als seine Haushälter.

Die Ablehnung des neuerlichen Antrags Athens durch Finanzminister Wolfgang Schäuble stößt auch auch auf Kritik. Unter anderen reagierte sein Kabinettskollege und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel verstimmt - und war dann bemüht, die unterschiedliche Bewertung nicht zu hoch zu hängen. "Das schriftliche Angebot der griechischen Regierung zu Verhandlungen über die Fortsetzung des Reformprogramms ist ein erster Schritt in die richtige Richtung", hieß es zunächst in Ministeriumskreisen. Damit argumentierte der SPD-Vorsitzende auch gegen die Haushaltsexperten der eigenen Fraktion. Ihm zur Seite sprang indes sein Vize Thorsten Schäfer-Gümbel: "Schäubles sofortiges Nein ist eine unnötige Konfrontation."

Weiter verlautete, dass man rate, "dass wir diese neue Haltung der griechischen Regierung als Ausgangspunkt für Verhandlungen nutzen und nicht vorher bereits öffentlich ablehnen". Man sollte jetzt Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und der EU-Kommission die Zeit und die Chance zu ernsthaften Verhandlungen mit Griechenland geben und dann den Abschluss der Verhandlungen bewerten. "Jetzt ist es dafür zu früh."

Gabriel ringt um moderate Töne

Bei einem Termin in Potsdam sagte Gabriel später: "Ich bin froh, dass Griechenland deutlich gemacht hat, dass sie ein neues Programm haben wollen. Ich bin dafür, dass wir jetzt nicht zu schnell Ja oder Nein sagen."

Später sagte er dann: "Ich stimme mit der Bewertung des Kollegen Schäuble überein, dass das nicht ausreichend ist." Insbesondere fehle eine Nennung der konkreten Maßnahmen, die in Griechenland erfolgen müssten. Doch man müsse den Brief "als Ausgangspunkt für Verhandlungen nutzen" und fügte hinzu: "Ich denke, dass der Kollege Schäuble das genauso sieht."

Gabriel lobte es zudem als "Riesenschritt der griechischen Regierung, dass sie akzeptiert, dass es ohne ein Programm keine Hilfe geben wird". Angesichts der verhärteten Fronten mahnte er: "Wir müssen alle damit aufhören, Ultimaten zu formulieren."

Grüne: Pampige Ablehnung durch Schäuble

Noch deutlicher wurde Grünen-Finanzexperte Sven Giegold: "Schäubles pampige Ablehnung von Griechenlands Antrag blockiert eine gemeinsame Lösung." Der Brief Griechenlands sei eine gute Basis für die Verhandlungen, teilte Giegold über Twitter mit. Der Vorsitzende der SPD im EU-Parlament, Udo Bullmann, rief die Eurogruppe dazu auf, die Chance auf eine Einigung im Schuldenstreit zu nutzen. "Schäuble sollte Lösungen nicht länger blockieren", twitterte Bullmann.

Dagegen stellten sich die Haushalts- und Finanzpolitiker der Großen Koalition hinter Finanzminister Schäuble. Die Abgeordneten machten für ihre Fraktionen klar, dass sie wegen fehlender Reform- und Sparzusagen Athens keiner Verlängerung des Griechenland-Programms zustimmen könnten.  Die CDU schickte Fraktionsvize Ralph Brinkhaus nach vorne: "Wir begrüßen die sehr klare Haltung der Bundesregierung", sagte er. "Für uns ist weiterhin die Arbeitsgrundlage, dass Programmvereinbarungen eingehalten werden."

SPD-Haushaltspolitiker: Keine Athener Alleingänge

Die Sozialdemokraten schlugen in die gleiche Kerbe: "Wenn die griechische Regierung weitere finanzielle Unterstützung will, muss sie sich unmissverständlich zu den geltenden Verträgen und einem erfolgreichen Abschluss des Programms bekennen", verlangten die Haushaltspolitiker Carsten Schneider und Johannes Kahrs in einer gemeinsamem Erklärung. Die griechische Regierung riefen sie auf, keine Alleingänge zu starten.

Der Unions-Budgetexperte Eckhardt Rehberg monierte, die Griechen wollten weiter Geld erhalten, aber die Regeln nicht einhalten. "So etwas ist nach meiner Auffassung nicht zustimmungsfähig in der Unionsfraktion", sagte er Dow Jones Newswires. "Deshalb ist die Ablehnung des Bundesfinanzministers folgerichtig."

Rückendeckung erhielt der Finanzminister auch von seinen Parteifreunden im EU-Parlament: "Das Schreiben der griechischen Regierung ist voll offener Hintertüren, konkret ist nur der Wunsch nach finanziellen Hilfen", sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Herbert Reul. "Ohne die Erfüllung der Reformauflagen kann es keine Verlängerung des Programms geben."

Dazu müsse sich die griechische Regierung zu sehr konkreten Reformschritten verpflichten. "Die Verlängerung des Programms wird es nicht als bloßes 'Übergangsgeld' geben", mahnte Reul.

Politikexperte vermutet politisches Manöver

Auch die FDP unterstützte Schäuble. "Wir begrüßen die Haltung der Bundesregierung", sagte Parteichef Christian Lindner. Die seit 2010 geschärften Regeln der Währungsunion dürften nicht erneut gebrochen werden. "Niemand zwingt Griechenland dazu, im Euro zu bleiben." Wolle Athen aber im Euro bleiben, "dann muss es die Regeln akzeptieren und Reformzusagen für Hilfen einlösen".

Matthias Kullas vom Centrum für Europäische Politik vermutete hinter dem Vorgehen Athens allerdings ein taktisches Manöver. "Wenn das Ganze scheitern sollte, hat man den Schwarzen Peter von sich weg geschoben", sagte er. Die Griechen kämen den Euro-Partnern in dem Schreiben "nur in symbolischen Fragen" entgegen, analysierte der Politikexperte. "Aber im Kern der Sache, welche fiskalischen Auflagen und welche Reformen müssen sie erfüllen, sind sie keinen Schritt entgegengekommen."

Schäubles Sprecher hatte den Antrag Griechenlands auf eine sechsmonatige Verlängerung der Kredithilfen der Euro-Partner als keinen substanziellen Lösungsvorschlag bezeichnet.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa

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