Rotstift regiert HSBC baut massiv Stellen ab
09.06.2015, 08:38 Uhr
Strafzahlungen in den USA und Großbritannien.
(Foto: dpa)
Die britische Großbank HSBC verschärft ihren Sparkurs und streicht Zehntausende Stellen. Das Geldinstitut will sich aus Brasilien und der Türkei zurückziehen. HSBC mit diesem Sparprogramm mehrere Milliarden US-Dollar einsparen.
Die britische Großbank HSBC will weltweit 22.000 bis 25.000 Arbeitsplätze streichen. Die Stellenkürzungen seien Teil einer weltweiten Restrukturierung, teilte das Unternehmen mit. Im Zuge des Konzernumbaus will sich die Großbank zudem weitgehend aus der Türkei und Brasilien zurückziehen, im Gegenzug aber stark in Asien investieren, wie es in einer Mitteilung an die Börse in Hongkong hieß. Insgesamt stehen damit bis zu 50.000 Stellen auf dem Spiel.
Auf diese Weise wolle die Bank bis zum Jahr 2017 jährlich Kosten zwischen 4,5 und 5 Milliarden US-Dollar einsparen. Insgesamt werde die Restrukturierung das Unternehmen in diesem Zeitraum 4 bis 4,5 Milliarden Dollar kosten.
Derzeit beschäftigt Europas größte Bank 266.000 Mitarbeiter, davon 48.000 in Großbritannien. Die HSBC musste sich in jüngster Zeit mehreren Skandalen stellen: Wegen Manipulationen an Devisenmärkten zahlte das Unternehmen Strafen an die Regulierungsbehörden in den USA und in Großbritannien.
Gulliver: "Die Welt wandelt sich"
Zudem soll die Schweizer Tochter laut den als "Swissleaks" bekannten Enthüllungen in der Vergangenheit Kunden bei Steuerhinterziehung geholfen haben. Die Schweizer Filiale hatte sich nach den Enthüllungen von den kritisierten Praktiken distanziert.
Für den HSBC-Chef Stuart Gulliver ist es der zweite Anlauf, die Bank wieder besser in die Spur zu bringen. Der Manager hatte seinen Job im Jahr 2011 angetreten und ist seither damit beschäftigt, das Gestrüpp der vielen Geschäftsaktivitäten zu lichten und die Bank besser steuerbar zu machen. Die Strategie von Gulliver hatte bislang jedoch keine großen Erfolge gebracht, weil sich die Kosten für Rechtsstreitigkeiten vervielfachten, das niedrige Zinsumfeld die Gewinne belastet und sich das Asien-Geschäft verlangsamt hat.
Zuletzt mehrten sich die Forderungen von Analysten und Investoren nach einem Rücktritt von Chairman Douglas Flint und nach einer Aufspaltung der Bank. Darauf reagiert HSBC jetzt mit dem Stellenabbau und den Einsparmaßnahmen. "Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Welt wandelt und wir uns ebenfalls verändern müssen", sagte Gulliver.
Lob von Analystenseite
Die Aktivitäten der Bank in Brasilien, der Türkei, der USA und Mexiko baut die HSBC schon längere Zeit um. Nun kommt ein noch radikalerer Schritt: Aus der Türkei will sich das Finanzinstitut ganz zurückziehen, und in Brasilien sollen nur noch große Unternehmenskunden bedient werden. In Großbritannien will HSBC das Privatkundengeschäft abschirmen. Jegliche Verbindungen zum Investmentbanking sollen in diesem Bereich gekappt werden. Das britische Gesetz macht einen solchen Schritt erforderlich. Beobachter hatten deshalb befürchtet, dass HSBC das britische Privatkundengeschäft sogar ganz abspalten könnte.
Das Geldhaus kündigte zudem an, bis Ende des Jahres eine Entscheidung über die mögliche Verlagerung des Geschäftssitzes weg von London zu treffen. HSBC prüft schon seit geraumer Zeit einen solchen Schritt, um einer britischen Steuer und den strengen europäischen Vorgaben für Bonuszahlungen an die Mitarbeiter zu entgehen.
Ein Analyst von Goldman Sachs lobte die von HSBC angekündigte Restrukturierung. Die Einsparungen würden beträchtlichen Spielraum für Wachstum in Asien schaffen. Gleichzeitig bewahre sich HSBC die Fähigkeit, eine weiter steigende Dividende zu zahlen.
Quelle: ntv.de, wne/AFP/DJ