Wirtschaft

VW und die falschen CO2-Daten Auch viele Benziner sind betroffen

Für VW ist das Jahr 2015 ein Annus horribilis.

Für VW ist das Jahr 2015 ein Annus horribilis.

(Foto: REUTERS)

"Unregelmäßigkeiten" nun auch bei CO2-Werten. Die Folgen für Volkswagen sind schwer kalkulierbar, teuer wird es in jedem Fall. Hinsichtlich einer Steuernachzahlung sieht Verkehrsminister Dobrindt VW in der Pflicht. Und er wartet mit einer Zahl auf: Bei knapp 100.000 Benzinern gibt es falsche CO2-Daten.

Volkswagen stürzt immer tiefer in die Krise: Wegen falscher Angaben beim CO2-Ausstoß und damit auch beim Spritverbrauch drohen dem Autokonzern weitere Kosten in Milliardenhöhe. Damit Autobesitzer von drohenden höheren Steuerzahlungen verschont bleiben, bereitet die Bundesregierung eine gesetzliche Regelung vor.

VW Vorzüge
VW Vorzüge 99,92

VW sei in der Verantwortung und in der Pflicht, den entstandenen Schaden für die Kunden zu beheben, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt im Bundestag. Am CO2-Ausstoß hängt bei Pkw mit Erstzulassung ab 1. Juli 2009 auch die Kfz-Steuer. An der Börse reagierte die VW-Aktie mit einem dramatischen Kursverfall.

Unter den 800.000 Fahrzeugen mit falschen CO2-Werten bei Volkswagen sind nach Angaben Dobrindts auch 98.000 Benziner. Damit sind erstmals seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals Mitte September nicht mehr nur Diesel betroffen. Bisher ging es um Millionen Dieselautos und Werte zum gesundheitsschädlichen Stickoxid, diesmal um den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2).

Das Bekanntwerden neuer Mängel im VW-Abgas-Skandal geht einem Bericht zufolge auf einen internen Whistleblower zurück. Ein VW-Mitarbeiter habe sich direkt bei Vorstandschef Matthias Müller gemeldet und ihm von den möglichen Manipulationen bei CO2-Angaben berichtet, berichtete die "Wirtschaftswoche" unter Berufung auf einen hochrangigen Konzerninsider. VW äußerte sich nicht zu diesem Bericht.  

VW soll für höhere Kfz-Steuer aufkommen

Alexander Dobrindt ist gegen eine zusätzliche Belastung der VW-Kunden.

Alexander Dobrindt ist gegen eine zusätzliche Belastung der VW-Kunden.

(Foto: dpa)

Dobrindt sagte, für die betroffenen Modelle müssten nun unter Aufsicht des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) neue Prüfwerte ermittelt werden. VW habe auf eine Aufforderung hin zugesagt, umgehend ein Kundenzentrum als Anlaufstelle einzurichten. "Sowohl das Vorgehen, das zu diesen Ergebnissen geführt hat, als auch die Ergebnisse selber sind inakzeptabel".

Wenn CO2-Werte wie zu erwarten nach oben korrigiert werden müssten, habe dies Auswirkungen auf die Kfz-Steuer, sagte der CSU-Politiker. "Das gilt auch rückwirkend." In Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium arbeite sein Ressort daher "an einer Gesetzgebung, die dafür sorgt, dass nicht der Kunde durch diese Mehrkosten bei der Kfz-Steuer belastet wird, sondern der Volkswagen-Konzern." Die Grünen-Steuerexpertin und Bundestagsabgeordnete Lisa Paus sagte: "Es sieht danach aus, dass VW sich durch zu niedrig angegebene CO2-Werte der Steuerhinterziehung schuldig gemacht."

Die Ursache der abweichenden CO2-Werte war zunächst unklar. Dobrindt sagte: "Das, was wir hier zur Zeit erleben in der Frage der CO2-Messungen kann darauf zurückzuführen sein, dass man während der Testverfahren Manipulationen beispielsweise am Öl- oder am Reifendruck vorgenommen hat."

Auch mit künftigen internationalen Standards solle so etwas besser auszuschließen sein VW hatte am Dienstag mitgeteilt, es gebe "Unregelmäßigkeiten" beim CO2-Ausstoß. Dabei geht es um die Modelle Polo, Golf, Passat, Audi A1 und A3 sowie Skoda Octavia und Seat Leon und Ibiza. Wie hoch der gemessene CO2-Ausstoß über den offiziellen Werten liegt, sagte ein VW-Sprecher nicht. Auch andere Fragen blieben offen - etwa, in welchen Ländern wie viele Fahrzeuge betroffen sind.

Auch aus Brüssel droht Ungemach

Volkswagen taxierte die wirtschaftlichen Risiken der falschen CO2-Angaben in einer ersten Schätzung auf rund zwei Milliarden Euro. Bereits wegen der Abgas-Manipulationen bei den Stickoxid-Werten hatte VW vor allem für Rückrufe mehr als 6,5 Milliarden Euro zurückgelegt. Schätzungen zufolge aber dürfte die Affäre deutlich teurer werden.

Wegen der falschen CO2-Werte könnten Volkswagen auch EU-Strafen drohen. Bevor die EU-Kommission über mögliche Geldbußen entscheide, müssten aber erst die Fakten geklärt werden, erläuterte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde. Seit 2012 gibt es für die Autohersteller CO2-Grenzwerte, die sie im Durchschnitt ihrer gesamten Flotte einhalten müssen. Wenn diese nicht erfüllt werden, können Strafzahlungen fällig werden.

Unterdessen schloss Daimler Unregelmäßigkeiten bei den CO2-Werten seiner Fahrzeuge aus, wie ein Sprecher sagte. Ein BMW-Sprecher sagte: "Grundsätzlich gilt: Bei der BMW Group wird nicht manipuliert, und wir halten uns selbstverständlich in jedem Land an die gesetzlichen Vorgaben und erfüllen alle lokalen Testvorgaben."

Nockenwellen-Problem und Herabstufung

Derweil ruft VW in den USA fast 92.000 Fahrzeuge neueren Baujahrs wegen Problemen an der Nockenwelle zurück in die Werkstätten. Der deutsche Autobauer hat zudem Händler angewiesen, die Verkäufe bestimmter Fahrzeuge der Baujahre 2015/2016 mit Benzinmotor zu stoppen, bis das Unternehmen eine Problemlösung gefunden habe. Das geht aus einer Mitteilung an Händler hervor, in die das Wall Street Journal Einblick hatte.

Unter den 91.867 von der Rückrufaktion betroffenen Fahrzeuge sind die Modelle Jetta, Passat, Beetle, Golf/GTI und Golf Sportwagen.
Eine VW-Sprecherin sagte, es seien keine Verletzungen durch die Probleme bekannt. Das Unternehmen werde die betroffenen Kunden ab Dezember entsprechend benachrichtigen, hieß es in einer Mitteilung an die Aufsichtsbehörden.

Demnach hat VW bereits im Februar Probleme an der Nockenwelle bemerkt und die betroffenen Teile getestet, bevor sich VW dann im Oktober zu dem Rückruf entschieden habe. Fahrzeuge mit ähnlichen Problemen wurden auch in Kanada zurückgerufen. Durch die Probleme an der Nockenwelle kann die Motor- und Bremskraft beeinträchtigt werden, wodurch wiederum die Unfallgefahr steigt.

Derweil stufte die Ratingagentur Moody's VW wegen des Abgas-Skandals herab und droht mit einer weiteren Senkung der Bonitätsnote. Die Einstufung für die langfristigen Schulden laute nun auf "A3" nach zuvor "A2", teilte Moody's am Mittwoch mit. Der Ausblick sei negativ.

Quelle: ntv.de, wne/dpa/rts/DJ

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