Abgasskandal wird für VW teuer "Mehr als 30 Milliarden Euro Schaden "
13.11.2015, 15:19 Uhr
(Foto: imago/Roland Mühlanger)
"Die ganze Dimension des VW-Skandals lässt sich noch nicht überschauen", sagt Auto-Experte Frank Schwope von der Nord LB. In den USA werde es der Konzern auf Jahre hinaus sehr schwer haben. Und die Aktie? "Verkaufen." Mit Schwope sprach n-tv.de über die Folgen des Skandals, Druck und über die Chancen von Konkurrenten.
n-tv.de: Wie schlimm ist die VW-Abgasaffäre wirklich? Einige Beobachter halten die Aufregung für völlig übertrieben. Ihre Argumentation: Es geht hier nicht um Defekte, die den Autofahrer in Gefahr bringen, sondern lediglich um geschönte Abgaswerte…
Frank Schwope: Es geht nicht um Fehler, es geht um vorsätzlichen Betrug. Vorsatz wiegt schwerer als Technikmängel. Eine Universität hat zudem hochgerechnet, dass durch die erhöhten Abgaswerte – theoretisch – Menschen gestorben sind. Insofern ist die Affäre schon vergleichbar mit den defekten Zündschlössern bei GM oder den klemmenden Pedalen bei Toyota.
Der ehemaligen VW-Führung wird vorgeworfen, sie habe ein "Klima der Angst" geschaffen und durch diesen Druck die Manipulationen quasi erzwungen. Halten Sie das für denkbar?
Denkbar ist das sicherlich, das kann man nicht ausschließen. Und Druck kann zu falschen Handlungen führen. Aber es ist schon erstaunlich, wenn sich das über Jahre hingezogen haben soll und niemand eingeschritten ist.
Einige Beobachter ziehen einen Vergleich zur Deutschen Bank. Sie sagen: Bei VW werden nach und nach noch viele Sünden der Vergangenheit ans Licht kommen. Teilen Sie diese Einschätzung?
Ich kann beide Unternehmen nicht vergleichen, da ich die Deutsche Bank nicht aktiv beobachte. Aber es stimmt schon, bei VW werden scheibchenweise neue Dinge präsentiert. Man kann nicht sicher sein, ob bereits alle Probleme der Vergangenheit auf dem Tisch liegen. Ursprünglich waren 480.000 Autos betroffen, jetzt reden wir von elf bis zwölf Millionen Autos.
Ist das Image in Amerika von Volkswagen dauerhaft beschädigt?
Nein, nichts ist für die Ewigkeit. Aber für einen langen Zeitraum ist das der Fall. In den nächsten zehn Jahren wird es für Volkswagen in den USA sehr schwer. Man hat dort in den letzten 15 Jahren vermutlich eher Verluste als Gewinne geschrieben, die nächsten Jahre werden auch sehr steinig.
Die Absatzzahlen in den USA sahen im Oktober aber noch recht robust aus. Die Rückgänge waren gering.
Der Imageschaden wirkt sich mit Verzögerung aus. Es wurden im Oktober Fahrzeuge ausgeliefert, die teilweise schon vor Monaten bestellt worden waren. Ich denke, dass die Verkäufe in den USA im zweistelligen Prozentbereich einbrechen werden.
Wie teuer kommt die Affäre Volkswagen zu stehen?
Volkswagen wird durch die Krise ein anderer Konzern. In den nächsten Jahren werden die Gewinne deutlich geringer ausfallen als vor dem Skandal erwartet. Insgesamt gehe ich von einem Schaden in Höhe von mehr als 30 Milliarden Euro aus.
Das ist eine Summe, die selbst VW schwer zusetzt?
Das ist nicht leicht wegzustecken, aber zu verkraften. Existenzbedrohend ist das nicht.
Hierzulande wird gerne behauptet: Die US-Behörden hätten an einem deutschen Autohersteller ein Exempel statuiert, um der heimischen Auto-Industrie zu helfen…
Das Geschrei in Deutschland ist immer groß, wenn ein deutsches Unternehmen im Ausland angeprangert wird. Hierzulande werden deutsche Unternehmen viel positiver gesehen als im Ausland – und Probleme werden hier eher bei ausländischen Unternehmen wahrgenommen. VW hat die Manipulationen eingeräumt. Insofern ist das Vorgehen der amerikanischen Behörden offensichtlich korrekt.
Treffen "Diesel-Gate" und der damit verbundene Image-Verlust in den USA nicht nur VW, sondern auch die anderen deutschen Autohersteller?
Das denke ich nicht. Die anderen Hersteller könnten davon sogar profitieren. Sollte auch Audi in größerem Umfang betroffen sein, könnten sich Amerikaner statt eines Audis einen BMW oder einen Mercedes kaufen. Es sei denn, bei denen werden auch Verfehlungen aufgedeckt.
Wie sehen Sie die VW-Aktie?
Sie wird in den nächsten Monaten volatil bleiben. Wir haben die Aktie auf "verkaufen" heruntergestuft. Die ganze Dimension des Skandals lässt sich noch nicht überschauen.
Mit Frank Schwope sprach Jan Gänger
Quelle: ntv.de