Einkommenslücke wächst Mini-Zinsen beuteln deutsche Verbraucher
09.04.2015, 18:47 Uhr
Privathaushalte zahlen einen hohen Preis für die niedrigen Zinsen.
(Foto: dpa)
Jahrelang extrem niedrige Zinsen - das hat deutsche Haushalte schon eine Stange Geld gekostet. Laut einer Studie zahlte jeder Bundesbürger bereits 1400 Euro. Und das wird nicht das Ende sein. Das birgt Risiken. Einer freut sich trotzdem.
Grundsätzlich bringen Niedrigzinsphasen Vor- und Nachteile mit sich. Für die deutschen Verbraucher haben die Nachteile in den vergangenen Jahren allerdings klar überwogen. Wie aus einer Studie der DZ Bank hervorgeht, brachten die schrumpfenden Renditen deutliche Einkommenseinbußen mit sich. Durch den Einbruch der Zinseinkünfte verloren die Haushalte seit 2010 insgesamt 190 Milliarden Euro.
Die Autoren der Studie wogen monetäre Vorteile und Nachteile gegeneinander ab. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass den Einkommenseinbußen Einsparungen durch geringere Kreditzinsen im Volumen von "nur" fast 78 Milliarden Euro gegenüberstanden. Was bedeutet, dass die Verbraucher unterm Strich 112 Milliarden Euro eingebüßt haben. Die Nachteile haben also deutlich überwogen.
Jeden deutschen Haushalt kosteten die Mini-Zinsen in den letzten fünf Jahren den Berechnungen zufolge rund 2800 Euro. Pro Kopf gerechnet machten die Bundesbürger einen Verlust von rund 1400 Euro. Die Haushalte zahlen für Niedrigzinsen drauf. Berechnungsgrundlage war für die Studie war das durchschnittliche Zinsniveau der Jahre von 1998 bis 2009, das bei 4,2 Prozent lag.
Sparen bringt nichts
Das Minus auf der Einkommensseite resultiert vor allem aus sinkenden Erträgen aufs Ersparte. Dazu zählen Einbußen "bei Anlagen wie Bankeinlagen, Rentenpapieren oder Rentenfonds", heißt es in der Analyse. Da die Deutschen auf klassische Sparprodukte wie Lebensversicherungen oder Sparkonten schwören, schlägt das Minus an dieser Stelle auch kräftig zu Buche. Allein bei Versicherungen summierte es sich von 2010 bis 2014 auf 47,5 Milliarden Euro. Günstige Kreditzinsen können das nicht aufwiegen.
"Besonders problematisch" aus Sicht der Sparer seien die Jahre 2011 bis 2013 verlaufen, heißt es weiter. In dieser Zeit lag der Nominalzins aller verzinslichen Geldanlagen durchschnittlich unter der Inflationsrate. Die Folge war ein negativer Realzins; Sparer verloren also Geld. Nur aufgrund der extrem niedrigen Inflation im vergangenen Jahr gab es für Sparer 2014 einen "leicht positiven" Realzins.
Von den durch Niedrigzinsen am Rentenmarkt getriebenen Aktienkursen konnten die Verbraucher nicht groß profitieren. Was daran liegt, dass private Anleger in Deutschland nur gering in Aktien, Aktienfonds, und Zertifikaten investiert sind. Sorgen bereitet, dass ein Ende der Niedrigzinsphase nicht absehbar ist. Und dass die Zinseinbußen immer größer werden. Waren es 2010 noch 23,4 Milliarden Euro, lag es im 2014 schon bei knapp 58 Milliarden Euro. Für das laufende Jahr rechnet die DZ Bank mit weiteren Rückschlägen.
Fettere Jahre nicht in Sicht
Die Zinsen werden der Studie zufolge weiter im Keller bleiben. Das bedeutet, dass vor allem bei der Altersvorsorge gefährliche Lücken entstehen könnten. "Sollte es bis Ende 2020 dauern, bis das Normalzinsniveau wieder erreicht wird, erleidet ein heute 47-Jähriger bezogen auf das Durchschnittsgeldvermögen kumulierte Zinseinbußen von 4.900 Euro", heißt es. Noch fünf Jahre weiter wären es sogar 9600 Euro.
Schuld daran ist laut DZ Bank das umfangreiche Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank hatte am 22. Januar verkündet, bis Ende September 2016 jeden Monat 60 Milliarden Euro in die Märkte zu pumpen, um das Risiko einer Deflation abzuwenden. Das Programm startete Anfang März. Die EZB setzt darauf, dass Investoren nach dem Abkauf von Staatsanleihen ihr Geld anderswo investieren und sie so das Wachstum ankurbeln und eine gefährliche Spirale aus sinkenden Preisen verhindern. Es besteht allerdings die Gefahr, dass es zu Ausweichreaktionen kommt, was in der Folge zu Übertreibungen und Preisblasen auf Aktien- und Immobilienmärkten führen könnte. Dabei entsteht das Risiko, dass es zu starken Preiseinbrüchen kommt.
Dass Mini-Zinsen zu erheblichen Einkommenseinbußen bei deutschen Verbrauchern führen, ist keine neue Erkenntnis. Das Ifo-Institut hat eine entsprechende Rechnungen bereits Ende vergangenen Jahres präsentiert. Ifo-Chef Hans-Werner Sinn bezifferte die Summe, die den deutschen Sparern dadurch seit Ende 2008 entgangen ist, mit 300 Milliarden Euro. Sinn setzte allerdings die Erträge in Relation zu den Zinseinanahmen, die Ende 2007 vor dem Ausbruch der Finanz- und Schuldenkrise zu erreichen waren.
Während der Durchschnittssparer unter den Niedrigzinsen leidet, profitiert der Bund sehr davon. Einer aktuellen Schätzung des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) zufolge spart der Bund alleine 2015 rund 20 Milliarden Euro ein. Das IfW rechnet frühestens 2017 mit steigenden Zinsen.
Quelle: ntv.de, ddi