Zustimmung zu Gabriels EEG-Reform Parlament beschließt Bremse für Ökostrom
08.07.2016, 15:11 Uhr
Erst die Kabel, dann die Windräder: Neue Offshoreparks in der Nordsee müssen daher erstmal warten.
(Foto: imago/BildFunkMV)
Mit ihrer Mehrheit segnet die Große Koalition einschneidende Änderungen bei der Förderung erneuerbarer Energien ab. Opposition und Umweltverbände schäumen, obwohl der Wirtschaftsminister verspricht, dass der Ausbau weitergeht.
Nach monatelangem Streit ist der Weg für die Ökostromreform frei. Bundestag und Bundesrat billigten die Pläne von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel, mit denen die Förderung der erneuerbaren Energien besser mit dem noch stockenden Ausbau der Stromnetze verzahnt werden soll.
Im Bundestag setzten Union und SPD mit 444 Ja-Stimmen ihr Mega-Projekt durch. Linke und Grüne sagten geschlossen Nein. Anschließend verzichtete die Länderkammer trotz vielfältiger Kritik darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Die Änderung markiert eine Abkehr von der Praxis garantierter Abnahmepreise für Strom aus Solarenergie, Windkraft und Biomasse. Sie wird ersetzt durch ein marktwirtschaftliches Ausschreibungsverfahren. Den Zuschlag erhält dann der Anbieter neuer Produktionsleistung, der den niedrigsten Abnahmepreis und damit die wenigsten Subventionen fordert. Dadurch soll der Anstieg der Strompreise für die Kunden wegen einer immer weiter anwachsenden Ökostrom-Umlage gebremst werden. Kleinanlagen sind vom Ausschreibungsverfahren ausgenommen.
Die Opposition versuchte im Bundestag, die Debatte über die Gesetzesnovelle von der Tagesordnung abzusetzen. Die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, und ihre Linken-Kollegin Petra Sitte beklagten, die Koalition habe umfangreiche Änderungen viel zu kurzfristig ins Parlament eingebracht. Das erlaube keine sorgfältige, verantwortungsvolle Befassung mit dem Vorhaben. Die Parlamentsmehrheit der Koalition wies aber das Begehren der Opposition zurück.
Opposition wittert "Demontage" des Pariser Klimaabkommens
Neben der Änderung der Fördersystematik ist das zweite große Anliegen der Regierung, den Ausbau der erneuerbaren Energien besser mit dem Ausbau der Stromleitungen zu synchronisieren. Daher soll der Anteil des Solar-, Windkraft- und Biomasse-Stroms an der gesamten Stromproduktion bis 2025 auch nur auf maximal 45 Prozent von derzeit 33 Prozent steigen. Der Ausbau der Windenergie im Meer soll erst einmal in der Ostsee und moderat vorangetrieben werden, wo die Leitungsanbindung gesichert ist, erst etwas später dann auch in der Nordsee.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel verteidigte die Gesetzesänderung vor allem mit dem Argument, beim Ausbau der erneuerbaren Energien sei mehr Wettbewerb nötig, weil diese nicht mehr den teuren Schutz durch garantierte Strom-Abnahmepreise benötigten. "Fit für den Markt machen", gelte nun für Solar-, Windkraft- und Biomasse-Strom. Zur Begrenzung des Ausbauziels sagte er: "Man kann doch nicht ausbauen, ohne dass man gleichzeitig die Netze ausgebaut hat." Auch werde der Klimaschutz nicht ausgehebelt.
Genau das warf Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der Regierung vor. Mit der Deckelung des Ausbaus speziell bei der Windkraft werde Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen. "Wir brauchen einen Neustart der erneuerbaren Energien", forderte er.
Die Linken-Abgeordnete Eva Bulling-Schröter warf der Regierung vor, "das erfolgreiche EEG" kaputtzumachen. Auch von Umweltverbänden hagelte es Kritik. Der Bund für Umwelt und Naturschutz nannte das neue EEG eine Bremse für den Klimaschutz. Er warf der Regierung vor, das Zeitalter der umweltschädlichen Kohle-Verstromung zu verlängern. Der Greenpeace-Energieexperte Tobias Austrup bemängelte: "Die EEG-Reform treibt Deutschlands beschämende Demontage des Pariser Klimaabkommens noch ein Stück weiter".
Quelle: ntv.de, mbo/dpa/rts