Wirtschaft

Langer Schatten über Tarifrunde VW-Chefunterhändler hält Lage für ernst - IG Metall kontert

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Mitarbeiter von Volkswagen gehen vor Beginn der Tarifverhandlungen in Hannover auf die Straße.

Mitarbeiter von Volkswagen gehen vor Beginn der Tarifverhandlungen in Hannover auf die Straße.

(Foto: REUTERS)

Zum Start der Tarifverhandlungen stimmt der VW-Chefunterhändler die Mitarbeiter schon einmal auf schwere Zeiten ein. Die IG Metall hält dagegen: "Wir erwarten Schluss mit dem Negativszenario." Und fordert konkrete Aussagen zu geplanten Jobkürzungen.

Volkswagen-Chefunterhändler Arne Meiswinkel hat sich vor Beginn der Tarifverhandlungen für die rund 120.000 Beschäftigten besorgt gezeigt. "Wir müssen gemeinsam unser Unternehmen restrukturieren. Die Situation ist ernst", sagte Meiswinkel, Personalvorstand der Kernmarke Volkswagen, in Hannover. "Der internationale Wettbewerb droht an uns vorbeizuziehen", so Meiswinkel. "Deswegen ist jetzt Handeln angesagt." Aufgabe sei es jetzt, tragfähige Lösungen zu finden.

Die eigentlich erst für Ende Oktober geplante Tarifrunde war vorgezogen worden, nachdem VW seinen Sparkurs Anfang des Monats verschärft hatte. "In der ersten Verhandlungsrunde wird es darum gehen, dass wir uns ein gemeinsames Bild über die Ausgangslage verschaffen", so Meiswinkel. Statt nur über das Entgelt soll auch über die von VW gekündigte Beschäftigungssicherung verhandelt werden. Volkswagen stehe zur Industriearbeit und zu Industriearbeitsplätzen in Deutschland, sagte Meiswinkel. Voraussetzung dafür sei aber eine starke Wettbewerbsfähigkeit.

Die IG Metall forderte von VW indes zum Start der Tarifverhandlungen konkrete Aussagen zu den geplanten Jobkürzungen. "Wir erwarten heute Antworten", sagte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter und Verhandlungsführer Thorsten Gröger. "Wir erwarten Schluss mit dem Negativszenario." Denn: "Mit Angst macht man keine Zukunft - mit Angst zerstört man Zukunft!"

VW-Betriebsratschefin Daniela Cavallo bekräftigte: "Die Gleichrangigkeit von Beschäftigungssicherung und Wirtschaftlichkeit ist unverhandelbar", sagte sie. "Natürlich haben wir aktuell heftige Probleme aufseiten der Wirtschaftlichkeit. Aber die löst man eben nicht, indem man Werksschließungen als Drohkulisse auffährt." Gröger kündigte massiven Widerstand an. "Wir stehen erst am Anfang einer Auseinandersetzung mit dem Unternehmen, die sich gewaschen hat." Ab 1. Dezember seien auch Warnstreiks möglich. "Wenn es nötig ist, dann stehen an Volkswagen-Standorten Zehntausende vor den Werkstoren und auf den Straßen." Die IG Metall lehnt betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen strikt ab und fordert sieben Prozent mehr Lohn für die 120.000 VW-Beschäftigten an sechs westdeutschen Standorten, die unter den Haustarif fallen.

Nicht nur VW kämpft mit Überkapazitäten

Eine Reuters-Untersuchung zeigt, dass neben Volkswagen noch zahlreiche andere Autobauer mit Werken in Europa vor Problemen stehen. Auch Ford, Renault und Stellantis haben mit Überkapazitäten zu kämpfen, wie aus Daten des Analysehauses GlobalData hervorgeht - zum Teil sind diese Überkapazitäten sogar größer als bei Volkswagen. Im Schnitt lag die Auslastung der Werke in Europa 2023 bei 60 Prozent, das sind zehn Prozentpunkte weniger als im Vor-Corona-Jahr 2019.

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Die Überkapazitäten konzentrieren sich auf Westeuropa: In Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien liegt die Auslastung nur bei 54 Prozent nach 65 Prozent vor der Krise. Ganz anders in Spanien, der Türkei, der Slowakei und Tschechien, wo die Lohnkosten niedriger sind: Im Schnitt sank die Auslastung dort nur von 83 auf 79 Prozent. Wie hoch die Auslastung sein muss, damit ein Autobauer mit einem Werk Geld verdient, ist unterschiedlich und hängt davon ab, ob ein Spitzenmodell mit hoher Marge oder ein Kleinwagen gebaut wird, an dem nur wenig zu verdienen ist. Die Autobauer äußern sich nicht dazu.

In der Branche wird aber immer wieder eine Auslastung von 70 Prozent genannt, um die Gewinnschwelle zu erreichen. Die Produktionsvorstände in der Autobranche steuern ihre Werke meist auf eine Auslastung von 80 bis 90 Prozent aus, um möglichst kosteneffizient zu arbeiten, aber auch Luft für Wartung und Modellwechsel zu lassen.

Quelle: ntv.de, ghö/rts/dpa

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