Inflation ohne Ende? Frau Lagarde, erhöhen Sie endlich die Zinsen!


Die EZB-Präsidentin Lagarde hält die Zinsen derzeit für angemessen.
(Foto: IMAGO/Political-Moments)
Die Inflation steigt weiter. Unternehmen und Verbraucher ächzen über immer höhere Preise. Noch scheint die Stimmung besser als die Lage. Aber die aktuelle Entwicklung kostet Kaufkraft und Wohlstand. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat versagt.
7,4 Prozent! So hoch wie jetzt war die Inflationsrate in Deutschland seit Herbst 1981 nicht mehr. Werden die Preise bald wieder auf ein bislang gewohntes Niveau einpendeln? Mitnichten. Es steht zu befürchten, dass Verbraucher wie Wirtschaft sich an dauerhaft hohe Preise gewöhnen müssen. Denn ein Ende der preistreibenden Faktoren ist nicht abzusehen.
Noch scheint die Stimmung vieler besser als die tatsächliche Lage. Ein paar Cent mehr für Brot und Butter. Ein paar Euro zusätzlich für den, der an der Tankstelle den Zapfhahn zückt. Scheint für viele verkraftbar. Noch! Die Entlastungspakete, die die Preisanstiege für Firmen und Haushalte zumindest etwas abfedern sollen, werden sicher noch Wirkung entfalten. Aber dauerhaft retten uns die durch neue Staatsschulden finanzierten Maßnahmen vor einem Wohlstandsverlust nicht.
Wie auch? Ukraine-Krieg und Russland-Sanktionen machen Energieimporte teurer. Alternativen zu Öl und Gas aus Russland lassen sich hoffentlich in ausreichendem Maße finden. Fakt ist: Diese Alternativen sind teurer. Freundschaftspreise gibt es nicht im beinharten Öl- und Gasgeschäft.
Und das nach wie vor grassierende Coronavirus sorgt für zusätzlichen Stress - auch in der Wirtschaft. Weil vor allem China es mit der Virusbekämpfung ernst meint, werden bei anschwellenden Inflationszahlen ganze Werke, Häfen und Städte abgesperrt. Das lässt die ohnehin fragilen Lieferketten, die die weltweiten Handelszentren miteinander verbinden, immer wieder reißen. Wichtige Bauteile fehlen. Immer wieder stehen Produktionsanlagen still.
Die Entwicklungen schlagen einen dunklen Schatten auf die wirtschaftliche Entwicklung - auch in Deutschland. Engpässe entstehen. Wenn die Nachfrage höher ist als das Angebot, steigen die Preise. Und ein Ende ist nicht abzusehen.
Eigentlich wären die Notenbanker im Frankfurter Euro-Tower gefragt. Klar, den Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie kann auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht beenden. Aber sie hätte mit ihre Kollegen im EZB-Rat längst die Zinsen erhöhen müssen. Weil dies dann Kredite verteuert und den Konsum bremst, würde das die Wirtschaft zwar belasten. Aber mit der sinkenden Nachfrage geht eben auch der Preisauftrieb zurück. Das Wichtigste allerdings: Wenn Arbeitnehmer davon überzeugt sind, dass die hohe Inflation von Dauer ist, werden sie bei ihren Lohnforderungen alle Zurückhaltung ablegen. Die Laissez-faire-Haltung der EZB droht, eine gefährliche Lohn-Preis-Spirale in Gang zu setzen.
Seit Monaten fordern viele Ökonomen und Wirtschaftsführer einen Anstieg der Zinsen. Und EZB-Präsidentin Lagarde verteidigt die expansive Geldpolitik mit der ihr eigenen Rhetorik. Eine rasche Rückkehr auf verträgliche Inflationswerte von zwei Prozent hielt sie bis zuletzt für wahrscheinlich. Sie stützt sich dabei auf gebräuchliche Berechnungsverfahren. Das Problem dabei: Kriege und Pandemien gelten in der Volkswirtschaftslehre als "schwarze Schwäne" - also höchst seltene und in ihrer Entwicklung nicht einschätzbare Ereignisse. Die Folge: Die Berechnungsmethoden für eine halbwegs ernstzunehmende Prognose taugen nicht zur Begründung. Mit der sturen Haltung setzt Europas Notenbank ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel.
Wie groß die Kluft zwischen der Schockstarre der Währungshüter und den aktuellen Inflationszahlen ist, zeigt sich auch am vergleichsweise schwachen Euro. Die Folge: Weil Rohstoffe und andere Importgüter vor allem in Dollar eingekauft werden, führt das zusätzlich zu steigenden Preisen.
Hoffentlich steuert die EZB um und dreht endlich an der Zinsschraube. Die Zeiten von Negativzins und Geldschwemme gehen dann zu Ende. Aber weil die Maßnahmen erst viel zu spät eingeleitet werden, dürfte ihre Wirkung nur schwach sein. Die Konsequenz: Hohe Preise werden uns noch lange begleiten.
Quelle: ntv.de