Im Schatten der US-Notenbank Dax bleibt in Deckung
10.08.2010, 17:55 UhrKnapp zweieinhalb Stunden vor dem Washingtoner Zinsentscheid geht der deutsche Aktienmarkt mit deutlichen Verlusten aus dem Handel. Anlagestrategen rund um den Erdball warten auf Hinweise, wie die Fed mit der neuerlichen Konjunkturschwäche umgehen will. Im Dax bleiben die Augen nur bei Eon trocken.

Mit dem Kurskarussell in den Feierabend: In der letzten Stunde des Handels hellte sich die Lage ein wenig auf.
(Foto: REUTERS)
Schwache Konjunkturdaten aus China und den USA haben die Stimmung am deutschen Aktienmarkt belastet. Hinzu kam die Ungewissheit über den weiteren Kurs der (Fed). Zusammen mit dem anstehenden Richtungsentscheid in Washington blieb der Handel über weite Strecken von nervösen Gewinnmitnahmen geprägt.
Vor den mit Spannung erwarteten Aussagen von US-Notenbankchef Ben Bernanke zur Lage der US-Wirtschaft ging der Dax am Dienstag schwächer aus dem Handel. Der deutsche Leitindex verlor 1,03 Prozent auf 6286 Zähler. Der MDax mittelgroßer Werte gab 1,56 Prozent nach auf 8553 Punkte. Der Technologiewerte-Index TecDax beendete den Hanelstag 1,28 Prozent im Minus bei 765 Punkten.
Ausgehend von der Stimmung an den New Yorker Börsen breitete sich Ungewissheit aus, ob die US-Notenbank gegen die Konjunkturflaute in den USA weitere Maßnahmen ergreifen will. Eine Zinsänderung wurde nicht erwartet. Die Entscheidung wird gegen 20.15 Uhr (MESZ) veröffentlicht. Im Anschluss stehen wie üblich die Erläuterungen der Währungshüter an. Das Augenmerk der Anleger konzentriert sich auf die Äußerungen der Währungshüter zu den Konjunkturaussichten. Für den Fall einer eher pessimistischen Einschätzung wurden am Markt Stützungsmaßnahmen nicht ausgeschlossen. "Es wäre schön, wenn sich die Fed dazu durchringen würde, den Markt zum Beispiel mit dem weiteren Ankauf von Anleihen zu entlasten", sagte ein Händler. Der Dow-Jones-Index fiel bis zum Handelsschluss in Europa um 0,9 Prozent, der S&P 500 um ein Prozent. Der Nasdaq-Composite gab um 1,4 Prozent nach.
Zu den Verlierern im Dax zählten Heidelbergcement, die nach einem kritischen Analystenkommentar von Goldman Sachs zum europäischen Bausektor in der Spitze um 2,5 Prozent nachgaben. Eine nachhaltige Erholung der Branche lasse trotz einiger positiver Signale noch auf sich warten, stellten die Analysten fest. Hochtief und Bilfinger Berger gaben im MDax 2,2 beziehungsweise 1,1 Prozent nach. An der österreichischen Börse rutschten Wienerberger um 2,8 Prozent ab, in Paris verloren Lafarge 0,8 Prozent. Der europäische Index für die Baubranche fiel um 1,9 Prozent.
Daneben gehörten die Anteilsscheine von mit einem Rückgang von rund zwei Prozent zu den größten Verlierern. Viele Anleger machten Händlern zufolge Kasse, nachdem die Fluggesellschaft ein Passagierplus im Juli bekanntgegeben hatte und Lufthansa-Titel zuletzt deutlich zugelegt hatten.
Einziger Gewinner im Dax waren mit einem Plus von 0,36 Prozent auf 23,45 Euro. Einem Händler zufolge werden die Titel des Versorgers weiter von der Diskussion über die geplante Brennelementesteuer gestützt, die geringere Belastungen erwarten lasse als ursprünglich erwartet.
Eine Reihe von Quartalsergebnissen lenkten viel Aufmerksamkeit in die zweite und dritte Reihe. Im MDax ging es für mit einem Kursrutsch von 11,7 Prozent besonders steil nach unten: Vor allem die deutlich unter den Erwartungen liegende Quartalsdividende des Wohnungsbaukonzerns sei vielen Anlegern übel aufgestoßen, sagte ein Händler.
Auch die Aktien von Tui mussten mit einem Minus von bis zu 5,2 Prozent auf 7,85 Euro Federn lassen. Der britische Ableger , an der Tui mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist, rechnet nur noch mit einem Gesamtjahresgewinn am unteren Ende der Markterwartungen. Tui-Travel-Aktien verbuchten an der Londoner Börse mit einem Kursrutsch von bis zu zehn Prozent auf 203,1 Pence das viertgrößte Minus der Unternehmensgeschichte.
In die lange Verliererliste des MDax reihten sich auch mit einem Abschlag von 6,1 Prozent ein. Der Untergang der Öl-Plattform "Deepwater Horizon" und das Hochwasser in Osteuropa drückten den Gewinn des Rückversicherers im zweiten Quartal um fast ein Viertel.
Mit Verlusten von 1,64 Prozent auf 16,20 Euro reagierten die Anteilsscheine der Aareal Bank auf die Zahlenvorlage. Ein Händler bemängelte, der Gewinn habe nur dank des Verkaufs von Vermögenswerten die Erwartungen übertroffen. Der Druckmaschinen-Hersteller Heidelberger Druck hatte laut endgültigen Zahlen im ersten Geschäftsquartal seine Verluste verringern können. Operativ hatte er nach Einschätzung der Unicredit aber schwächer als erwartet abgeschnitten. Die Aktien sanken um 2,15 Prozent auf 7,465 Euro.
Gegen den schwachen Markttrend legten im MDax um 1,8 Prozent zu, nachdem der Duft- und Aromenhersteller einen überraschend starken Ergebniszuwachs bekanntgegeben hatte. Die Titel des Küchenausrüsters Rational verteuerten sich nach Vorlage des Zwischenberichts um 3,2 Prozent. "Umsatz, operativer und Netto-Gewinn lagen über den Erwartungen", konstatierte DZ-Bank-Analyst Markus Turnwald.
gerieten dagegen trotz eines operativen Gewinnsprungs unter Verkaufsdruck. Die Papiere des Mode-Unternehmens schlossen 4,3 Prozent im Minus bei 12,44 Euro. Börsianer sprachen von Gewinnmitnahmen. In den Tagen zuvor hatten die Titel insgesamt gut 25 Prozent zugelegt, mehr als jeder andere SDax-Wert in diesem Zeitraum.
Nachdem der Dax in der vergangenen Woche mehrere neue Jahreshochs markiert habe, fehlten nun weitestgehend die Impulse für weitere Kursanstiege, sagte Händler Udo Becker von der Münchener Privatbank Merck Finck. IG-Markets-Analyst Patrick Pflüger verwies zudem auf schwache US-Konjunkturdaten und die Nervosität der Anleger vor dem Zinsentscheid der US-Notenbank. "Ein Großteil der Anleger bringt nach solchen Zahlen seine Schäfchen lieber ins Trockene."
Das Handelsvolumen im Dax stieg auf 83,8 (Montag: 70,3) Mio. Aktien. Der Umsatz kletterte auf rund 2,4 (2,15) Mrd. Euro. Für den EuroStoxx50 ging es um 0,96 Prozent auf 2800,02 Punkte bergab. Die Leitindizes in Paris und London verzeichneten ebenfalls Verluste.
Am Rentenmarkt verharrte die durchschnittliche Rendite börsennotierter Bundeswertpapiere bei 2,20 Prozent. Der Rentenindex Rex blieb mit 126,91 Punkten ebenfalls unverändert. Der Bund Future sank um 0,05 Prozent auf 129,96 Punkte.
Der Kurs des Euro fiel zuletzt auf 1,3089 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,3133 (Montag: 1,3253) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7614 (0,7545) Euro.
Ein Blick auf die Konjunkturseite
Die Verbraucherpreise in Deutschland sind im Juli etwas stärker gestiegen als bisher erwartet. Die kletterte von 0,9 Prozent im Vormonat auf 1,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Ende Juli hatten die Statistiker nach vorläufigen Daten noch eine Jahresteuerung von 1,1 Prozent berechnet.
Preistreiber waren insbesondere erneut Energieprodukte sowie frische Nahrungsmittel wie Obst und Gemüse. Auf Monatssicht stiegen die Verbraucherpreise um 0,3 Prozent. Dieser Anstieg hängt nach den Angaben im Wesentlichen mit dem Beginn der Sommerferien zusammen. Teurer wurden insbesondere Pauschal- oder Flugreisen.
Quelle: ntv.de, dpa/rts