Corona-Risiko im Sommer? RKI meldet Sommerinfektionswelle
11.07.2024, 14:18 Uhr Artikel anhören
Maske am Strand? Das Infektionsrisiko steigt vor allem bei Veranstaltungen in Innenräumen oder im Gedränge.
(Foto: picture alliance / ROBIN UTRECHT)
Ungewöhnliche Entwicklung in Deutschland: Mitten im Sommer verzeichnet das Robert-Koch-Institut eine auffallend hohe Zahl an Atemwegserkrankungen - weit mehr als saisonal üblich. Labordaten belegen: Jede achte Probe enthält Corona.
Husten, Schnupfen, Heiserkeit? Die Zahl der Atemwegserkrankungen ist in Deutschland Anfang Juli weiter gestiegen. Anfang Juli waren es rund 6000 Fälle je 100.000 Einwohner, wie aus dem aktuellen Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. Das entspricht hochgerechnet rund 6 Prozent der Bevölkerung. Damit leiden aktuell mehr Menschen an einer "akuten respiratorischen Erkrankung" (ARE) als in den Vorjahren.
"Auf Bevölkerungsebene zeigt sich ein erneuter Anstieg akuter Atemwegserkrankungen", fasst das RKI die beobachtete Lage nüchtern zusammen. "Die ARE-Aktivität liegt insgesamt auf einem vergleichsweise hohen Niveau für diese Jahreszeit." Üblicherweise treten Erkältungen mit den typischen Symptomen der saisonalen Atemwegserkrankungen gehäuft vor allem während der kalten Jahreszeit auf.
Für die Jahreszeit wirkt das Ausmaß der Sommererkältungswelle tatsächlich sehr ungewöhnlich: Im Vorjahr war die sogenannte ARE-Rate in Deutschland während der Sommermonate zeitweise unter drei Prozent gefallen. In keinem einzigen Sommer der vergangenen fünf Jahre - die Pandemiephase eingeschlossen - traten in der warmen Jahreszeit so viele Atemwegserkrankungen auf wie im laufenden Jahr.
Jede achte Infektion: Corona
Bei der Suche nach den Ursachen halten nicht nur die Epidemiologen am RKI alle Frühwarnsysteme im Blick. Nach dem Ende der Corona-Testpflicht ist die Datenlage jedoch dürftig: Coronavirus-Infektionen werden kaum noch erfasst. Aus den verfügbaren Meldungen ergibt sich dennoch ein differenziertes Bild: Ein großer Teil der Sommerinfektionen geht demnach aktuell auf meist harmlose Schnupfenerreger zurück. "Das Geschehen wird weiterhin hauptsächlich durch Erkältungsviren wie Rhinoviren bestimmt", bestätigt das RKI.
Ein wachsender Anteil der im Labor analysierten Stichprobe fällt jedoch Corona-positiv aus. Das Coronavirus SARS-CoV-2 liegt mit einem Anteil von 12,1 Prozent auf Platz zwei der aktuell zirkulierenden Erreger, weit vor anderen ARE-Erregern wie Parainfluenzaviren, Metapneumoviren oder Adenoviren. Diesen Angaben zufolge handelt es sich demnach derzeit bei gut jeder achten Infektion um einen Corona-Fall.
Aktuell kursiert in Deutschland laut RKI die Coronavirus-Variante KP3, ein Ableger der JN.1-Sublinie. Die echte Grippe, also Influenzaviren, spielen dagegen im Infektionsgeschehen derzeit keine größere Rolle. In den Labordaten tauchen sie nach dem Abflauen der saisonalen Grippewelle im Frühjahr mittlerweile kaum noch auf.
Daneben achten Mediziner vor allem auch auf die Entwicklung in den Krankenhäusern. Dort gibt es bisher keinerlei Anzeichen für eine veränderte Corona-Situation. "Die Zahl schwer verlaufender Atemwegsinfektionen bleibt insgesamt auf einem niedrigen Niveau", schreibt das RKI im aktuellen Wochenbericht. Covid-19 werde derzeit "vorwiegend bei älteren Patienten und Patientinnen diagnostiziert". Außerhalb der Krankenhäuser bleibt die Masse der Corona-Infektionen wohl unentdeckt.
Das Coronavirus kann damit in Deutschland weiter in der Bevölkerung aktiv bleiben, die Daten liefern zumindest Hinweise auf einen Anstieg der Corona-Ansteckungsrisiken auf niedrigem Niveau. Aktuell ist wieder mehr SARS-CoV-2 im Umlauf. "Im Abwassermonitoring zeigt die aggregierte SARS-CoV-2-Viruslast weiterhin einen steigenden Trend", gibt das RKI mit Blick auf die Daten aus der virologischen Überwachung von Abwasser auf Infektionserreger zu Bedenken. Anfang Juli lagen dem Institut dazu Stichproben aus immerhin 143 deutschen Kläranlagen vor.
Insgesamt rät das RKI daher unverändert zur Vorsicht, insbesondere mit Blick auf die Risiken für ältere und geschwächte Mitbürger. Die verfügbaren Daten der verschiedenen Überwachungssysteme zeigen, dass der aktuelle Anstieg bei den Infekten - obwohl ungewöhnlich für die Jahreszeit - derzeit noch weit unter den Ausmaßen früherer Corona-Wellen bleibt.
Virologen verfolgen die Lage wachsam - unter anderem auch mit Blick die mögliche Entstehung neuer Coronavirus-Varianten und die befürchteten Risiken durch ein Überspringen des Vogelgrippevirus H5N1 auf den Menschen. Das RKI veröffentlichte dazu Ende vergangener Woche überarbeitete Empfehlungen zur "aviären Influenza" und zur Überwachung von Influenza-Patienten im Krankenhaus "während der Sommermonate".
Quelle: ntv.de