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Nach El Niño kommt La Niña Klimaphänomen schlägt zügig um

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Das Satelliten-Bild der US-Wetterbehörde NOOA vom 25. Oktober 2023 zeigt den Wirbelsturm Otis.

Das Satelliten-Bild der US-Wetterbehörde NOOA vom 25. Oktober 2023 zeigt den Wirbelsturm Otis.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Das Klimaphänomen El Niño im Pazifik streicht allmählich die Segel und wird bis zum Sommer höchstwahrscheinlich in ein schwaches bis moderates La Niña umschlagen. Die Folgen für das weltweite Wetter sind weitreichend. Insbesondere dem Atlantikraum stehen wohl stürmische Zeiten bevor.

Die für El Niño typischen hohen Ozeantemperaturen im tropischen Pazifik schwächen sich nach einem Höhepunkt um den Jahreswechsel weiter ab. Prognosen des US-amerikanischen NOAA Climate Prediction Center (CPC) und des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) zeigen inzwischen deutlich in Richtung eines schwachen bis moderaten La-Niña-Ereignisses, das schon im Frühsommer beginnen könnte. Erste Anzeichen dafür zeigen sich bereits vor der Küste Perus und Ecuadors, wo die Temperaturabweichungen in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen und vereinzelt schon ins Negative gefallen sind.

Messdaten zeigen zudem, dass sich im Ostpazifik nur noch knapp unter der warmen Meeresoberfläche eine große Menge kühleres Wasser angesammelt hat. Dieses Wasser wird in den kommenden Monaten an die Oberfläche treten und so das typische La-Niña-Muster einer tausende Kilometer langen Kaltwasserzunge entlang des Äquators verursachen. Das bislang mit El Niño noch überdurchschnittlich warme äquatoriale Oberflächenwasser wird mit den Passatwinden gen Westen in Richtung Asien und Australien getrieben und dort für höhere Temperaturen und Niederschläge sorgen. Diese Veränderungen laufen in diesem Jahr wohl besonders schnell ab.

Folgen von La Niña in der Welt

Für Südamerika bedeutet das Ende von El Niño nicht nur Schlechtes, wie etwa ein Ende der Jahrhundertdürre im Amazonas, die von El Niño maßgeblich mitverursacht wurde. Mit dem Ende von El Niño kann vom Atlantik wieder die dringend nötige Feuchte in den Amazonas vordringen. Die Verschiebung des hohen Luftdrucks hin zum Pazifik sorgt dann stattdessen im Westen Südamerikas für Trockenheit und häufigere Brände. Das aus der Tiefe emporsteigenden kühle Wasser ist allerdings wichtig für die Fischerei der Ostpazifik-Anrainer, da es nährstoffreicher ist und somit Fische sich darin deutlich wohler fühlen.

Auch in Nordamerika hat La Niña mehrere mögliche Effekte: Unter anderem durch ein starkes Hochdruckgebiet über dem nordöstlichen Pazifik können dort die Meerestemperaturen im Sommer stark ansteigen. Diese auch als "The Blob" bekannt gewordene Anomalie wurde in den vergangenen Jahren mit häufigen und lang anhaltenden La Niñas oft beobachtet. Sie kann im Sommer zu großer Hitze und Trockenheit in Nordamerika beitragen, was zusammen mit der Erderwärmung immer häufiger gigantische Waldbrände zur Folge hat. Im Winter dagegen gibt es vor allem im Norden und Nordwesten große Kälte und mehr Winterstürme mit oft großen Schneemassen. In den südlichen USA werden die Winter im Gegensatz dazu wärmer und trockener. Auch die atlantische Hurrikansaison wird durch La Niña verstärkt.

In Australien und Asien kann es ebenso eine erhöhte Zyklon- bzw. Taifun-Aktivität geben und durch die steigenden Ozeantemperaturen im Westpazifik wird es dort allgemein wärmer und zugleich feuchter.

Indirekte Folgen für Europa und den Atlantikraum

In Europa hat La Niña zwar keine direkten Auswirkungen, mit Unterstützung des noch immer sehr warmen Nordatlantiks können wir die Folgen aber zumindest indirekt zu spüren bekommen. Denn während eines La-Niña-Ereignisses sind die Bedingungen für die Entstehung von Hurrikanen im tropischen Atlantik schon unter normalen Bedingungen deutlich besser als bei einem El Niño. Der zudem vor allem vor der nordwestafrikanischen Küste und damit im Entstehungsgebiet der Hurrikane außergewöhnlich warme Nordatlantik könnte allerdings nicht nur zu mehr und stärkeren Hurrikanen führen. Er könnte einzelnen Stürmen auch den Weg bis nach Westeuropa eröffnen. Schon in den vergangenen Jahren gab es mehrfach Hurrikane, die sich - wenn auch abgeschwächt - bis nach Portugal oder zu den Kanaren verirrt haben.

Wie sehr La Niña und hohe Wassertemperaturen im Atlantik die Hurrikansaison befeuern können, zeigte bereits das Rekordjahr 2020: Es gab insgesamt 30 tropische Stürme beziehungsweise Hurrikane im Atlantik und diesbezüglich die aktivste Hurrikansaison seit Beobachtungsbeginn, mit weiteren Rekorden bezüglich der Anzahl der Major Hurricanes über Kategorie 3 (sieben) und der Landfälle in den USA (elf). Ähnlich wie 2020 zeigen nun frühe Zeichen erneut in Richtung einer sehr aktiven Hurrikan-Saison, die für gewöhnlich in etwa zwei Monaten beginnt. In diesem Jahr wegen der außergewöhnlich hohen Ozeantemperaturen im Atlantik womöglich auch etwas früher als sonst.

Erderwärmung erzeugt immer stärkere Hurrikane

Im Einklang mit Langfristprognosen des ECMWF und anderer Institutionen für die globalen Ozeantemperaturen könnte dies aber nicht nur zu überdurchschnittlich vielen, sondern auch stärkeren Hurrikanen führen. Ein Phänomen, das durch die globale Erwärmung ebenfalls immer häufiger beobachtet wird, ist die sogenannte rapide Intensivierung von Hurrikanen, bei der sich entstehende Wirbelstürme innerhalb eines Tages extrem verstärken.

Ein solcher Hurrikan fegte erst im Oktober 2023 auf besonders katastrophale Weise über Acapulco. Über der an der mexikanischen Pazifikküste gelegenen Stadt braute sich innerhalb eines Tages der Kategorie-5-Sturm Otis zusammen und verwüstete die Metropole mit ungeahnter Wucht.

Die gängigen Wettermodelle offenbarten hier eine gefährliche Schwäche, denn kaum ein Modell hatte diese extreme Entwicklung vorhersehen können. Gerechnet worden war stattdessen nur mit einem gewöhnlichen Tropensturm oder eher schwachen Hurrikan der niedrigsten Kategorie - eine fatale Fehleinschätzung, die wohl dutzende Menschen das Leben kostete.

Quelle: ntv.de

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