Kino

Filmische Weihnacht 100 Jahre Jesus im Kino

Graham Chapman als Brian im "Leben des Brian".

Graham Chapman als Brian im "Leben des Brian".

(Foto: Wikipedia / Warner)

Das Kino lässt uns seit seiner Entstehung an Geschehnissen und Schicksalen teilhaben, deren Zeugen wir nicht waren. Kaum eine andere Geschichte wurde auf der Leinwand so oft erzählt wie die des Mannes aus Nazareth.

Ein Film hat nie den Anspruch auf Vollkommenheit. Er ist weder objektiv, noch kann er einen Sachverhalt oder das Leben in seiner Gänze erfassen. Aber er kann eine Erfahrung vermitteln, er kann Situationen, Erlebtes und Geschichten bündeln. Die Quintessenz einer Meinung, eines Gefühls eines ganzen Jahrtausends. Historische Korrektheit ist weder notwendig noch fördert sie das Erzählbare.

"Intolerance" von 1916 war einer der ersten Filme, die das Leben Jesu thematisierte, und der teuerste Film seiner Zeit.

"Intolerance" von 1916 war einer der ersten Filme, die das Leben Jesu thematisierte, und der teuerste Film seiner Zeit.

(Foto: imago stock&people)

Die Geschichte von Jesus Christus ist Teil unserer Kultur. Die einen glauben an ihn als Propheten oder Erlöser, andere akzeptieren seine historische Existenz oder halten ihn für einen Mythos. Egal, auf welche Weise man ihn betrachtet, wir alle feiern in diesen Tagen Weihnachten, das Fest seiner Geburt.

Leben Jesu Christi in allen Varianten

Das Kino hat sich in seiner über 100-jährigen Geschichte dem Leben Jesu Christi in allen nur erdenklichen Varianten genähert: Lebensgeschichten, Momentaufnahmen, freie Interpretationen, bibelgenaue Erläuterungen, Musicals und Komödien.

Einer der ersten Filme über Jesus war der französische Stummfilm "La vie et la passion de Jésus Christ" aus dem Jahre 1903. Über drei Jahre dauerte die Herstellung des weitestgehend bibeltreuen Werks, das mit seinen 44 Minuten Laufzeit für die damalige Zeit tatsächlich ziemlich lang war. 1916 schuf David Wark Griffith, der es als Regisseur auf 535 Filme brachte, mit "Intolerance" ein Meilenstein des Stummfilms. Mit fast zwei Millionen US-Dollar Produktionskosten war der Episodenfilm, der in seinem zweiten Kapitel die Kreuzung Jesu thematisiert, der teuerste Film seiner Zeit.

Szene aus dem Original "King of Kings" von 1927.

Szene aus dem Original "King of Kings" von 1927.

(Foto: imago stock&people)

Einer der ersten deutschen Beiträge zum Thema Christus war Robert Wienes "I.N.R.I. - Ein Film der Menschlichkeit" aus dem Jahre 1923. Mit 138 Minuten Länge und groß angelegten Massenszenen versuchte der Film, die Thematik um Jesus aus der Sicht eines Mörders zu erzählen, der durch das Beobachten eines Passionsspiels auf den gerechten Pfad geführt wird. Unerwähnt bleiben darf auch nicht Cecil B. DeMilles Monumentalfilm "The King Of Kings" von 1927, der in den 1960ern ein Remake erfuhr.

Viele Verfilmungen über die Darstellung Christi waren auch in der Kinderzeit des Kinos scharfen Kritiken ausgesetzt: zu übertrieben die Inszenierung, zu fromm, zu weltlich, zu weit entfernt vom Wesen Jesu. Diese Einschätzungen über Filme des Erlösers sollten den Filmschaffenden bis in unser Jahrhundert hinein erhalten bleiben.

Jesus goes to Hollywood

Die Geschehnisse um den Messias hatten ihren Einzug in die neue Kunst des visuellen Erzählens gefunden. Als gegen Ende der 1940er der Tonfilm seinen stummen Kollegen abgelöst hatte, begann für das Medium Film und insbesondere für Bibelverfilmungen eine neue Ära. Mit dem gesprochenen Wort ließ sich die Botschaft Jesu, gepaart mit beindruckenden Kulissen, noch imposanter in die Lichtspielhäuser transportieren. Kritiker sprachen von der Vermarktung des Christentums und der Verwässerung seiner Lehre zu Unterhaltungszwecken.

In der Blütezeit seines Schaffens hatte Hollywood die Geschichte des Nazareners für sich entdeckt. Was folgte, waren filmische Glanzlichter, die - bei aller Kritik - das Jesusbild von Generationen prägen sollten.

1953 erschien mit "Das Gewand" die Geschichte des römischen Soldaten Marcellus (gespielt von Richard Burton), der von Pontius Pilatus mit der Hinrichtung Jesu beauftragt wird und dadurch an dessen Schicksal gebunden ist. Filmemacher Nicholas Rays "König der Könige" von 1961 ist der erste Jesusfilm, der sich mit dessen Lebensgeschichte befasst und komplett in Farbe gedreht wurde. Jeffrey Hunter, der erste Captain vom "Raumschiff Enterprise", überzeugte in seiner Darstellung des Heilands mit einer enormen Präsenz. Negative Kritiken blieben dennoch nicht aus. In "Die größte Geschichte aller Zeiten" präsentierte Regisseur George Stevens, der auf große Kulissen in seiner Erzählung verzichtete, Max von Sydow als eindrucksvolle Jesus-Interpretation.

"Jesus Christ Superstar" kam 1973 heraus - für viele Kritiker pure Blasphemie.

"Jesus Christ Superstar" kam 1973 heraus - für viele Kritiker pure Blasphemie.

(Foto: imago stock&people)

Wie schon zuvor in "Das Gewand" ist Jesus in dem filmischen Meisterwerk "Ben Hur" mit Charlton Heston aus dem Jahr 1959 lediglich ein Randcharakter. In einigen wenigen Szenen ist er entweder von hinten oder nur aus der Ferne zu sehen. Aber auch hier hatte die Figur Jesu großen Einfluss auf die handelnden Charaktere. Seine Präsenz ist permanent spürbar, selbst wenn er überhaupt nicht zu sehen ist. Hollywood hatte sich einen eigenen Typus von Jesus erschaffen. Bibelverfilmungen wurden zum Aushängeschild der großen Studios.

Mit dem Filmmusical "Jesus Christ Superstar" von 1973 schlugen deren Macher in den Augen der Kritiker dem Fass jedoch den Boden aus, als sie Jesus singend durch die Bergpredigt jagten. Ein rockender Heiland, der seine Botschaft musikalisch unter die Leute bringt: was für ein Affront! Die eigenwillige Rockoper rief aus dem Kreis der Gläubigen heftige Reaktionen hervor. Auf diesen filmischen Fauxpas legte die britische Komikertruppe Monty Python mit ihrer trashigen Kult-Komödie "Das Leben des Brian" von 1979 aber noch eine Schippe drauf. Ihr Protagonist zieht in einem höllisch lustigen Klamauk, mit Römern streitend, durch das besetzte Judäa und wird fälschlicherweise für den Heiland gehalten. Jesus war in der Moderne angekommen. "Blasphemie", so der große Aufschrei.

Von Rossellini und Zeffirelli über Scorsese zu Gibson

James Caviezel als Jesus in einer Interpretation von 2004: "Die Passion Christi"

James Caviezel als Jesus in einer Interpretation von 2004: "Die Passion Christi"

In den 1970ern änderte sich aber auch das Bild und die Sichtweise, mit der das Leben und Wirken von Jesus filmisch verarbeitet wurde. Einige Regisseure versuchten, die Geschichte vom monumentalen Schaffen Hollywoods zu lösen und legten den Schwerpunkt auf eine schlichte und optisch vereinfachte Struktur. Jesus wurde wieder menschlicher, seine Botschaft somit eingängiger. Der italienische Meister-Regisseur Roberto Rossellini schuf mit seinem Film "Der Messias" 1976 einen Meilenstein dieser neueren Jesusfilme. Seinem Landsmann Franco Zeffirelli gelang kurz darauf mit seiner Interpretation "Jesus von Nazareth" ein ebenso einprägsames Werk.

1988 ging Regisseur-Legende Martin Scorsese mit der Verfilmung der Romanvorlage "Die letzte Versuchung" des griechischen Schriftstellers Nikos Kazantzakis noch einen Schritt weiter. Autor und Filmemacher versuchten Jesus' Innenleben und Gedankenwelt zu beschreiben. "Skandal", hallte es erneut durch die Kirchen- und Medienwelt, obwohl Willem Dafoe als Jesus durchaus zu überzeugen wusste. In einigen Ländern wurde die Vorführung des Films sogar verboten. 2004 versuchte US-Schauspieler und Regisseur Mel Gibson mit "Die Passion Christi" einen extremeren Ansatz. Optisch beachtlich inszeniert, ließ er seine Schauspieler in Hebräisch, Latein und Aramäisch sprechen, legte den Schwerpunkt des Films aber auf Jesus' Misshandlungen und Erniedrigungen durch die Römer und löste damit erneut eine Welle der Empörung aus.

"Die Passion Christi" ist mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 600 Millionen Dollar die erfolgreichste Jesus-Verfilmung überhaupt. Die negativen Reaktionen auf den Film hatten für den Jesus-Darsteller James Caviezel aber dennoch einen Karriereknick zur Folge. Gute Rollenangebote blieben aus.

Über 100 Jahre Filmgeschichte sind durch den Mann, der in einem Stall in Betlehem zur Welt gekommen sein soll, geprägt. In diesen Tagen widmen wir uns wieder dem Fest der Liebe, seinen Ritualen und Geschenken. Und ob man nun an Jesus glaubt oder nicht, so ist seine Botschaft der Nächstenliebe besonders in der Weihnachtszeit allgegenwärtig.

Quelle: ntv.de

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