Panorama

Überschwemmungen im Süden Vier Menschen sterben im Unwetter

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In Süddeutschland werden in der Nacht Bäche zu reißenden Strömen, die Autos wie Spielzeug mitreißen. Es gibt Tote und Verletzte. Bei Tage wird nun das ganze Ausmaß der Verwüstung ersichtlich.

Bei schweren Unwettern und Überschwemmungen in Süddeutschland sind mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. In Schwäbisch Gmünd starb ein Feuerwehrmann beim Versuch, einen Menschen zu retten, der letztlich nur noch tot geborgen werden konnte. In Weißbach im Hohenlohekreis kam ein 60 Jahre alter Mann in einer überschwemmten Tiefgarage ums Leben. Eine 13-Jährige wurde unter einer Bahnbrücke bei Schorndorf in Baden-Württemberg von einem Zug erfasst - und starb. Sie hatte unter der Brücke Schutz vor dem starken Regen gesucht und geriet dabei offenbar zu nah an die Gleise.

In Schwäbisch Gmünd kommen bei einer Bahnhofsunterführung zwei Menschen ums Leben, darunter ein Feuerwehrmann.

In Schwäbisch Gmünd kommen bei einer Bahnhofsunterführung zwei Menschen ums Leben, darunter ein Feuerwehrmann.

(Foto: dpa)

Auch in Bayern - vor allem in Mittelfranken - richteten Unwetter massive Schäden an. Allein in Baden-Württemberg wurden von Sonntagnachmittag bis Montagmorgen rund 7000 Helfer zu mehr als 2200 Einsätzen gerufen. Die Mitarbeiter von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk, Rotem Kreuz, Lebensrettungs-Gesellschaft und Polizei seien im Dauereinsatz, teilte ein Sprecher des Lagezentrums im Innenministerium in Stuttgart mit. Die Zahl der Verletzten liege nach bisherigen Erkenntnissen im einstelligen Bereich.

In Braunsbach im Norden Baden-Württembergs trat ein Bach über die Ufer. Die reißenden Fluten strömten durch die 900-Einwohner-Gemeinde, wodurch ein Haus zerstört und mehrere erheblich beschädigt wurden. Rund 150 Kräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Rotem Kreuz suchten einsturzgefährdete Häuser ab, um sie zu evakuieren. Auf Videoclips und Fotos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie Autos vom Schlammwasser mitgerissen, übereinander getürmt und in Schaufenster von Geschäften geschleudert wurden. Bei einigen Häusern stand das Wasser augenscheinlich bis in Höhe der untersten Fenster.

Schlimmstes Hochwasser seit zwei Jahrzehnten

Der erste Landesbeamte des Landkreises Schwäbisch Hall, Michael Knaus, sagte am frühen Morgen, in den vergangenen Stunden sei so viel Regen pro Quadratmeter gefallen wie sonst in mehreren Monaten. Die heftigen Regenfälle verursachten an einigen Stellen das schlimmste Hochwasser seit rund zwei Jahrzehnten. Die Hochwasserzentrale in Karlsruhe warnte vor bedrohlichen Wasserständen an den östlichen Zuflüssen zu Neckar und Donau sowie im Rhein und an der Tauber. An der Messstation Kirchberg an der Jagst fielen im Laufe der Nacht innerhalb von sechs Stunden 87 Liter Niederschlag pro Quadratmeter.

Besonders vom Hochwasser betroffen sind nach Behördenangaben die südöstlichen Zuflüsse zur Donau und die östlichen Zuflüsse zum Neckar (Fils, Rems, Kocher, Jagst). Teils stieg der Wasserstand um bis zu drei Meter an. Mit Blick auf die Wettervorhersagen erwartet die Hochwasserzentrale, dass die Wasserstände weiter steigen. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach den Angehörigen der Hochwasseropfer sein Mitgefühl aus: "Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen der Toten. Ich spreche ihnen meine aufrichtige Anteilnahme aus."

In Bayern waren die Schäden in den Orten Flachslanden und Obernzenn bei Ansbach besonders groß. Dort verwandelten sich in der Nacht binnen kurzer Zeit schmale Bäche in reißende Flüsse und überfluteten viele Straßen und Keller, wie der Einsatzleiter Thomas Müller berichtete. Erdrutsche blockierten Straßen. Verletzte habe es zum Glück nicht gegeben, sagte der Bürgermeister von Flachslanden, Hans Henninger.

"Ein Ort der Verwüstung"

Die größten Schäden registrierte die Feuerwehr im Flachslander Ortsteil Sondernohe. "Das ist ein Ort der Verwüstung", berichtete ein Feuerwehrmann. Das von den Hängen herabschießende Wasser sei als breiter Strom durch den Ort gerauscht. Die Wassermassen hätten Autos mitgerissen, Verkehrsschilder seien wie Streichhölzer umgeknickt. "In dem Ort hat das Wasser in der Nacht zum Teil bis zu einem Meter hoch gestanden", sagte der Feuerwehrmann. Im benachbarten Obernzenn, wo die Regenmassen die Zenn über die Ufer treten ließen, wurde neben vielen Häusern auch eine Turnhalle überschwemmt.

In Braunsbach trugen die Wassermassen Autos und Baumstämme wie Streichhölzer durch die Straßen.

In Braunsbach trugen die Wassermassen Autos und Baumstämme wie Streichhölzer durch die Straßen.

(Foto: dpa)

In Baden-Württemberg verzeichneten die Behörden Hunderte Notrufe. Allein das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Ulm meldete, dass es zwischen 16.15 Uhr und 21.00 Uhr 490 Notrufe gegeben habe. Viele Straßen und Ortsdurchfahrten seien gesperrt, sagte Polizeiführer Hagen Guderlei. Hunderte Bürger seien auf den Polizeinotruf 110 ausgewichen, weil unter dem Notruf 112 kein Durchkommen gewesen sei.

Dutzende Keller seien vollgelaufen und müssten ausgepumpt werden, sagte Guderlei. Das Wasser stehe an einigen Stellen 1,70 Meter hoch. Besonders stark von Hochwasser betroffen sei der Kreis Biberach. Dort kam es laut Polizei auch zu einem Erdrutsch, der Bäume und Schlamm auf ein Firmengelände schwemmte. "Der Sachschaden wird immens", sagte Guderlei.

A7 vier Stunden lang gesperrt

Die Autobahn 7 im Kreis Heidenheim zwischen Giengen und Oberkochen sei wegen großer Hagelkörner, die bis zum Knöchel reichten, vier Stunden lang gesperrt gewesen. Die Autobahnmeisterei musste Schneepflüge einsetzen. In dem Landkreis war laut Polizei auch die Ortsdurchfahrt Steinheim am Albuch komplett unter Wasser.

Auch in Ulm waren mehrere Straßen nicht mehr befahrbar. Die Stadt Künzelsau im Hohenlohekreis teilte mit, dass die Innenstadt am Montag gesperrt bleibe für den Verkehr - wegen der Aufräumarbeiten. In Schulen fällt der Unterricht aus. Auch die Kindergärten bleiben geschlossen. Bürgermeister Stefan Neumann sprach von einer "Naturkatastrophe".

Die Bahn hat in Baden-Württemberg mehrere überschwemmte Strecken gesperrt. Besonders betroffen seien die Gleise rund um Heilbronn und Schwäbisch Gmünd, sagte eine Sprecherin. Regionalbahnen kamen in Biberach an der Riß nicht weiter, auch in der Gegenrichtung ging ab Aulendorf bei Ravensburg nichts mehr. Auf Abschnitten der Strecken zwischen Ulm und Friedrichshafen am Bodensee sowie weiter in Richtung Stuttgart rollten vom späten Sonntagabend an keine Züge mehr. Die Bahnstrecke zwischen Würzburg und Ansbach wurde ebenfalls vorübergehend gesperrt. Der Fernverkehr wurde vorerst über Fürth umgeleitet und der Nahverkehr mit Bussen ersetzt.

Quelle: ntv.de, kpi/dpa

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