Technik

Hallo, Nachbar! Lokale Netzwerke

Die Nachbarin kann ja auch ganz nett sein.

Die Nachbarin kann ja auch ganz nett sein.

(Foto: www.pixelio.de/Ferdinand Lacour)

Nutzer von Facebook, Myspace oder Xing tauschen sich weltweit mit Studienfreunden, Bekannten oder Kollegen aus. Gleichzeitig kennen insbesondere viele Großstadtbewohner ihre eigenen Nachbarn nicht. Lokale Online-Netzwerke versuchen daher, eine Brücke zwischen virtueller und realer Welt zu schlagen: Ihre Nutzer können mit Menschen aus ihrer Stadt oder Gemeinde Kontakt halten.

"Eigentlich ist es ein Umweg", sagt Patrick Schenck vom Hamburger Trendbüro: Die Mitglieder der neuen lokalen Communitys nutzen das weltweite Internet, um sich mit den Menschen in ihrer engen Umgebung auszutauschen. Doch das passt zu einem Dilemma, in dem sich heute viele Menschen befinden, wie Schenck aus eigener Erfahrung berichtet: "Ich kenne meine Nachbarn nicht, aber ich bin mit Menschen befreundet, die im Ausland leben." Meineleute.de zum Beispiel ist der Community-Ableger des Portals meinestadt.de. Und feierabend.de ist ein Netzwerk speziell für Senioren, bei dem es ebenfalls Regionalgruppen gibt.

Wunsch nach Nähe

"Eine Ursache für das Entstehen der lokalen Communitys ist sicher das extrem schnelle Wachstum der globalen Netzwerke, die für viele Nutzerinnen und Nutzer inzwischen kaum noch überschaubar sind", sagt Jutta Croll, Geschäftsführerin der Stiftung Digitale Chancen in Bremen. Das wecke den Wunsch nach Vertrautheit und Nähe. Die können lokale Netzwerke besser erfüllen als weltweite Gemeinschaften.

Trendforscher Patrick Schenck sieht die Lokalisierung sozialer Netzwerke gleichzeitig als Teil einer allgemeinen Entwicklung. So hätten die Möglichkeiten globalen Wirtschaftens zunächst zu einer Orientierung auf weltweite Vernetzung geführt. "Jetzt besinnt man sich wieder auf die Region." Abzulesen sei dieser Trend etwa beim Einkaufen oder beim Tourismus.

Blockbildung unter Nachbarn

Die Abbildung der realen Welt im Internet ist in den USA schon deutlich weiter vorangeschritten. Auf der Webseite everyblock.com können Nutzer Nachrichten aus ihrer Stadt sogar bis auf die Ebene von Häuserblocks heruntergebrochen abrufen. Auch die virtuelle Vernetzung von Nachbarschaften ist auf der anderen Seite des Atlantiks schon ausgeprägter, wie Trendforscher Patrick Schenck beobachtet hat.

Dort ist etwa das "Neighborrowing" (etwa: Verleihen im Kreis der Nachbarschaft) in Großstädten inzwischen weit verbreitet. "Wenn man ein Schleifgerät für das Parkett braucht, will man sich das nicht unbedingt kaufen. Es reicht aus, wenn man es sich bei einem Nachbarn ausleiht." Das gelte für viele Alltagsgegenstände, bei denen sich immer mehr Menschen die Frage stellten: "Muss ich das wirklich besitzen oder reicht es, wenn ich es nutzen kann?"

Eine weitere mögliche Anwendung sind die von Supermarkt-Pinnwänden bekannten Angebote wie der Verkauf gebrauchter Gegenstände, die Suche nach einem Babysitter oder nach entlaufenen Vierbeinern. "Solche Angebote wird es künftig vor allem online geben", meint Patrick Schenck. Die meisten dieser Gesuche oder Angebote ergeben aber eben nur einen Sinn, wenn beide Partner nah beieinander wohnen.

Mobbing-Gefahr

Was in Digital-Communitys veröffentlicht wird, lässt sich unter Umständen noch Jahre später abrufen. Eine Kontrolle der im Internet gespeicherten Daten sei schwierig, da sie immer wieder reproduziert werden können, erklärt Jutta Croll: "Was man heute in einem sozialen Netzwerk speichert, kann morgen schon kopiert auf vielen anderen Angeboten erscheinen."

Das gilt auch für die in lokalen Netzwerken veröffentlichten Nachrichten. Das Risiko, aufgrund eines Fehlverhaltens in der virtuellen Welt der Communitys auch in der Realität angeprangert zu werden, sei bei den lokalen Plattformen vielleicht sogar noch etwas größer, sagt Expertin Croll. "Da aber in den Netzwerken, ob global oder lokal, die meisten Onlinekontakte zu Personen geknüpft werden, zu denen auch in der realen Welt eine Beziehung besteht, ist dieses Risiko generell vorhanden."

Quelle: ntv.de, dpa

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