Wirtschaft

Umstrittener Fingerzeig Varoufakis erklärt sich

Kritisiert die Rettungsprogramme: Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis.

Kritisiert die Rettungsprogramme: Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis.

(Foto: dpa)

Die milliardenschweren Hilfspakete für Griechenland hält Finanzminister Varoufakis für einen schweren Fehler. In diesem Zusammenhang will er auch die vermeintliche Mittelfinger-Geste in Richtung Deutschland verstanden wissen.

Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis versucht, den Wirbel um seinen Auftritt bei einem kapitalismuskritischen Festival zu beenden. "Jede vernünftige Person sieht, wie ein bestimmtes Video Teil von etwas geworden ist, das über eine Geste hinausgeht", schreibt der Ökonom in seinem Blog und wirbt um Verständnis für seine damalige Argumentation. Er hatte die Rede im Mai 2013 in Zagreb gehalten, also lange bevor er griechischer Finanzminister wurde.

Varoufakis hatte bei dem Auftritt die milliardenschweren Hilfsprogramme kritisiert. Sein Argument: Griechenland hätte gegenüber den privaten Gläubigern in Konkurs gehen sollen, statt sich von den europäischen Staaten riesige Kredite geben zu lassen. Dabei kam er auf die schwierige Lage in Griechenland 2010 zu sprechen, als das Land seinen Zugang zum Kapitalmarkt verlor und von seinen Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds mit einem ersten Kreditprogramm vor der Pleite bewahrt wurde. Wörtlich sagte Varoufakis: "Mein Vorschlag war, Griechenland hätte einfach bekannt geben sollen, das es zahlungsunfähig ist - so wie es Argentinien tat -, innerhalb des Euro, im Januar 2010, und Deutschland den Finger zeigen und sagen, ihr könnt das Problem jetzt alleine lösen."

Die Kredite der Jahre 2010 und 2012 seien kein Rettungsprogramm für Griechenland gewesen, so Varoufakis in seinem Blogeintrag. Sie seien stattdessen ein "zynischer Transfer" von Verlusten aus den Büchern französischer, deutscher und griechischer Banken auf die Schultern der schwächsten griechischen Bürger gewesen. "Wie viele von Europas Steuerzahlern wissen, dass 90 Prozent der verliehenen 240 Milliarden an Finanzinstitute gingen und nicht an den griechischen Staat oder seine Einwohner?", fragt Varoufakis.

Der Transfer sei "das größte vom Steuerzahler gedeckte Darlehen in der Geschichte", ergänzt Varoufakis. Im Gegenzug habe sich der griechische Staat zu einem Sparkurs verpflichtet, der die Griechen ein Viertel ihres Einkommens gekostet habe. Dadurch sei es nicht nur unmöglich geworden, die privaten und öffentlichen Schulden zurückzuzahlen. Es sei auch eine "humanitäre Krise" entstanden. Zudem sei damals offensichtlich gewesen, dass Griechenland seine ausstehenden Kredite nicht zurückzahlen könne.

"Die Bevölkerung und die Parlamente wurden in die Irre geführt, weil die Rettung der Banken als ein Akt der Solidarität mit Griechenland dargestellt wurde", so Varoufakis. Deutsche hätten sich gegen Griechen gewandt und Griechen gegen Deutsche. 2010 habe Griechenland dem deutschen Steuerzahler nicht einen einzigen Euro geschuldet, schreibt der Finanzminister. "Wir hatten nicht das Recht, Geld von ihnen oder anderen europäischen Steuerzahlern zu leihen, während unsere öffentlichen Schulden nicht tragfähig waren. Punkt."

Varoufakis argumentiert in seinem Blogeintrag, Griechenland hätte erst nach einem Schuldenschnitt gegenüber privaten Gläubigern um Kredite von Staaten und damit deren Steuerzahlern nachsuchen dürfen. Die EU-Kommission, die EZB und der Internationale Währungsfonds hatten mit den milliardenschweren Hilfen allerdings gerade einen solchen "Haircut" verhindern wollen – allerdings vergeblich. Später kam es trotzdem zu einem Forderungsverzicht.

"Wir sollten mit den gegenseitigen Schuldzuweisungen und dem moralisierenden Zeigen mit dem Finger aufhören", schreibt Varoufakis und ruft zur sofortigen Umsetzung der Vereinbarungen vom 20. Februar auf. Die Übereinkunft sei "eine exzellente Gelegenheit, nach vorne zu kommen. Setzen wir sie sofort in die Tat um." Griechenland und der Rest der Eurozone hatten damals vereinbart, dass Griechenland eine Liste mit belastbaren Reformvorschlägen vorlegt. Danach soll das Land die aus dem gegenwärtigen Hilfsprogramm noch ausstehenden rund sieben Milliarden Euro bekommen. Regierungschef Alexis Tsipras hatte Freitagmorgen angekündigt, die Liste in Kürze zu schicken. Die bisherige Version war bei den Euro-Finanzministern auf Vorbehalte gestoßen. 

Quelle: ntv.de

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