Auto

Kleiner BMW ganz groß 1er Coup mit 306 PS

Er war das sprichwörtliche heiße Eisen: Als der BMW 2002 tii 1971 vorgestellt wurde, rieben sich die selbst ernannten Sportfahrer die Hände. 130 PS bei 5.800 Umdrehungen, später - mit Turbolader - waren es sogar 170. Bei einem Leergewicht von weniger als einer Tonne hatte jede Pferdestärke inklusive Fahrer kaum mehr als sechs Kilogramm zu bewegen. Das sicherte zügiges Fortkommen, auf Wunsch auch mit Fünfgang-Getriebe.

Der 2002 tii ist heute ein beliebter Youngtimer, vor allem in den USA wohin ein Großteil der rund 38.000 gebauten Exemplare exportiert wurde. Vielleicht liegt es an der markanten Stufenheckform, dass die Zuneigung in Übersee so dauerhaft ist. "Amerikaner mögen keine Heckklappen-Fahrzeuge", sagt Dr. Gerd Schuster, der Projektleiter für die 1er-Baureihe bei BMW. Die Verkäufe des Einsers in Nordamerika sind - gleichgültig ob als Drei- oder Fünftürer - denn auch nicht so, dass die Münchner Autobauer darüber ins Jubeln kämen.

Für Abhilfe soll folglich ein 1er mit Stufenheck sorgen, der praktischerweise gleich noch als Ur-Enkel des 2002 tii ausgegeben und Coup betitelt wird. Dass die Ahnengalerie der Pkw-Baureihen dafür ein bisschen zu Recht gebogen wurde, stört scheinbar niemanden, denn streng genommen hat der 3er BMW die Baureihe 02 im Mittelklasse-Segment abgelöst. Aber die hat über die Jahre einiges an Wohlstandsspeck angesetzt, hat an Länge und Breite zugelegt, so dass die Zeit reif erschien für einen kleinen und starken Zweitürer.

Leistungsgewicht auf Porsche-Niveau

Der hat zwar auch nicht mehr die Leichtigkeit der 70er-Jahre, 1.450 Kilogramm sind Minimum. Aber dafür reicht die PS-Skala bis 306, was beim Topmodell 135i zu einem Leistungsgewicht von fünf Kilo je PS führt. Das ist Porsche-Niveau.

Für BMW-Designer Kevin Rice ist es ohnehin keine Frage, dass das 1er Coup der legitime Erbe des 2002 tii ist. Zwei Türen und ein kräftiger Motor sind das eine, die Proportionen das andere. Das Coup wirkt gestreckter als der Steilheck-Einser, was nicht weiter verwundert, da das neue Auto auch zwölf Zentimeter länger ist. Trotz gleichen Radstandes ist das Raumgefühl auf der hinteren Bank enorm, selbst mit mehr als 1,80 Metern Körpergröße lässt sich erstaunlich bequem dort sitzen.

Mit 4,36 Metern Länge überragt der Neue auch den 2002tii um exakt 13 Zentimetern, in der Breite fehlen dem Urahn fast 60 Millimeter zu den aktuellen Abmessungen. Das ist in etwa die Distanz, die die Seitenscheiben beim 135i weiter innen als das Türblech stehen. Eine "ausgeprägte Schulterpartie" nennt der Designer das. Die lange Motorhaube braucht der Neue noch mehr als sein Vorfahre, denn ein Reihensechszylinder braucht seinen Platz. Hinten kann dagegen Blech eingespart werden. Von der Basis der Heckscheibe bis zur Abrisskante auf dem Kofferraumdeckel ist es nur halb so weit wie beim 2002tii. Hauptsächlich die wachsende Kenntnis der Aerodynamik ließ die Heckpartien der Autos über Jahrzehnte deutlich höher werden, beim 1er passt Ladung im Volumen von 370 Litern unter die Klappe.

"Auto mit eigenem Charakter"

"Schauen Sie sich den Radstand und die Entfernung zwischen Vorderradnabe und A-Säule an", sagt Kevin Rice. So als sei in diesen Maßen der Schlüssel zu profunder Erkenntnis verborgen, schreitet der Designer die Entfernung bei den aufgestellten Autos ab. "Vier zu eins", sagt er triumphierend, "genau gleich!" Tatsächlich stimmen diese Proportionen überein und als sei es nötig, noch ein As auszuspielen, weist der Formen-Experte auf das so genannte "Greenhouse" hin. Damit bezeichnen die Auto-Gestalter den verglasten Teil des Karosserieaufbaus. Auch die Fensterflächen seien sich in der Anordnung sehr ähnlich. "Wir wollten keinen kleinen 3er bauen", sagt Rice, "sondern dem Auto einen eigenen Charakter geben". Offenkundig nach historischem Vorbild.

Ohne Beispiel ist bei BMW freilich, ein derart überschaubares Serienauto mit solcher Leistung auszustatten. 306 PS leistet das Topmodell, immerhin 204 der stärkere von zwei Dieseln. Der ist die eigentliche Überraschung dieser 1er-Karosserievariante. Für zwei Liter Hubraum verdichten zwei Turbolader zündfähiges Gemisch und die explosive Kraft reicht für 400 Newtonmeter Drehmoment. Das ist so viel, wie auch der Sechszylinder-Benziner an Durchzugskraft bietet. Niemand hätte es also bedauert, wenn zu den ersten Fahrvorstellungen des 1er-Coups auch die 125d-Motorisierung zur Verfügung gestanden hätte.


So bleibt denn die Er-Fahrung zunächst auf den 306-PS-Boliden beschränkt, dessen schwarz-verchromtes Endrohr einen satten und dem Leistungsvermögen angemessenen Sound hinter sich lässt. Beim Versuch, den vermeintlichen Sportwagen in größtmöglichem Tempo ums Eck zu wuchten, wird jedoch deutlich, dass BMW offenbar die komfortorientierten Kunden im Auge hat. Ohne übertriebene Härte zu zeigen, gibt das Fahrwerk nach und die Karosserie neigt sich, die elektronischen Regelsysteme sorgen dafür, dass die flotte Fahrt nicht im Kiesbett endet.

Der 2002tii lupfte gern mal ein Beinchen, wenn es ihm zu fix ging. Dem selbst ernannten Sportfahrer von heute geht nie das Gefühl verloren, Herr der Lage zu sein. Mit kurzen, präzisen Lenkeingriffen ist das Auto einzufangen, während die erstklassigen Sportsitze, die vor allem im Seiten- und Schulterbereich gute Abstützung bieten, den Insassen vor den Wirkungen der Querbeschleunigung schützen.

Quelle: ntv.de

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