Der neue Mitsubishi Lancer Bezahlbarer Verwöhnkomfort
15.03.2008, 14:14 UhrMit der automobilen Klassengesellschaft ist das so eine Sache: Beim Kraftfahrtbundesamt, der obersten nationalen Instanz alles, was Fahrzeuge und ihre Lenker angeht, gilt der Mitsubishi Lancer als Kompaktauto. Doch es scheint fraglich, ob er da überhaupt hingehört.
Diesem Fahrzeugsegment ist gewöhnlich ein Steilheck mit Klappe zu eigen, das gibt es beim Lancer (derzeit) nicht. Darüber hinaus liegt die Limousine mit 4,57 Metern Länge eher im Bereich der unteren Mittelklasse. Außerdem sind Kompakte, zumal deutscher Herkunft, nicht gerade berühmt dafür, die Kunden mir Inklusiv-Komfort zu verwöhnen. Auch da macht der Mitsubishi Lancer 2.0 DI-D Instyle eine Ausnahme.
Marke hui, Modell pfui
Der japanische Hersteller hat sich zum Ziel gesetzt, mit der Limousine eine neue Modellfamilie zu begründen. Ein innovativer Auftritt des bereits vor 34 Jahren erstmals eingeführten Modellnamens scheint nötig, seit der Lancer das vergangene Jahr mit einem Verkaufsminus von 17,5 Prozent gegenüber 2006 abschoss. Der Wert gehört zu einer sehr gespaltenen Bilanz der Marke auf dem deutschen Markt. Obwohl der Lancer um mehr als das Doppelte des Marktdurchschnitts einbrach, konnte Mitsubishi insgesamt eine um fast drei Prozentpunkte günstigere Jahresbilanz ziehen als der Gesamtmarkt in Deutschland.
Sportlich sieht die Frontpartie des neuen Lancer aus. Die Gestaltung erinnert zwar ein wenig an das Gesicht des aktuellen Ford Mondeo, was aber kein Nachteil für den japanischen Wagen sein muss. Die tief herunter gezogene Schürze und die Lüftungsgitter lassen den Designern Spielraum für den sportlicheren Lancer Evo, dessen Turbomotor erhöhten Frischluftbedarf haben wird. Da Mitsubishi den Lancer "Sportlimousine" nennt, wurde auch nicht auf Seitenschweller und eine frech empor ragende Abrisskante am Heck verzichtet.
Die optischen Qualitäten dieser Heckgestaltung liegen klar über den praktischen, denn mangels einer ordentlichen Griffmulde oder vergleichbarer Hilfen holt man sich beim Öffnen und Schließen schnell schmutzige Finger. Das blecherne Scheppern der Klappe überhört man besser, denn der darunter liegende Kofferraum wäre mit 400 Litern recht üppig, nähme nicht die Bassreflex-Box des serienmäßigen Premium-Audio-Systems noch 23 Liter Volumen weg.
Xenonlicht und Navi inklusive
Im Innenraum herrscht nüchterne Sachlichkeit vor, die Funktionalität steht erkennbar über der Wohnlichkeit. Zweckmäßig und bedienfreundlich ist das Interieur, eine Längsverstellung der Lenksäule wäre allerdings ebenso wünschenswert wie eine handlichere Anordnung der Tasten für die Sitzheizung. Es fehlt weder an Ablagen noch Getränkehaltern. Auch die rückwärtigen Seitenscheiben sind vom Fahrersitz aus zu bewegen.
Das Festplatten-Navigationssystem ist in der 27.990 Euro teuren "Instyle"-Ausführung ebenso enthalten wie die Bi-Xenonscheinwerfer-Anlage mit Kurvenlicht. Die Naviagtion wird mittels Touchscreen gesteuert. Ab einem bestimmten Maßstab wirkt die Grafik zwar überladen und unübersichtlich, dafür hat die Zielführung aber eine hilfreiche Extrafunktion. Einem Ariande-Faden gleich wird der zurück gelegte Weg mit kleinen Punkten markiert. So kann man, zum Beispiel vom auswärtigen Termin nach Hause, ohne Neueingabe eines Ziels den Rückweg antreten. Vorbildlich ist die Lichtausbeute der Scheinwerfer, zur Nacht geht bei Fernlicht der sprichwörtliche Tannenbaum an.
Der Zweiliter-Dieselmotor, der für diesen Test zur Verfügung stand, ist ein genügsamer Zeitgenosse. Man muss schon ganz schön forsch fahren, um den Durchschnittsverbrauch auf sieben Liter je 100 Kilometer zu heben. Das ist wirtschaftlich und zeitgemäß. Dafür muss man in Kauf nehmen, dass das Pumpe-Düse-Triebwerk aus dem VW-Regal – das übrigens auch für das Modell Outlander angeboten wird – wenig dezent zu Werke geht und ab etwa 2800 Touren zu einer lästig klingenden Schallquelle wird. Tröstlich ist, dass der knurrige Grundton des Diesels mit zunehmender Betriebstemperatur unauffälliger wird.
Diesel schneller als der Benziner
Obwohl nominal mit drei PS weniger gesegnet als das Schwestermodell mit Ottomotor ist der Diesel mit 207 km/h der schnellste des Lancer-Programms. Wer kräftige Windgeräusche nicht scheut, mag gern konstant über 160 fahren, eine ernsthafte Bedrohung für die Wirtschaftlichkeit sind auch solche Tempi nicht.
Kleinere Schwächen können nicht darüber hinweg täuschen, dass der Lancer für den Kapitaleinsatz des Kunden einen sehr ordentlichen Gegenwert bietet. Die Ausstattungsvariante Instyle lässt nur wenig Raum für kostenpflichtige Extras, lediglich die Metallic-Lackierung steht als 450-Euro-Option zur Wahl. Alles andere zum Beispiel Klimaautomatik, Alufelgen, Tempomat, Lederausstattung nebst Sitzheizung, Licht- und Regensensor – alles inklusive. Nur für den Benziner vorgesehen ist das Automatikgetriebe, für das 1500 Euro extra berechnet werden.
Rund 4000 Kunden, so hofft Deutschland-Chef Thomas Kursch, sollen in diesem Jahr zum Lancer greifen. Das sind recht optimistische Erwartungen, da Mitsubishi 2007 vom bisherigen Modell nur 2676 Stück absetzen konnte. Die Marketing-Strategen stellen sich vor, dass zur Erreichung dieses Ziels Kunden anderer Importeure wie Volvo, Saab, Subaru und Mazda abgeworben werden können.
Quelle: ntv.de